J. K. Rowling - Harry Potter 02: Harry Potter and the Chamber of Secrets (Hörbuch) (Deutsch) (Deutsch Hörbuch)

Nach meiner Rezension des ersten Harry-Potter-Romans konnte ich angesichts der gespannten Reaktionen darauf, wie ich wohl den nächsten Teil sehen würde, kaum nicht eine Rezension schreiben. Also habe ich mich auch an den zweiten Band der Reihe gemacht. Ich hatte endgültig überhaupt keine Vorstellungen von der Handlung mehr; alles, was ich zu der Reihe noch sagen kann, ist, dass Dumbledore irgendwann stirbt. Aber viele meiner Schüler*innen wissen auch, dass Darth Vader Lukes Vater ist, ohne zu wissen, wer die beiden Personen sind oder je einen Star-Wars-Film gesehen zu haben; kulturelle Osmose funktioniert nun mal so. Nun denn, genug der Vorrede, schauen wir in den zweiten Teil!

Harry Potter muss die Sommerferien erneut bei seinen ungeliebten Verwandten, den Dursleys, verbringen. Diese behandeln ihn mit großer Geringschätzung, halten ihn vom Rest der Welt abgeschottet und missachten seine Identität als Zauberer. Besonders belastend ist für Harry, dass er während der gesamten Ferienzeit keinerlei Nachrichten von seinen besten Freunden Ron und Hermine erhält. Es scheint, als habe sich die Zauberwelt vollständig von ihm abgewendet. Umso sehnsüchtiger blickt er dem Beginn seines zweiten Schuljahres an der Zauberschule Hogwarts entgegen, das für ihn die Rückkehr in eine vertraute und wertgeschätzte Umgebung bedeutet.

Doch kurz vor seiner Abreise erhält er Besuch von einer unheimlichen Gestalt: dem Hauselfen Dobby. Dieser warnt Harry eindringlich davor, nach Hogwarts zurückzukehren, denn dort lauere großes Unheil. In einem emotionalen Appell versucht Dobby, Harry davon zu überzeugen, der Schule fernzubleiben, ohne jedoch den Grund seiner Warnung offen zu legen. Aus Angst vor Vergeltung spricht er nur in Andeutungen. Erst später wird klar, dass Dobby auch die Briefe von Harrys Freunden abgefangen hat, um ihn zu isolieren und sein Fernbleiben zu erzwingen. Als die Dursleys durch Dobbys Zwischenfall entdecken, dass Harry außerhalb der Schule nicht zaubern darf, nutzen sie dies aus, um ihn unter schlechten Bedingungen einzusperren. Brot, Wasser und ein vergittertes Fenster sollen verhindern, dass er erneut nach Hogwarts zurückkehrt.

Die Rettung naht jedoch: Ron, Fred und George Weasley tauchen mit einem verzauberten fliegenden Auto auf, entfernen das Gitter von Harrys Fenster und holen ihn heimlich aus dem Haus der Dursleys. Auf dem Fuchsbau, dem Zuhause der Weasleys, findet Harry endlich wieder Geborgenheit. Er erlebt eine lebendige und herzliche Familie, deren Vater Arthur sich leidenschaftlich für die Eigenheiten der Muggel interessiert. Die Reise in die Winkelgasse zur Schulvorbereitung verläuft jedoch nicht ohne Zwischenfälle. Harrys Versuch, das Flohpulver zu benutzen, endet in einem Missverständnis – er landet versehentlich in einer düsteren Seitengasse und gerät in die Nähe eines zwielichtigen Geschäfts, in dem Lucius Malfoy gerade kompromittierende Gegenstände zu veräußern versucht. Bei einem späteren Wiedersehen in der Buchhandlung kommt es zur Konfrontation zwischen den Malfoys und den Weasleys. Lucius macht seine Verachtung für Muggelstämmige deutlich, äußert sich herablassend über Hermines Eltern und kritisiert Arthurs Interesse an nicht-magischer Technik. Gleichzeitig lernen die Schüler Gilderoy Lockhart kennen, den neuen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste, der durch seine aufdringliche Selbstinszenierung und zahlreiche Bücher auf sich aufmerksam macht.
