Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als rechtes Gedankengut nur heimlich geäußert wurde, da so was allgemein doch sehr verpönt war. Diese Zeiten haben sich leider sehr stark geändert …

Was früher nur hinter vorgehaltener Hand am Stammtisch von sich gegeben wurde (und selbst dort dann mitunter Kopfschütteln verursachte), wird heutzutage mit großer Selbstverständlichkeit vor allem im Internet herausposaunt – egal, wie rassistisch, völkisch, rückschrittlich, misogyn, homosexuellenfeindlich oder sonst wie menschenverachtend das auch sein mag. Und das oftmals auch noch nicht mal hinter einem Nickname verborgen, sondern ganz direkt unter dem eigenen Klarnamen.

Natürlich sagen solche Leute dann auch immer wieder gern, dass man ja so vieles gar nicht sagen dürfe, nur um es dann doch zu sagen. Juristische Sanktionen gibt es nämlich in solchen Fällen nur sehr, sehr selten, was eben zuweilen noch passiert, ist, dass man halt Widerspruch bekommt, wenn man sich als Rassist, Frauenfeind usw. outet. Aber da man das ja freiwillig macht, ist es dann auch nur logisch, dass man dann eben mit der Konsequenz einer sozialen Ächtung leben muss – wenn sich diese denn überhaupt einstellt.

Dass das mittlerweile leider oft genug überhaupt nicht mehr der Fall ist, sieht man beispielsweise daran, dass selbst Firmen und Geschäftsleute rechten Müll auf ihren Social-Media-Profilen posten, ohne sich Gedanken über eventuelle dadurch verursachte Umsatzeinbußen zu machen.

Zwei Beispiele dafür. Das erste ist ein Shop für Shirts namens „shirtzshop.de“, der auf seiner Facebook-Wall ein Bild teilt, das so gar nichts mit Bekleidung zu tun hat, sondern eindeutig ein rassistisches Statement voller Ressentiment ist:

Richtig ekelhaft, oder? Aber man sieht ja, dass die Follower dieses Shops das durchaus gutheißen mit fast 1000 Likes. Gut, wenn man sich dann die Website anschaut von denen, dann sieht man auch gleich, wo der Hase langläuft: Pro-AfD-Motive, Trump-Shirts und was es sonst noch alles an widerwärtigem rechtem Müll so gibt. Aber es ist offensichtlich kein Problem, so was einfach so anzubieten und zu vertreiben, da es genug Leute gibt, die auf derartigen abartigen Kram stehen.

Ein weiteres Beispiel ist erst mal unpolitischer, denn dabei handelt es sich um das Café Mohrenkopf (wobei der Name natürlich auch schon so ein bisschen ein Statement ist für die Fraktion der Ewiggestrigen) aus Ingolstadt:

Da hockt dann der Betreiber des Ladens unter einem Schirm, starrt in den Regen und verbreitet das bei Klimawandelleugnern (die meistens deckungsgleich mit Rechten sind) beliebte Narrativ, dass der wärmste Sommer seit Aufzeichnungsbeginn ja doch nicht so schlimm ist, wenn es vor seiner Klitsche kalt ist und regnet (s. dazu meinen Artikel von letzter Woche). Dass dann ein bei solchen Leuten üblicher Rechtschreibpatzer („Höhlensommer“ statt „Höllensommer“) auch noch dabei ist, rundet das Bild letztlich noch ab.

Und dieser Typ scheint keine Bedenken zu haben, dass ihm so eine dumme und tendenziöse Aussage, die ja nun auch nichts mit den Sachen, die er in seinem Café anbietet, zu tun hat, irgendwie Einbußen bei der Kundschaft bescheren könnte.

