Paul Jankowski - All against all. The Long Winter of 1933 and the Origins of the Second World War (Hörbuch) (Das Wanken der Welt - Wie 1933 der Weltfrieden verspielt wurde)
Die Abrüstungskonferenz von Genf 1932 war, wie Kapitel 8, "Doors ajar", aufzeigt, eine Feier der Widersprüchlichkeiten. Stets die Meinung der Weltöffentlichkeit im Blick gerierten sich die Teilnehmermächte allesamt als Friedensengel, während ihre eigene Politik zuhause teilweise diametral entgegengesetzt oder doch wenigstens in einem gewissen Spannungsverhältnis stattfand. Der Völkerbund, jenes ungeliebte Kind des Versailler Vertrags, unter dessen Ägide die Konferenz stattfand, war niemandem stark genug, um Sicherheit zu garantieren, aber doch so relevant, als dass man ihn nicht ignorieren konnte. Es waren vor allem die kleinen Mächte, die ihn als Arena nutzten, um in der großen Politik mehr mitspielen zu können, als dies vor 1914 möglich gewesen war - sehr zum Ärger der Großmächte selbst, muss man anmerken. Länder wie Polen oder die Tschechoslowakei, aber auch Belgien und die Niederlande formulierten ihre eigenen Ansprüche auf der Konferenz, und sie mussten in einem Ausmaß ernster genommen werden, das vor dem Völkerbund noch undenkbar gewesen war.
Nichtsdestrotrotz wurden die großen Linien natürlich weiterhin von den Großmächten entschieden. Frankreich versuchte, so viele Länder wie möglich mit seinen eigenen Sicherheitsinteressen zu verwickeln (eine Politik, möchte man anmerken, die es bis heute mit leidlichem Erfolg in der EU durchzusetzen versucht), Großbritannien, genau solche Verwicklungen um jeden Preis zu vermeiden. Die Briten sollten, so die Meinung der Zeit, sich nicht zu "Janitscharen" der Polen machen lassen; kein britischer Soldat würde je für den Polnischen Korridor kämpfen, oder irgendeine andere Grenze der Versailler Ordnung in Osteuropa for that matter.
Nutznießer dieser Haltung war Deutschland. Die Weltöffentlichkeit sah es als Opfer: sollte die Konferenz scheitern, so wäre dies nicht seine Schuld, seine Forderung nach "Gleichberechtigung" in der Bewaffnung - längst ohnehin weitgehend durch die starke Abrüstung Großbritanniens und Frankreichs und die heimliche Aufrüstung der Reichswehr weitgehend erreicht - wurde als berechtigt angesehen. Jankowski hält den Blick stets auf die Konferenz gerichtet, aber ich finde es auffällig, wie viel Goodwill die Weimarer Republik aufgebaut hatte und wie sehr dieser Anfang der 1930er Jahre rapide die Versailler Ordnung zerlegte. Hitlers Außenpolitik lebte letztlich von diesem Goodwill der Republik.
Die USA indessen hatten die Spielräume, die ihnen die Flottenverträge von 1922 und 1930 gegeben hatten, nicht ausgenutzt. Es war Roosevelt, der direkt nach seiner Wahl 1933 mit einem frisch mit demokratischer Mehrheit ausgestatteten Kongress ein Flottenbauprogramm aushob - eine nicht unwesentliche Vorbedingung des entscheidenden Kriegseintritts 1941. Den USA allerdings war Europa nur peripherer Schauplatz; ihr Blick war auf den Pazifik gerichtet, wo die japanische Marine der wahrscheinlichste Gegner war.
Auf der anderen Seite der Gleichung fand sich die Sowjetunion. Die Zahlen, die sie nach Genf brachte, waren geradezu lächerlich: die Rüstungsausgaben waren für 1931 doppelt, für 1932 dreifach so hoch wie angegeben. Die Sowjetunion rüstete in einem Ausmaß, das das aller anderen Länder bei weitem überstieg, und mit visionärem Geist: die Doktrin der "Tiefen Schlacht", noch in ihrem Kindheitsstadium, sah mechanisierte Verbände und verbundene Waffen ein Jahrzehnt vor den "Blitzkriegen" der Wehrmacht vor und straft einmal mehr die Idee der unterentwickelten Roten Armee Lügen.
Kapitel 9, "Japan closes a door", wirft den Blick auf den Fernen Osten. Nach dem Mukden-Zwischenfall 1931 waren Japan und die Sowjetunion in einem beständigen Mix aus Diplomatie und Kriegsvorbereitung. Auffällig ist, welche Rolle die Innenpolitik in beiden Staaten hier spielte, genauso wie andere, scheinbar unverbundene außenpolitische Schauplätze.