Am Tag der Abreise nach Hogwarts bleibt Ron und Harry plötzlich der Zugang zu Gleis 9¾ verwehrt. In Panik, den Zug zu verpassen, benutzen sie erneut das fliegende Auto. Die Reise endet mit einer Bruchlandung auf dem Gelände der Schule – direkt im Verbotenen Wald. Rons Zauberstab wird beschädigt, und der Vorfall sorgt für große Aufregung. Professor Snape versucht, die beiden vom Unterricht auszuschließen, doch Professor McGonagall entscheidet sich für eine milde Bestrafung in Form von Strafarbeiten. In der Schule macht sich Lockhart erneut durch Selbstverliebtheit und Angeberei bemerkbar, besonders gegenüber Harry, den er fälschlich für einen Aufmerksamkeitssucher hält. Beim ersten Quidditch-Training wird deutlich, dass Draco Malfoy durch eine Besenspende seines Vaters in das Slytherin-Team gelangt ist. Er nutzt die Gelegenheit, um Hermine und andere Muggelstämmige offen zu beleidigen – ein Verhalten, das die Spannungen zwischen den Schülergruppen weiter verschärft.
Kurz darauf beginnt sich eine düstere Bedrohung über Hogwarts zusammenzuziehen. Harry hört Stimmen, die andere nicht wahrnehmen können, und entdeckt schließlich gemeinsam mit seinen Freunden die versteinerte Katze des Hausmeisters Filch. Eine blutige Botschaft an der Wand kündigt an, dass die „Kammer des Schreckens“ geöffnet worden sei. Die Lehrer reagieren zurückhaltend und versuchen, das Ereignis zu bagatellisieren. Die Legende besagt, dass Salazar Slytherin, einer der Gründer von Hogwarts, einst eine geheime Kammer erschaffen habe, in der ein Monster haust, das auf seine Rückkehr durch einen Erben Slytherins wartet, um gegen Muggelstämmige vorzugehen. Obwohl offiziell bestritten wird, dass die Kammer existiert, beginnen Harry, Ron und Hermine eigene Nachforschungen. Sie halten Draco Malfoy für einen möglichen Erben Slytherins, doch ein Vielsafttrankexperiment zeigt, dass er es nicht ist.
Die Angriffe gehen weiter, und bald wird auch ein Schüler versteinert aufgefunden. Bei einem Quidditch-Spiel wird Harry von einem verzauberten Klatscher angegriffen und schwer verletzt. Lockharts Heilversuch schlägt fehl, und Harry muss zusehen, wie seine Armknochen durch einen Zauber versehentlich entfernt werden. Im Krankenflügel besucht ihn Dobby erneut. Der Hauself erklärt, dass sowohl das Versperren des Bahnhofs als auch der Angriff durch den Klatscher von ihm eingefädelt wurden, um Harrys Rückkehr nach Hogwarts zu verhindern – aus Sorge um sein Leben. Dobby offenbart, dass das Schicksal seiner gesamten Art eng mit Harrys Wohlergehen verknüpft sei, denn nur er könne langfristig für ihre Freiheit kämpfen.
Immer mehr Schüler werden Opfer der mysteriösen Versteinerungen, darunter auch Hermine. Die Lehrer sind ratlos, Dumbledore wird suspendiert, und Hagrid wird ins Zauberergefängnis Askaban gebracht. Noch bevor er abgeführt wird, gibt er Harry und Ron einen versteckten Hinweis: „Folgt den Spinnen.“ Die beiden Jungen gelangen in den Verbotenen Wald und treffen dort auf Aragog, eine riesige, sprechende Spinne, die Hagrid in seiner Schulzeit großgezogen hatte. Sie klärt sie darüber auf, dass das Monster aus der Kammer nicht sie gewesen sei und der Tod des Mädchens vor vielen Jahren eine andere Ursache gehabt habe.
Ein entscheidender Hinweis ergibt sich schließlich aus einer zerknüllten Buchseite in Hermines starrer Hand: Es ist die Beschreibung eines Basilisken – einer Riesenschlange mit tödlichem Blick. Die Opfer wurden nicht getötet, weil sie den Blick nicht direkt traf, sondern ihn nur über Spiegel, Wasser oder Kameralinsen sahen. Harry versteht, dass das Monster durch die Rohre der Schule kriecht – und dass nur jemand, der Parsel spricht, es kontrollieren kann. Ginny Weasley, Rons jüngere Schwester, wird plötzlich vermisst. Der Schuldirektor beauftragt Lockhart, der behauptet hatte, die Kammer zu kennen, mit einer Rettungsaktion. Doch dieser will fliehen, wird aber von Harry und Ron zur Mitnahme gezwungen.
