Monopole sind eigentlich etwas, das dem immer wieder viel beschworenen „freien Markt“ entgegensteht. Und vor allem sind sie auch nicht gut für die Verbraucher. Dennoch erleben wir in den letzten Jahren eine zunehmende Monopolisierung der Wirtschaft.

Dabei gibt es ja beispielsweise eine Institution wie das Bundeskartellamt, die das Entstehen solcher monopolitischen Strukturen unterbinden soll. Allerdings scheint das nicht so recht zu klappen – was daran liegen könnte, dass die Tendenz zur Monopolisierung in unserem Wirtschaftssystem, dem neoliberalen Kapitalismus, quasi eingebaut ist.

Freier Wettbewerb funktioniert nämlich tatsächlich nur dann, wenn alle Marktteilnehmer die gleichen Voraussetzungen haben. Das ist in der Theorie des Neoliberalismus zwar der Fall bzw. eine Grundannahme, hat aber leider nicht der Realität nichts zu tun. Wenn nämlich beispielsweise Amazon seine Rechnungen für Käufe in Deutschland aus Luxemburg verschickt und somit keine Umsatzsteuer zahlt, dann kann der stationäre Einzelhandel da einfach nicht mithalten. Und das ist ein generelles Prinzip, das große internationale Unternehmen gegenüber kleinen lokalen Betrieben Vorteile verschafft.

So können auch Großkonzerne aufgrund ihrer Abnahmemengen ganz andere Preise bei den Erzeugern und Produzenten aushandeln, als dies bei kleinen und mittleren Unternehmen der Fall ist.

Deswegen braucht es eben auch eine Regulierung durch die öffentliche Hand, sprich: den Staat. Doch wurde hier gemäß der neoliberalen Maxime, dass der Staat sich aus der Wirtschaft weitestgehend raushalten soll, zunehmend in den letzten Jahrzehnten der Schutz für kleine Marktteilnehmer abgebaut. Die Folge: Immer mehr Familienbetriebe und mittelständische Unternehmen sind verschwunden oder wurden von großen Konzernen geschluckt.

Dass sich an diesem Zustand nichts ändert, dafür werden jedes Jahr viele Millionen Euro für Lobbyismus ausgegeben – in erster Linie von großen Konzernen. Und genau diese können eben in Aufsichtsräten oder Vorständen sowie als Berater auch immer wieder Politiker nach deren Ausscheiden aus dem Amt lukrative Posten verschaffen – quasi als Dankeschön für zuvor geleistete gute Dienste. Auch diese Möglichkeit steht kleinen und mittleren Unternehmen in der Regel nicht offen.

Diese Wettbewerbsvorteile von Großunternehmen führen dann in Summe zur Monopolisierung. Kennt jeder: Die Innenstädte veröden immer mehr, und Amazon baut zeitgleich an den Stadträndern immer größere Lager.

Dabei denken die meisten Verbraucher schlichtweg zu kurz, wenn sie aus Gründen der Kostenersparnis bei Konzernen statt bei kleinen (lokalen) Anbietern kaufen. Zwar spart man zunächst mal beim direkten Kaufvorgang vielleicht etwas Geld, aber mittelfristig sind Steuervermeidungstaktiken von Amazon und Co. etwas, das uns alle Geld kostet. Dazu kommt, dass so häufig gute Arbeitsplätze verschwinden und schlechte entstehen – mit Folgen für die Sozialkassen, in die dann weniger eingezahlt wird.

In letzter Zeit habe ich einiges gelesen zu den negativen Auswirkungen von zu großer Marktmacht von Unternehmen, die quasi eine Monopolstellung haben.

So fand sich in der Frankfurter Rundschau ein Gastkommentar von Imke Dierßen (LobbyControl) zu den derzeitigen Problemen in der Landwirtschaft, die dazu führen, dass gerade viele kleinbäuerliche Betriebe kaum noch rentabel wirtschaften können. Darin heißt es:

Diese übergroße Marktmacht einiger weniger Konzerne benachteiligt vor allem kleinere bäuerliche Betriebe. Die Preise an der Ladentheke spiegeln bei weitem nicht die wahren sozialen und ökologischen Herstellungskosten wider. Um von ihren Produkten leben und ihren notwendigen Beitrag zu Natur- und Tierschutz leisten zu können, muss die Landwirtschaft aus der strukturellen Abhängigkeit von wenigen Konzernen befreit werden.

