Mitte Februar 2022 berichteten mehrere Tageszeitungen, dass laut WIFO 30% der aktuellen Inflation auf Lieferengpässe zurückzuführen ist. Denn aus Lieferengpässen resultieren rasant ansteigende Rohstoffpreise. Eine Situation, die sich insbesondere auf dem Energiesektor durch den Krieg in der Ukraine noch verschärfen dürfte.
Der Mechanismus dahinter, den ich auch für mein Buch Inflation ausbremsen näher beobachtet habe, ist simpel: Unser Hunger nach Versorgungsgütern ist aktuell größer als die Kapazitäten, die der Markt zu bieten hat. Die Nachfrage übersteigt das Angebot. Schnelle Preisanstiege sind die logische Folge.
Das Problem bei der Sache: Wir, bzw. auch unsere Verwaltung und unsere Wirtschaft, sind an Ressourcenknappheit nicht gewöhnt. Die Reaktion auf eine Verknappung ist daher üblicherweise nicht der sparsamere Umgang mit einer Ressource, sondern die Bereitschaft deutlich höhere Preise zu bezahlen, um das zu bekommen, was auf dem Markt noch zu haben ist.
In manchen Fällen, das räume ich ein, führt kaum ein Weg daran vorbei. Doch in vielen anderen Fällen ist schlicht und einfach ein Umdenken notwendig, wenn wir die Teuerungsspirale nicht immer weiter aufdrehen wollen.
Ein Beispiel dafür ist der allgemeine Umgang mit Baumaterialien: Holz und Stahl etwa sind sehr teuer geworden. Es ist an der Zeit das ständige Abreißen und neu Bauen zu überdenken.
Zwar ist es verständlich, wenn uralte, feuchte und verschimmelte, bzw. schlichtweg baufällige Gemäuer abgerissen werden, um für Neues Platz zu schaffen. Doch viele Gebäude, die abgerissen werden, sind längst noch nicht desolat – doch sie entsprechen eben nicht den hohen Standards, die wir in den vergangenen Jahren definiert haben. Statt zu sanieren und zu adaptieren, fällt die Wahl meist auf die Planierraupe und einen materialverschwenderischen Neubau. Fallweise werden vollkommen intakte Gebäude abgerissen, weil ihr Aussehen nichtmehr als zeitgemäß empfunden wird – das Hirngespinst „Mode“ hat für die Leute offenbar einen höheren Stellenwert als der verantwortungsvolle Umgang mit realen Ressourcen wie Beton, Stahl, Holz und dergleichen. Bei dieser kollektiven Gesinnung sind Preisexplosionen in keiner Weise verwunderlich.
Auch beim Thema Energie muss ein Umdenken stattfinden. Beispielsweise fordert die Gesellschaft heute viel zu viel Mobilität von jedem Einzelnen. Die alltägliche „Blechlawine“ wird als vollkommen normal empfunden, obwohl sie in Wahrheit einer fragwürdigen, mehr als fahrlässigen Ressourcenvergeudung gleichkommt: Denn so manche Tätigkeit müsste eben nun wirklich nicht zwingend tagtäglich vom Büroplatz aus verrichtet werden. Außerdem wäre es wichtig, unnötigen Transit zu vermeiden. Wenn die einfachsten Arbeitsschritte ausgelagert werden und ganze Lagerbestände in unzähligen LKW auf die Straße verlegt werden, sind hohe Treibstoffkosten eine logische Folge.
Jetzt denkst du dir vielleicht: Was interessiert mich der Umgang mit Baumaterialien oder der Transit? Doch in Wahrheit bezahlst du das alles mit! Denn jedes Gebäude, das die öffentliche Hand ungeachtet der hohen Rohstoffpreise errichtet, finanzierst du über deine Steuern mit; jeden Supermarkt, der von der Supermarktkette abgerissen und neu errichtet wird, nur damit das Gebäude zur „Corporate Identity“ passt, spürt der Kunde früher oder später bei den Ladenpreisen. Steigende Treibstoffpreise ebenso, denn sämtliche Waren werden mit dem LKW angeliefert.
Die genannten Beispiele sind zwar nur Teil des Problems – es gibt noch sehr viel mehr Arten der sorglosen Ressourcennutzung, die Lieferengpässe zu einem Problem machen – doch sie zeigen eines sehr deutlich: Das, was die Inflation derart antreibt, ist gar nicht nur die Ressourcenverknappung – sondern auch unser verschwenderischer Umgang mit Ressourcen.
Das Fazit lautet also ganz klar: Wenn wir in Zukunft leistbare Ressourcen haben wollen, dann müssen wir lernen sparsamer, bzw. effizienter mit ihnen umzugehen.
Die Auswirkungen der hohen Inflation auf die eigene Brieftasche können Privatpersonen übrigens u.a. durch den Effekt der ‚theoretischen Teuerung‘ abschwächen – näher beschrieben in dem Buch Inflation ausbremsen.