Nun kann man natürlich sagen, dass man nicht unbedingt knallhart auf dem Woke-Trip sein muss, um eher einen Bogen um ein Café mit Namen „Mohrenkopf“ zu machen, sodass die Kundschaft dort vielleicht auch schon eine entsprechende Schlagseite hat. Allerdings zeigt so ein Posting für mich, wie selbstverständlich heutzutage politisch unsinniger, anrüchiger oder eben auch eindeutige rechtsextremer Inhalt (wie bei shirtzshop.de) geteilt wird.

Und dann gibt es da noch Facebook-Seiten, die sich einen harmlosen Titel geben und darunter dann auch rechtslastiges bis rechtsextremes Zeug posten. Wie zum Beispiel die Seite „Interessante Sachen“.

Zunächst mal scheint es hier darum zu gehen, dass ja heute alles so überreguliert ist – was in diesem Fall nun die „Freie Fahrt für freie Bürger“-Hohlbratzen ansprechen soll. Allerdings wurde dann eben noch ein dunkelhäutiger Polizist mit ins Bild „geschmuggelt“. Und da bei der Polizei nach wie vor recht wenig Menschen mit afrikanischen Wurzeln tätig sind, ist der bestimmt nicht aus Gründen der besonders guten Repräsentativität gewählt worden, sondern um da gleich noch ein rassistisches Statement mitschwingen zu lassen. Da wird dann also aus einem vermeintlich harmlosen Scherzchen gleich mal eine unterschwellige Message, die dunkle Haut mit etwas Negativem in Verbindung bringt – ekelhaft, oder?

Und leider sind die sozialen Medien voll mit solchen Müll – wobei dem viel zu selten widersprochen wird. Die Rassisten und Rechtsextremen sind nämlich gar nicht in der Überzahl, wie man den Eindruck bekommen könnte, allerdings sind sie viel lauter, präsenter und tippfreudiger als die anständigen Menschen. Und so entsteht für Unbedarfte der Eindruck, dass es sich bei rechten Ansichten ja durchaus um eine weit verbreitete, wenn nicht gar Mehrheitsmeinung handeln könnte. Was dann wiederum ein fataler Eindruck ist, der hilft, rechte Menschenverachtung ein Stück weit zu normalisieren, sodass weitere solchen hetzerischen Beiträge veröffentlicht werden. Ein ziemlich scheußlicher Teufelskreis …

Wenn Ihr Euch jetzt fragt, wieso ich mich auf solchen Seiten rumtreibe bzw. mir deren Inhalte angezeigt werden: Das ist dank des Facebook-Algorithmus so. Wenn man mal länger bei einem Beitrag verweilte oder dort sogar einen Kommentar postet, dann werden einem immer wieder ähnliche Sachen angezeigt. Die will man zwar eigentlich gar nicht sehen, da der Kommentar (wie bei mir in diesem Fall) negativ war, aber das schnallt der dusselige Algorithmus nicht – und dem geht es nicht darum, den Nutzern für sie interessante Sachen zu zeigen, sondern es soll nur Aktivität generiert werden.

Das ist natürlich komplett armselig und nicht im Sinne der meisten Nutzer, die lieber etwas sehen wollen, was sie mögen und was Freunde von ihnen gepostet haben, aber das interessiert Facebook natürlich nicht die Bohne. Hauptsache viele Klicks und viel Traffic, denn das kann man monetarisieren. Wäre also schön, wenn es so ein soziales Netzwerk endlich mal in öffentlicher Hand gäbe ohne derartige Fisimatenten. Aber das ist wohl leider nur Wunschdenken …

Der Vorteil ist natürlich, dass man so schon aus der eigenen Blase rausschaut und Sachen angezeigt bekommt, von deren Existenz man sonst gar nichts geahnt hätte. Klar, wer sich mit zivilisierten Menschen umgibt, der kommt ja auch nicht auf die Idee, dass es solche Beiträge wie die oben abgebildeten geben könnte. Und dieses Wissen macht zwar keinen Spaß, ist m. E. aber schon recht wichtig. Aber das wäre vielleicht ein Thema für einen weiteren Artikel …

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