Edeka, Rewe, Lidl und Aldi – das sind die großen vier der Lebensmittelbranche, die den Markt weitgehend beherrschen. Und die diese Position schamlos ausnutzen, um den Landwirten immer schlechtere Preise zu diktieren. Doch anstatt dass die Bauernproteste sich gegen diese Unternehmen richteten, zeterte man lieber gegen die Bundesregierung – kein Wunder, sind doch die Bauernverbände von CDUlern dominiert, und die haben ja stets ein großes Herz für Konzerne.

So führt also die Marktdominanz einiger weniger Unternehmen dazu, dass der notwendige Umbau der Landwirtschaft – weg von industrieller Massenproduktion hin zu ökologischem Anbau – zum Schaden der Allgemeinheit nicht vorangebracht wird.

Doch auch viel unmittelbarere negative Folgen für die Verbraucher resultieren aus monopolisitschen Strukturen, wie Felix Duffy und Max Bank in einem Artikel von LobbyControl am Beispiel von Amazon schildern.

Der Konzern nutzt diese Machtposition aus, um seinen Gewinn zu steigern. Händler sind der Macht von Amazon ausgeliefert und gezwungen, teure Werbung zu kaufen und diese Kosten auf die Produkte aufzuschlagen, auch in anderen Online-Shops. […] Die Monopolmacht von Amazon kann also auch in Deutschland zu steigenden Preisen führen.

Da man als Händler an Amazon kaum noch vorbeikommt, muss man sich den dort herrschenden Spielregeln beugen. Und diese sind so ausgelegt, dass vor allem Amazon davon profitiert – und die Kunden eben dann doch draufzahlen. So von wegen, dass Amazon ja immer so günstig sei … zumindest mittelfristig ist eher das Gegenteil der Fall.

Dazu kommt noch, dass solche Mechanismen wie von Amazon praktiziert, auch nicht im Geringsten demokratisch sind, da Konzerne in der Regel nicht demokratisch geführt werden, sondern eine streng hierarchische Organisation aufweisen. Einzelpersonen können so aufgrund ihrer Machtposition in einem großen Unternehmen einfach die Regeln des wirtschaftlichen Zusammenlebens bestimmen, ohne dafür durch irgendeine Art der demokratischen Meinungsbildung legitimiert worden zu sein. Und diese Unternehmen schreiben dann oft genug Staaten vor, wie sie zu handeln haben.

Und gleich noch mal was zu Amazon, denn an diesem Konzern kommt man eben nicht vorbei, wenn man das Thema Monopole am Wickel hat. In einem Artikel auf heise online geht es um eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen das Unternehmen, weil auf Amazon Prime Video nun Werbung geschaltet werden soll. Diese können Kunden zwar gegen Zahlung von einigen Euro im Monat ausblenden. Das Problem hieran ist aber, dass hierfür nicht um Zustimmung gefragt wurde, sodass die User nun quasi mit einer versteckten Preiserhöhung konfrontiert werden, wenn sie den Streamingdienst weiter so nutzen wollen wie bisher.

Interessanterweise haben Spotify und Netflix Ähnliches wohl auch schon versucht, wie in dem Artikel angedeutet wird.

Und das ist ja das Problem mit Streamingdiensten: Davon gibt es nur relativ wenige, anders als bei Verlagen für Musik und Filme, von denen es eine ganze Menge gibt. Wenn sich diese Anbieter dann einig sind und die Konkurrenz der physischen Ton- und Filmträger erst mal plattgemacht haben, dann dürften mit ziemlicher Sicherheit die Preise massiv nach oben gehen. Klar, die Kunden haben dann ja auch keine Möglichkeit mehr, dies abzulehnen und wieder auf andere Medien umzusteigen, wenn es diese nicht oder kaum noch gibt. Erste deutliche Anzeichen davon sieht man schon an dem oben geschilderten Verhalten wie von Amazon mit der Werbung.