Im Badezimmer der Maulenden Myrte entdecken sie den Zugang zur Kammer. Mithilfe von Parsel öffnet Harry den geheimen Gang, der tief unter die Schule führt. Lockhart versucht sich zu retten, indem er Ron und Harry mit einem Gedächtniszauber belegt, doch da er Rons kaputten Zauberstab benutzt, trifft der Zauber ihn selbst. Er verliert sein Gedächtnis, während der Tunnel teilweise einstürzt. Harry dringt allein weiter in die Kammer vor und trifft dort auf den körperlosen Geist von Tom Riddle – jenem Schüler, der vor Jahrzehnten Hagrid beschuldigt hatte. Riddle gibt sich nun als junger Lord Voldemort zu erkennen und erklärt, wie er über das Tagebuch Kontrolle über Ginny gewann, die unter seinem Einfluss die Kammer erneut öffnete. Ziel seiner Manipulation sei jedoch nicht Ginny gewesen, sondern Harry selbst.
Riddle ruft den Basilisken herbei, doch Fawkes, Dumbledores Phönix, erscheint und blendet das Ungeheuer, indem er ihm die Augen aussticht. Harry zieht aus dem Sprechenden Hut das Schwert Godric Gryffindors, mit dem er den Basilisken im Kampf tötet – obwohl er durch dessen Gift verwundet wird. Fawkes heilt ihn mit seinen Tränen. Harry zerstört das Tagebuch mit einem Giftzahn des Basilisken und beendet so Riddles Einfluss. Ginny erwacht aus ihrer Bewusstlosigkeit, und gemeinsam mit Ron, Lockhart und dem Phönix kehren sie an die Oberfläche zurück.
In der Abschlussphase erklärt Dumbledore Harry, dass seine Fähigkeit, Parsel zu sprechen, auf die Verbindung mit Voldemort durch den misslungenen Todesfluch in seiner Kindheit zurückgeht. Dennoch sei er eindeutig kein Erbe Slytherins – der Sprechende Hut und das Schwert beweisen seine Zugehörigkeit zu Gryffindor. Es stellt sich heraus, dass Lucius Malfoy Ginny das Tagebuch untergeschoben hatte, um Dumbledore zu diskreditieren. Harry gelingt es außerdem, Dobby die Freiheit zu schenken, indem er das Tagebuch in eine Socke einwickelt, die Malfoy achtlos wegwirft – ein Akt, der dem Elfen Freiheit schenkt.
Die Schule ist gerettet, die Schüler werden geheilt, und ein weiteres Jahr voller dunkler Rätsel geht für Harry zu Ende – doch der Kampf gegen Voldemort ist noch lange nicht vorbei.
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Wie mir ja bereits in den Kommentaren des ersten Teils prophezeit wurde, ändert sich die episodenhafte Struktur der Romanreihe zumindest vorerst nicht. Auch in der "Chamber of Secrets" (warum auch immer die nicht die "Chamber of Horrors" ist, der deutsche Titel ist eigentlich viel zutreffender) ändert sich das nicht. Dasselbe gilt für die reichlich unsubtile Erzählweise. Ich muss ehrlich sagen, ich fand schon den Beginn des Romans ziemlich enervierend. Bereits im ersten Roman zog sich die Episode bei Dursleys deutlich über ihren narrativen Nutzen hinaus (ja, die Dursleys sind gemein zu Harry, I get it). Dieses Mal betont Rowling auch noch permanent, wie fett sie alle sind (denn böse, dumme Personen sind fett) und lässt sie NOCH dümmer und gemeiner agieren als im ersten Roman, was zu der geradezu cartoonhaft übersteigerten Situation führt, dass er bei dünner Suppe, Wasser und Brot in einem Zimmer mit vergittertem Fenster eingekerkert wird und die Dursleys jeden Kontakt zur Außenwelt zu unterbinden versuchen. Was genau deren Ziel eigentlich ist, bleibt dabei reichlich unklar, und auch, wie der brillante Plan eigentlich die nächsten zwei Wochen hätte überleben sollen, nach denen sie Harry wieder zur Schule schicken wollten, genauso wenig. Letztlich kommen die Dursleys nur mit ihrem Blödsinn durch, weil Hogwarts eine noch schlimmere Kindeswohlgefährdung darstellt als der Folterknast in der britischen Suburbia, aber ich greife vor.
