Normalerweise geht man ja davon aus, dass Kabarett und Satire eher links, progressiv und herrschaftskritisch sind. Klar, es gibt auch Gegenteiliges wie den unsäglichen Dieter Nuhr (s. hier) – und der steht auch nicht mehr ganz allein da, wie ich gerade feststellen musste.
O. k., Monika Gruber und Lisa Fitz haben seit einiger Zeit auch immer mal wieder rechte Schlagseite bekommen, nun stieß ich allerdings auf Vince Ebert. Der Typ ist mir vorher nie durch irgendwelche pfiffigen Beiträge aufgefallen, sondern weil ich beim Check von Facebook-Profilen im Zuge diverser Admin-Tätigkeiten immer wieder festgestellt habe, dass Konservative bis Rechtsaußen den bei ihren Likes dabeihaben.
Sein Wikipedia-Profil gibt an, dass Ebert Physik studiert und dann als Unternehmensberater und in der Werbung gearbeitet hat. Dieser Werdegang führte dann dazu, dass er immer wieder als Wissenschaftskomödiant auftrat. Was ich nun allerdings gerade von ihm auf seiner Facebook-Wall gelesen habe, ist dann doch eher sehr unwissenschaftlich:
Mal abgesehen davon, dass das nun für einen Physiker schon ein Armutszeugnis ist, auf rein ideologischer Basis quasi mit angeblichen wissenschaftlichen Inhalten zu jonglieren, so unterstellt er der Klimaschutzbewegung, die sich ja nun auf einen wissenschaftlichen Konsens berufen kann, dass sie ihrerseits rein ideologiegetrieben wären. Dabei ist ja allein schon Eberts Vermutung, dass sich in 100 Jahren E-Motor-Nutzung keine Wiederverwendbarkeit für die Autobatterien gefunden haben sollte, so was von jenseits aller realistischen Vorstellung, dass man eigentlich gar nicht weiter darauf eingehen sollte …
… wenn da nicht ein paar Tausend Leute diesen kompletten Unfug mit einem Like quotiert und oftmals auch noch zustimmende Kommentare dazu abgegeben hätten.
Und klar: Vince Ebert ist ja Physiker, der muss es ja wissen! Auch wenn er nicht weiß, dass wir mittlerweile das 21. Jahrhundert haben und die 1890er-Jahre nicht „Ende des letzten Jahrhunderts“ sind. Aber so was fällt einem Ewiggestrigen wie ihm und seinem ähnlich gestrickten Anhang offensichtlich gar nicht auf. Das sind dann wohl auch Leute, die meinen, dass Hans-Werner (Un-)Sinn tatsächlich ein Topökonom wäre, nur weil er ständig so bezeichnet wird und auch mal irgendwas mit Wirtschaft studiert haben muss, oder dass Bernd Raffelhüschen ein Rentenexperte sei und kein Versicherungsvertreter mit Professorentitel …
So ein Blick aus der eigenen Filterblase hinaus ist dann mal wieder weniger amüsant als vielmehr aufschlussreich, denn immerhin wurde mir so klar, woher die ganzen Leute, die sich ständig gegen eine Energie- und/oder Verkehrswende aussprechen, ihr „argumentatives“ Futter bekommen: von Typen wie Vince Ebert.
Und der scheint ja nun, wenn er Physik studiert hat, auch nicht komplett dämlich zu sein, sodass er vermutlich genau weiß, dass er dort kompletten Mumpitz labert, er damit aber eine nicht ganz kleine Zielgruppe erreicht, die ihn dann richtig klasse findet, weil er genau das sagt, was diese Leute hören wollen. Ziemlich eklige Art von Karrierismus, finde ich, und zudem auch so richtig gar nicht verantwortungsvoll.
Welche Blüten das dann treibt, wurde mir bei einem anderen Facebook-Posting von Ebert klar:
„Ach, wärst du doch in deinem Fachbereich geblieben!“, möchte man ihm da zurufen bei diesem Ausflug in die Abgründe der Küchenpsychologie. Dafür gibt’s auch weniger Likes – vermutlich weil eben deutlich weniger seiner Anhänger hier kapieren, was er überhaupt aussagen möchte. Mit Autos und so, das kriegen die offensichtlich gerade so eben noch hin …
Und unter diesem Beitrag findet sich dann auch folgender Kommentar:
Und schon wieder möchte man jemandem was zurufen, in diesem Fall nämlich: „Was meinst du wohl, warum du so eine vollkommen bekloppte und groteske Position noch in keiner öffentlichen Diskussion gesehen hast? Könnte ja vielleicht damit zusammenhängen, dass die meisten Leute Überschwemmungen, Sturmfluten, Dürreperioden und andere Wetterkatastrophen nicht so richtig geil finden …“
Aber auch für so eine Aussage kriegt man auf der Wall von Vince Ebert noch ein paar Likes.
Ich habe mich ja immer gefragt, wie Menschen auf die Idee kommen, Parteien wie die CDU (zumal jetzt unter Merz), FDP oder AfD zu wählen, die nicht nur immer wieder gegen die Interessen von einem Großteil ihrer Wähler handeln, sondern eben auch die immer offensichtlichere Klimakatastrophe kleinreden und weiter befeuern, anstatt etwas dagegen zu machen. Nun, solche Wähler holen sich ihre tägliche Portion Irrationalität, die dann zu einer entsprechend irrationalen Wahlentscheidung führt, bei Leuten wie Vince Ebert.
Und damit konterkariert Ebert das, was eigentlich die Funktion von Satire und Kabarett sein sollte: als Sprachrohr der „kleinen Leute“ Kritik an den Herrschenden zu üben. Da das in den letzten Jahren zunehmend noch in Sendungen wie Die Anstalt oder von Kabarettisten wie Christoph Sieber geäußert wurde, während politische Sendungen, gerade im Talk-Format, zunehmend unkritischer wurden, ist das noch mal umso problematischer. Denn Leute wie Ebert dringen hier in eine tendenziell regierungskritische Sphäre ein und schüren dort dann Untertanengeist.
Und das ist dann alles andere als lustig …
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