In einem weiteren Artikel von Felix Duffy und Max Bank von LobbyControl wird die gesamtgesellschaftliche Dimension der Problematik von Monopolen erläutert. Dazu beruft man sich auf eine internationale Studie (der Link dazu findet sich in dem Artikel), die zusammen mit einigen Partnerorganisationen erstellt wurde. Ich zitiere mal ein paar Passagen aus dem Artikel, die für sich sprechen:

Die Auswirkungen dieser Monopolmacht sind weitreichend. Die Preise steigen, während viele kleine Unternehmen Schwierigkeiten haben, überhaupt Gewinne zu erzielen. Dies führt zu einer immer größer werdenden Kluft zwischen den Superreichen und dem Rest der Gesellschaft, die als Aktionäre oder Konzernlenker von der Monopolmacht profitieren. Um ihre Macht zu verteidigen, geben die Konzerne Millionen für Lobbyarbeit aus.
Die Studie weist nach, dass die größten Unternehmen die höchsten Preisaufschläge verlangen, während viele kleinere Firmen darum kämpfen, überhaupt einen Gewinn zu erwirtschaften. Über einen Zeitraum von fünf Jahren liegt die durchschnittliche Gewinnspanne der 20 größten Unternehmen der Welt bei 50 Prozent, während sie bei kleineren Unternehmen durchschnittlich 25 Prozent beträgt. Dies bedeutet, dass die größten Unternehmen ihre Monopolmacht nutzen, um Verbraucher:innen auszubeuten und exorbitante Preise zu verlangen.
Die Monopolmacht erstreckt sich nicht nur auf Preiserhöhungen, sondern hat auch erheblichen Einfluss auf den demokratischen Prozess. Die Untersuchung zeigt auch die Lobbymacht dieser Firmen, die sich auf ein Lobbynetz von 236 Organisationen, Verbänden, Wirtschaftsvereinigungen und Think Tanks in Europa stützen. Die 20 größten Unternehmen der Welt geben jährlich mehr als 155 Millionen Euro für Lobbyarbeit aus, um die politischen Institutionen in den USA und der EU zu beeinflussen. Davon 118,3 Millionen Euro in den USA und 36,9 Millionen Euro in der EU.
[…]
Zudem verstärkt die strukturelle Macht der Monopole deren politischen Einfluss, da sie aufgrund ihrer Stellung in Wirtschaft und Gesellschaft auch ohne direkte Lobbyarbeit großen Druck auf Politiker ausüben können.

Auch ein Artikel in der WirtschaftsWoche greift die Ergebnisse der Studie auf und bringt das Ganze noch mit einer Untersuchung von Oxfam zusammen, die im Prinzip das Gleiche aussagt. Zudem liefert man interessante Zahlen, die verdeutlichen, wie sehr in den letzten Jahrzehnten die Monopolisierung vorangeschritten ist:

Lag der Anteil der oberen 0,1 Prozent der Unternehmen am gesamten Vermögen in der US-Wirtschaft 1930 noch unter 50 Prozent, so machten die oberen 0,1 Prozent der amerikanischen Unternehmen 2010 nahezu 90 Prozent des Gesamtvermögens in der US-Wirtschaft aus.

Monopole sind also schlecht für die Verbraucher, untergraben die Demokratie, spalten Gesellschaften und gefährden das Allgemeinwohl. Und einige Konzerne sind mittlerweile so groß, dass sie kaum noch von einzelnen Staaten reguliert werden können. Was also tun gegen diese Entwicklung? Hier liefert der WirtschaftsWoche-Artikel zumindest zwei klare Ansätze:

Um gegen die wachsende Monopolmacht weniger Profiteure vorzugehen, brauche es Instrumente der Kartellpolitik, indem marktbeherrschende Unternehmen zerschlagen würden oder schärfere Fusionskontrollen stattfänden, fordern die Autoren der am Mittwoch veröffentlichten NGO-Studie.
[…]
Es brauche stattdessen höhere Steuern auf sehr große Vermögen und überdurchschnittlich hohe Unternehmensgewinne. Nötig sei hier das Engagement der Finanzministerien weltweit.

Klingt ja nun nicht gerade nach Zauberei, oder?

Allerdings stellt sich dann doch die Frage, wer in der Politik solche Maßnahmen denn auch umsetzen würde. Und da fällt mir dann leider kaum jemand ein – weil nämlich zum einen die neoliberale Ideologie solche Eingriffe ohnehin verteufelt und zum anderen viel zu viele neoliberale Politiker vor solchen Monopolisten und ihren Lobbyisten entweder furchtsam kuschen oder aber deren Geld- bzw. Gehaltsempfänger (gern auch künftig) sind.

Na ja, zumindest als Verbraucher kann man zusehen, möglichst wenig bei solchen monopolistischen Konzernen zu kaufen. Allerdings dürften die meisten dafür zu bequem und/oder zu verblödet sein.

Schade eigentlich …

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