Bei den Dursleys taucht mit dem Elfen Dobby auch noch ein ungeheuer enervierender Charakter auf, der - und hier muss ich wirklich Stephen Frys eigentlich exzellente Lesung kritisieren - im Hörbuch noch eine Schippe drauflegt. Eine echte Plotfunktion hat der Elf den ganzen Roman hindurch nicht; seine willkürlichen Auftritte sind weder lustig noch tragen sie irgendwie zur Handlung bei. Sie füllen nur jeweils ein Kapitel, das zwischen irgendwelche interessanteren Dinge geschoben wurde. Füllmaterial, quasi.
Ebenso auf der plakativen Seite, wenngleich wenigstens anfangs unterhaltsamer, ist der neue Lehrer Gilderoy Lockhart. Er ist geradezu absurd inkompetent (es fehlt weiterhin jegliche innerweltliche Erklärung, warum eigentlich Snape den Posten des "Defense against the Dark Arts"-Lehrers, den er so unbedingt will, nicht bekommt, wenn Dumbledore ohne jede Eignungsprüfung willkürliche C-Promis einstellt, aber der Mann ist ohnehin die Spitze der Inkompetenz in einer dysfunktionalen Institution), was aber durch die netten Dialoge und Situationskomiken in den ersten Kapiteln noch sehr unterhaltsam ist. Danach allerdings wird es schnell öde, weil Rowling immer dasselbe Skript abspult. Lockhart mach offensichtlichen Mist, Harry und Ron weisen darauf hin, Hermione ist weiter das dumme Fangirl. Lediglich zum Schluss, wenn Harry und Ron Lockhart in den Dungeon zwingen, wird es wieder lustiger.
Das bringt uns übrigens zum nächsten Problem: Ron und Hermione. Die Charakterzeichnungen sind für praktisch alle Beteiligten reichlich unterentwickelt, aber Ron und Hermione sollten als Sidekicks Harrys vielleicht etwas mehr als EIN EINZIGES Charaktermerkmal aufweisen. Das wäre schon für eine Kurzgeschichte etwas dünn, aber in einem Roman von erklecklicher Dicke fällt sehr schnell auf, wie wenig hier passiert; eine Entwicklung findet nicht statt. Die Kinder sind zu Beginn der Handlung dieselben Personen wie am Anfang, nur um einige überstandene Abenteuer reicher. Auch wirken sie nicht wirklich wie Kinder: zwar operieren sie immer noch in der Kinderbuchlogik des ersten Bands, aber der Charme hat sich bereits abgenutzt und die Plotelemente und Dialoge passen nicht zum Hintergrund. Niemals habe ich das Gefühl, dass hier Kinder reden; allzu oft sind Syntax und Wortwahl, aber auch der Inhalt der Dialoge die von Erwachsenen.
Und das ist zu den besten Zeiten. Die Dialoge des Romans sind sehr funktional, voller Exposition auf der einen Seite und laut gebrüllten "Ich will nichts hören!" seitens der - man kann es nicht oft genug betonen - absurd inkompetenten Lehrkräfte. Der Plot wäre dreimal gelöst, wenn die Erwachsenen nicht ständig völlig verweigern würden, den drei Hauptcharakteren zuzuhören, was angesichts der Ereignisse des ersten Bandes und Harrys Auserwähltenstatus umso bescheuerter ist.
Der Hauptgrund aber, warum mich der zweite Band enttäuschter zurückließ als der erste, ist neben dem Wiederholungs- und Abnutzungseffekt die Konstruktion des Finales. Die Kammer des Schreckens (oder der Geheimnisse, je nachdem) hat mich als McGuffin nie abgeholt. Zwar ist die Offenbarung des Tagebuchs und der Identität Riddles tatsächlich gelungen, aber der Endkampf zwischen Harry und Riddles Manifestation wird letztlich durch ein völlig willkürliches Auftauchen von Artefakten gelöst, das als Plotlösungsinstrument von Rowling völlig überreizt wird. Sage und schreibe drei Artefakte (Hut, Schwert und Phoenix) tauchen in direkter Folge auf und erlauben Harry den Sieg; letztlich braucht er keinerlei eigene Fähigkeiten. Dinge passieren Harry; er ist oftmals gar keine eigentlich handelnde Person, sondern eine Kamera auf Schienen, die uns Lesende durch die Handlung schiebt.
Ich bin von Rowlings Schreibfähigkeiten bisher wahrlich nicht beeindruckt. Mal sehen, ob das in den Folgebänden besser wird.
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