'Olympia-Splitter' - so oder ähnlich hieß das damals, als Sportmoderatoren im Öffentlichrechtlichen noch zu 99 Prozent männlich und hetero waren und hässliche Pullover trugen. Alle paar Tage wurde ein Korrespondent mit einem Kameramann losgeschickt, um den Menschen daheim vor den Geräten Staunenswertes aus dem Austragungsland zu präsentieren. Dass man hier rohen Fisch und kalten, sauren Reis mit Stäbchen isst. Dass man hier links fährt, das Bier keinen Schaum hat, Städte 10 Millionen Einwohner haben, in denen es viele Arme gibt, die aber alle immer irre gut drauf sind und irgendwie alles anders ist als bei uns.

"Geh, Liesl, schau emmal! Wie guad, des mir do ned lebbe müsse, gell? Bei uns daheim in Deutschland isch doch am Schönschte."

(Inzwischen frage ich mich, warum damals niemand auf die Metapher mit dem Splitter, dem Balken und dem Auge gekommen ist.)

Vor vier Jahren ist es mir noch gelungen, einen Rest an Begeisterung für die Winterspiele  aufzubringen. Heuer bin ich ganz froh, dass der Zinnober in der Wintersporthochburg Peking stattfindet. Dass die chinesische Hauptstadt bzw. dessen Umland, eine Wintersporthochburg ist, war mir bislang unbekannt. Aber man lernt nie aus. Ich habe ja auch nicht gewusst, was für ein fußballverrücktes Land dieses Arbeiterparadies am Persischen Golf ist. Nee, wirklich gut so. Das meiste kommt hier in den sehr frühen Morgenstunden oder vormittags im Fernseh. Da schlafe ich entweder, gebe  mich dionysischen Exzessen hin oder muss arbeiten.

Zwei Running gags kurbeln sie ja vor jeden fucking Olympischen Spielen, die Gott Der Dicke werden lässt.

Erstens: Die anstehenden Spiele werden die grünsten und nachhaltigsten aller  Zeiten. Auch die von Peking werden die grünsten und nachhaltigsten aller Zeiten sein, ließ man verlauten. Haben die beim IOC dafür irgendwo einen Sprechroboter dafür? Oder wetteifern sie immer darum, wer sich bei der Verlautbarung am besten das Lachen verkneifen kann? Die grünsten Spiele der letzten Jahrzehnte dürften übrigens die letztes Jahr in Tokio gewesen sein. Weil keine Zuschauer zugelassen waren.

(Für die monströse Sprungschanze zum Beispiel wurde ein ganzes Hochtal planiert und mit Betong vollgegossen. Das sei aber kein Problem, meint Mitarchitekt Hans Martin Renn: Dem Chines' macht das nichts, der sieht das nicht so eng, der ist nicht so anti und piesepömplig wie wir Europäer, der freut sich über die Leistungsfähigkeit seines Landes und ist stolz.)

Zweitens: Wenn die Spiele mal wieder an eine Diktatur vergeben wurden, weil sonst keiner mehr Bock hat, den Riesenzirkus auszurichtn, heißt es immer, die Spiele werden die Menschenrechtssituation im Ausrichterland drastisch verbessern. Spitzenwitz! Hat schon 1936 so bombe funktioniert wie 2008 bei den Sommerspielen in Peking. Warum ist das IOC nicht mal konsequent und  vergibt die Spiele nach Teheran?

Es schneit kaum in und um Peking? Mitnichten! "Es fällt dort schon jeden Winter Schnee, nur nicht viel." - so Michael Mayr,  Chef der österreichischen Firma Technoalpin, die den Zuschlag bekommen hat, die künstliche Beschneiiung der Sportstätten zu übernehmen. Das lässt sich übrigens 1 : 1 aufs Ruhrgebiet übertragen. Wir wollen Winterspiele, ey!

Was noch?

Kanzler Scholz war nicht bei der Eröffnungsfeier. Na und? Den Unterschied, ob er da gewesen wäre oder nicht, hätte eh keiner bemerkt.

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