Wenn man den Homöopathen, ihren Anhängern, und ihren Verbänden glauben will, so ist die Homöopathie auf dem Vormarsch. Sie zeichnen stets ein rosiges Bild und meinen, dass der deutsche Konsument immer häufiger auf ihre Placebos zurück greift. Wie so oft, scheinen sie sich jedoch etwas vorzumachen. Die harten Zahlen widerlegen jedenfalls wieder einmal das homöopathische Wunschdenken.
Laut Bundesgesundheitsministerium verringerten sich im Jahr 2020 die Ausgaben der Kassen für homöopathische Arzneimittel auf den bisherigen Tiefstand von 6,7 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es noch rund 9 Millionen Euro gewesen. Die Zahl der Verordnungen sank ebenfalls signifikant ab, und zwar von 760.000 auf 540.000. Das heißt, dass sich der kontinuierlich negative Trend der vergangenen Jahre fortsetzt: 2016 lagen die Ausgaben für Homöopathika beispielsweise noch bei etwa 13 Millionen Euro.
Auch auf der politischen Ebene sieht es für die Homöopathie zunehmend schlecht aus. Der FDP Bundestagsabgeordnete Johannes Vogel hat sich jüngst dafür ausgesprochen, den Krankenkassen die Übernahme der Kosten zu verbieten. Homöopathie sei "nachweislich wissenschaftlich nicht wirksam", betonte er.
Die Grünen wollten sich der Forderung Vogels nicht anschließen, sie verlangen aber angesichts des Milliardendefizits in der Krankenversicherung auch von den Herstellern von Homöopathika einen Sparbeitrag. „Wenn alle im Gesundheitswesen jetzt ihren Beitrag leisten, um die Krankenkassen zu retten, dann sollten neben der Pharmaindustrie, Kliniken sowie Ärztinnen und Ärzten natürlich auch die Homöopathie Unternehmen nicht pauschal ausgespart werden“, sagte die Grünen-Gesundheitspolitikerin Paula Piechotta.
Die CSU bangt um Wählerstimmen und hält sich bewusst bedeckt. Sie warnt vor einem ‚Generalangriff‘ auf die Homöopathie. Da viele Menschen nach wie vor auf Homöopathie schwören, sei es nicht richtig, sie ihnen wegzunehmen. "Davon halte ich gar nichts", sagt der gesundheitspolitische Sprecher der CSU-Fraktion, Bernhard Seidenath.
Die Freie-Wähler-Gesundheitsexpertin Susann Enders geht da noch etwas weiter. Sie nimmt eindeutig Stellung für die Homöopathie und spricht von "hilflosem Aktionismus, der am völlig falschen Ende ansetzt".
Der gesundheitspolitischen Sprechers der Bayerischen AfD-Landtagsfraktion, Andreas Winhart verteidigt ebenfalls die Homöopathie und meint, die angespannte Lage bei den Krankenkassen habe ihre Ursachen nicht in der Homöopathie, "sondern in einer verfehlten Gesundheitspolitik der bisherigen und aktuellen Bundes- und Staatsregierungen. Die Wahlfreiheit der Patienten zwischen Schulmedizin und Homöopathie nun zu streichen, wie es die FDP fordert, zeigt wieder mal, dass die FDP mit Freiheit wenig im Sinn hat".
Die SPD-Gesundheitsexpertin im Bayerischen Landtag, Ruth Waldmann, mahnt dagegen zu einer differenzierten Betrachtung. Studien belegten, dass homöopathische Präparate "keine Wirkung über den Placebo-Effekt hinaus" hätten. Diese Mittelchen seien "Hokuspokus". Daher sei es wichtig, Aufklärung zu betreiben.
Was in diesen Diskussionen leider allzu häufig vergessen wird ist, dass es hier weder um Wählerstimmen noch um Kostenersparnis gehen sollte. Es dreht sich um ganz andere Fragen, z.B.:
- Vertrauen wir auf wissenschaftliche Erkenntnisse, klinische Evidenz und rationales Denken?
- Liegt uns daran, Patienten die jeweils wirkungsvollste Therapie für ihre Leiden anzubieten?
- Sind die Grundsätze der evidenzbasierten Medizin sinnvoll und allgemeingültig?
- Nehmen wir es mit dem wissenschaftlichen Fortschritt in der Medizin wirklich ernst?
- Ist esoterisches Dogma einer guten Medizin abträglich?
Falls wir diese Fragen verneinen, dann können Homöopathie und andere Formen der Scharlatanerie wie Osteopathie, Geistheilung, etc. Bestandteil der Heilkunde bleiben. Falls wir diese Fragen jedoch bejahen, so hat Quacksalberei in einer rationalen Heilkunde nichts zu suchen.
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