Dass mir die Grünen schon länger nicht mehr zusagen (und das als ehemaliger Grünen-Wähler), hab ich ja in den letzten Monaten öfter mal hier zum Besten gegeben. Nun setzt die Partei noch mal einen drauf, und zwar in einem Bereich, von dem ich bisher dachte, dass das zumindest ein noch bestehender Grundkonsens dieser Partei ist: dem Antifaschismus.
Die Grünen haben ihre Wurzeln ja in der Antiatomkraft-, Friedens- und Umweltschutzbewegung. Davon ist mittlerweile nicht mehr allzu viel übrig, denn man muss sich nur die Politik anschauen, die unter grüner Ägide auf Bundes- und Landesebene (Hessen, Hamburg, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen …) gemacht wird, um festzustellen: Umwelt- und Klimaschutz geht definitiv anders (s. dazu ausführlicher hier). Dazu kommt, dass sich etliche grüne Regierungsmitglieder oder auch sonst wie prominente Parteisoldaten zunehmend für Kriege begeistern – nicht erst, aber schon extrem deutlich seit dem Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine.
Da sollte man doch zumindest meinen, dass es bei einer Partei, die ja immer noch von vielen Menschen und Medien im Land als irgendwie links und progressiv angesehen wird, zumindest beim Thema Rechtsradikalismus eine klare Haltung geben sollte. Tja, das ist nun leider nicht mehr der Fall, denn auch bei diesem Thema haben die Grünen gerade zweimal gezeigt, dass ihnen machtpolitisches Taktieren und die Sicherung der eigenen Pöstchen wichtiger ist, als gegen Rechtsterrorismus vorzugehen.
Klingt jetzt erst mal absurd, weil das so gar nicht zum Bild passt, was die meisten von Euch sicher auch von den Grünen haben? Die zwei folgenden Beispiele zeigen aber, dass es sich tatsächlich so verhält.
So las ich vor Kurzem einen Artikel von Michael Lacher in den Blättern für deutsche und internationale Politik, in dem es um die Aufarbeitung des rechtsterroristischen Mordes an dem hessischen CDU-Politiker Walter Lübcke vor vier Jahren ging. Und darin findet sich dann folgende Passage:
In einer geheimen Sitzung einigten sich CDU, Grüne und AfD mit ihrer Zweidrittelmehrheit auf die vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) geforderte nichtöffentliche Vernehmung einer LfV-Mitarbeiterin. Durch diesen Tabubruch wurde – gewissermaßen im Hinterzimmer – eine Koalition mit der AfD geschmiedet, um die Opposition auszuhebeln. Immerhin entschuldigten sich die Grünen im Anschluss für ihr Abstimmverhalten – anders als die CDU, die stattdessen bei Zeugenbefragungen der Linken regelmäßig durch ihren pöbelnden Abgeordneten J. Michael Müller auffiel.
Dass die AfD kein Interesse daran hat, rechtsterroristische Netzwerke aufzudecken (und genau darum ging es bei dieser Untersuchung in Hessen), dürfte klar sein. Dass die CDU in Hessen schon lange reichlich rechtslastig ist und auch bis über beide Ohren mit im NSU-Skandal verstrickt ist, ebenfalls. Aber die Grünen?
Vor allem finde ich es ja auch reichlich schäbig, sich dann hinterher zu entschuldigen. Man kann um Verzeihung bitten, wenn man unabsichtlich etwas Dummes oder Falsches gemacht hat, aber so eine Abstimmung zusammen mit der AfD dürfte ja kaum unabsichtlich geschehen sein, sondern so was erfordert schon eine gewisse Planung. Klingt für mich eher nach dem beliebten Vorgehen der AfD (Stichwort „mausgerutscht“): Erst mal was raushauen, und wenn einem das dann medial um die Ohren zu fliegen droht, dann sagt man halt, dass das ja gar nicht so gemeint war.
Und dass diese Entschuldigung auch nicht die Spucke wert ist, mit der sie formuliert wurde, wurde dann gerade aktuell in Hamburg deutlich. Auch dort ging es um einen rechtsterroristischen Mord, diesmal vom NSU an dem Hamburger Gemüsehändler Süleyman Tasköprü im Jahr 2001. Die Fraktion der Linken hatte den Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) einzurichten, der die genauen Hintergründe des Mordes ermitteln sollte.
Dass die in Hamburg komplett verfilzte SPD daran kein Interesse hat, da dabei dann vermutlich einige unangenehme Dinge über eigene Parteigenossen herauskämen, sollte nicht verwundern. Aber die Grünen?
In jedem Fall stimmten die Grünen als Koalitionspartner der SPD auch gegen den PUA – bis auf die Abgeordnete Miriam Block, die das nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren konnte und den Antrag der Linken befürwortete. Was zudem auch dem entspricht, was die Grünen selbst lange Zeit gefordert haben.
Als Konsequenz wurde Block dann reichlich abgestraft und aller ihrer Ämter in der Fraktion enthoben (s. hier und hier). Das passiert also, wenn jemandem bei den Grünen das eigene Gewissen und eine antifaschistische Haltung wichtiger sind als braves Kuschen vor dem Koalitionspartner zwecks Erhalt der lukrativen Pöstchen im Parlament. Absurd vor allem die Begründung: Block habe durch ihre mangelnde Parteidisziplin den Grünen Schaden zugefügt.
Na ja, ob nun eine Überschrift wie die eines Kommentars in der Hamburger Mopo besser fürs Image ist? Dort heißt es nämlich sehr zutreffend: „Der Fall Block: Beim Antifaschismus ist auf die Grünen kein Verlass.“
Dass die Fraktion gegen so einen PUA stimmt, ist schon schlimm genug aus Sicht aller Menschen, die Faschismus für eine schlimme Sache und rechtsterroristische Netzwerke für etwas Gefährliches halten. Dass dann die einzige Abgeordnete, die Haltung zeigt in dieser Frage, auch noch hinterher richtig übel abgestraft wird, zeigt, dass bei den Grünen Prinzipien nichts mehr gelten, sondern es einzig und allein um Machterhalt geht.
Wenn das bei einer so elementaren und eindeutig ekligen Sachen wie Rechtsterrorismus schon Parteiräson ist, wie soll man dann erwarten, mit den Grünen in puncto Klimaschutz irgendwas auf die Reihe zu bekommen? Zumal da ja auch noch reichlich lobbyiert und bestochen (meistens in Form vom Versprechen lukrativer Aufsichtsrats- und Beraterposten) wird.
Die Grünen zeigen damit, dass sie endgültig im etablierten Parteienfilz angekommen sind, von den bürgerbewegten Ursprüngen ist da nichts mehr vorhanden. Damit sind sie nur noch eine Facette des neoliberalen Einheitsbreis – und somit bestimmt keine Partei, von der man progressive oder gar in irgendeiner Form linke Politik erwarten kann.
Kleine Note noch am Rande: Das sind dann übrigens auch diejenigen, die Friedensdemos, sobald dort ein, zwei rechte Nasen auftauchen, als komplett rechts unterwandert darstellen. Irgendwie schon reichlich verlogen, oder?
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