(Bemerkung vom 05. Juli 2021: Eine Stellungnahme der Tagesschau-Redaktion ist nicht bei mir eingegangen.)
Sehr geehrte Redaktion.
Dieser Brief wird auch unter "Offener Brief an die Redaktion der Tagesschau" auf publikum.net veröffentlicht.
Bei Ihrem Tagesschau-Online Angebot erschien heute unter der Rubrik "Investigativ" ein Artikel über Publikum.net, der auch einen meiner Meinungskommentare kritisch erwähnt.
Ihr Journalist Wulf Rohwedder nennt mich in dem Text im gleichen Absatz mit einer Frau, die "esoterisch-astrologisch verbrämte Reichsbürgermythen" verbreitet. Ich weiß nicht, wer diese Autorin ist, und das interessiert mich auch nicht. Ich habe mit Reichsbürgern nichts zu tun.
Wie mein Kommentar argumentiert
Ich habe auf Publikum.net einen Text über Abtreibungen veröffentlicht und darin anhand offizieller Daten vom Bundesamt für Statistik gezeigt, dass 96 % der Frauen, die ihre Kinder abtreiben lassen, keine kriminologische oder medizinische Indikation aufweisen. Der Text erläutert, dass allein im letzten Jahr 2020 nur etwa 25 der 100.000 Abtreibungen aufgrund Vergewaltigungs-Schwängerung geschahen (0,025 Prozent). Die Quelle ist im Text angegeben und für jeden faktisch einsehbar, ob es sich so verhält. Ebenso zitiere ich dort ProFemina mit den „4 häufigsten Gründen für eine Abtreibung“, die meine Einschätzung erhärten.
Auch ein in meinem Kommentar nicht zitierter Artikel von Deutschlandfunk Kultur bekräftigt mein darauf folgendes Werturteil. Die Autorin schreibt über ihre Abtreibung:
„Ich weiß, dass ich bei einer Frauenärztin war und dass sie zu mir gesagt hat: Ja, an der Schwangerschaft besteht kein Zweifel. Und dass ich eine Sekunde gedacht habe: Ach guck mal, ich bin schwanger. Das ist ja echt ein Ding! Und dann erst dachte: Oh Gott, aber das ist jetzt so unpassend und so dermaßen nicht das, was ich jetzt als Punkt im Leben in Angriff nehmen wollen würde.““
Ich habe aufgrund dieser Sachlage in meinem Text argumentiert, dass die meisten abtreibenden Frauen und Paare einfach ihren sexuellen Spaß ausleben, aber die Verantwortung für eine damit verbundene mögliche Schwangerschaft nicht übernehmen wollen. (Die sogenannte „freie“ oder „unverantwortliche Liebe“ der 1968er.) Und ich habe geurteilt, dass dieses Verhalten egoistisch ist, solche Leute demnach „Egoisten“ sind, weil sie ihre Kinder töten. Und ich als gläubiger evangelischer Christ habe gesagt, wenn Sex – wie vom Schöpfergott geboten – nur in der Ehe ausgelebt würde, hätte es nicht allein in Deutschland jährlich 100.000 Abtreibungen.
Es handelt sich um ein persönliches Werturteil (Meinung)
Meine Aussage, Abtreibende seien Egoisten,ist ganz klar ein persönliches Werturteil (Meinung). Es basiert auf meiner Glaubensüberzeugung. Diese lege ich auch auf publikum.net offen („Journalistischer evangelischer Christ und studierter Religionswissenschaftler“). Ich wünschte, auch Ihre Redakteure und Journalisten würden ihre politischen und weltanschaulichen Überzeugung so frei offenlegen (Links? Grün?). Dann weiß der Leser sofort, woran er ist und anhand welcher hintergründigen Überzeugung und Weltanschauung der jeweilige Journalist möglicherweise urteilt.
Es handelt sich bei meinem Kommentar weder um eine unwahre Tatsachenaussage, also um „Fake News“, noch um „Falschbehauptungen“ oder „Verschwörungsmythen“, sondern um ein persönliches Werturteil. Unser Grundgesetz schützt im Artikel 5 persönliche Werturteile (Meinungsfreiheit).
„Jeder hat das Recht, seine Meinung [Werturteil] in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten […]“
Diese Rechte finden ihre Schranken laut Verfassungstext „in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre“. Kein deutsches Gericht würde die Aussage „Du bist ein Egoist, weil du abgetrieben hast!“ als Beleidigung oder Ehrverletzung verurteilen.
Der Tagesschau-Artikel ist verzerrend einseitig
Ihr Mitarbeiter Wulf Rohwedder verzerrt einseitig meine differenzierte Argumentation. So schreibt auch der Publikum.net Betreiber Jan Szembek in einer Stellungnahme zum Tagesthemen-Artikel über meine Erwähnung:
„Die Darstellung ist z.T. einseitig/aus dem Kontext gerissen, stimmt so nicht und wird in dem konkreten Beispiel der differenzierten Betrachtung des Autors nicht gerecht (gleichzeitig wird wieder keine Quelle angegeben). Der Meinung des Autors muss man natürlich nicht sein (man sollte dies allerdings kennzeichnen - besonders als objektiver ÖRR).“
Ich möchte Sie fragen, aus welchen Gründen (Argumente) gut begründete moralische Werturteile (Meinungen) wie meine, Abtreibungen seien Mord und Abtreibende unverantwortliche Egoisten, aus Ihrer Sichz „die Meinungsfreiheit, vorsichtig gesagt, sehr weit auslegen" (schreibt ihr Autor Wulf Rohwedder). Worauf begründen sie diese Aussage?
Es geht ja nicht nur darum, was man meint, sondern darum, warum man etwas meint, also welche Begründung man für sein Werturteil hat.
Bitte um Stellungnahme der verantwortlichen Tagesschau-Redaktion
Wer gibt vor, welches Werturteil richtig ist? Wulf Rohwedder? Die Tagesschau? Die Bundesregierung? Die Meinungs-Mehrheit? Wie begründen Sie eigentlich, dass mein Werturteil über egoistische Abtreibende nicht frei geäußert und verbreitet werden soll? Wie kommen Sie dazu, meinen Meinungskommentar im gleichen Zusammenhang mit „Verschwörungstheorien“ und „Reichsbürgern“ zu zitieren?
Ich bitte Sie hiermit um eine Stellungnahme.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen,
Christian Albrecht, ein evangelischer Christ
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