Japan sah in dieser Zeit, wie bereits besprochen, einen Aufstieg nationalistischer Kräfte, die sich mit ausgeprägtem Militarismus und einer prononcierten Feindschaft gegenüber allem Linken profilierten. Dies zwang die japanischen Liberalen dazu, sich dem Wettbewerb des "Aus-Japanisierens" (wer ist der japanischste Japaner) anzuschließen, was etwa zu stark propagierten Verhaftungen ausländischer Marxisten führte, die man dann unter großem Trara abschob, und zu Stärkungen des Militärs. Diese Stärkung aber gab nicht nur dem Militär und seinen Verbündeten mehr Macht in die Hände, sondern schadete auch Japans Position bei den Verhandlungen in Genf. Die Konflikte mit der Sowjetunion entlang der Grenze zur Mongolei, Mandschurei und der Region um Wladiwostok schürten in Japan die Angst vor einem möglichen Krieg und waren Wasser auf den Mühlen der Nationalisten. 1932 aber waren die Japaner durch den Angriff auf Shanghai und den internationalen Fallout gebunden, was weitere Konflikte mit der UdSSR unattraktiv machte. Während die Rhetorik gegenüber den Kommunisten immer schärfer wurde, suchte Japan hinter den Kulissen den Ausgleich mit Moskau.
Den Sowjets kam das gerade Recht, denn ihre massive Aufrüstung - im Widerspruch zu ihrer internationalen Rhetorik - wurde innenpolitisch durch das Schüren von Kriegsfurcht im Fernen Osten mit legitimiert, und die Natur der sowjetischen Öffentlichkeitsarbeit bereitete aller Art von Gerüchten und Falschmeldungen (heute würde man von Fake News sprechen) den Boden, so sehr, dass viele sowjetische Bürger*innen sogar der Überzeugung waren, man sei bereits in einem Krieg mit Japan. Während die Eskalations-Rhetorik Moskau sehr gelegen kam, wollte sie mit allen Mitteln einen Krieg mit Japan vermeiden, denn der katastrophale Zustand der eigenen Wirtschaft durch den 5-Jahres-Plan und die Hungersnot schwächten das Arbeiter-und-Bauern-Paradies nachhaltig. Diese Situation würde sich bis zu den Grenz-Geplänkeln 1939, die die Sowjetunion spielend für sich entschied, nachhaltig zu ihren Gunsten verändert haben.
Auch in den USA war Mandschuko eine entscheidende Kategorie: die Regierung verurteilte in Worten die japanische Aggression und weigerte sich, Mandschuko anzuerkennen (ein Bruch mit der Praxis des 19. Jahrhunderts und ein Zeichen für die neue, wertgebunden-liberale Weltordnung). In einem bewaffneten Konflikt mit Japan hätten sie wenig Chancen gehabt und hätten ihre Kolonie in den Philippinen gefährdet - für eine Konfrontation brauchte es Großbritannien, das diese Verwicklung emphatisch ablehnte, aber sich der moralischen Verurteilung der USA anschloss. Japan allerdings sah in seiner Isolation keinen anderen Ausweg, als den Völkerbund zu verlassen, dem es nach der Resolution gegen es nicht mehr angehören zu können glaubte (heutige UN-Mitglieder können da nur lachen).
Spannend ist, wie all diese Entwicklungen innenpolitisch getrieben sind: selbst die liberalen japanischen Regierungsmitglieder sehen "keine andere Wahl" als den Austritt aus dem Völkerbund, weil sie die "Blamage" nicht hinnehmen können, trotz der Sanktion zu bleiben, während die öffentliche Meinung im liberalen Westen zwar nicht erlaubt, das japanische Verhalten hinzunehmen, aber auch nicht, Substanzielles dagegen zu tun.
Jankowski bliebt hier in der Analyse merkwürdig diffus: einerseits betont er, dass die Mächte der damaligen Zeit den Völkerbund als weitgehend nutzlos und unbedeutend betrachteten; andererseits sieht sich Japan durch die Resolution so unter Druck, dass es seinen Austritt verkündet und seine Isolation so nur noch mehr unterstreicht. War die Grundidee hinter dem Völkerbund, dass die "öffentliche Weltmeinung" Druck auf die handelnden Staaten ausübte, nun ein Grundfehler, oder war sie es nicht?
In Kapitel 10, "The Reich under foreign eyes", wendet sich Jankowski der Machtübergabe an die Nationalsozialisten zu. Er charakterisiert die politische Atmosphäre Berlins jener Tage als eine des ständigen Verrats und der Hinterzimmerpolitik und gesteht Schleicher nur einige dürre Zeilen zu, bevor er sich mit Hitler beschäftigt. Hier betont er erneut, wie unklar allen Beteiligten war, welche Ziele er eigentlich hatte. Dies scheint mir in gewissen Teilen auch ein Medienversagen zu sein; die Berichterstattung über Hitler ist bestenfalls eine von Berichten über ihn, keine, die eine Analyse dessen, für was er steht und was die Nationalsozialisten bereit waren zu tun, beinhalten würde. Dafür gab es nur wenig Vorlagen, aber die Regierungsbeteiligung in Thüringen wurde geradezu bewusst ignoriert. Jankowski zeigt das auch an dem berühmten Gespräch mit den Generälen Anfang Februar auf, in dem er klar seine genozidale Agenda skizzierte. Nicht nur akzeptierten die Militärs diese vorbehaltlos, was eine Standarderkenntnis der Quellenkritik ist; in Zeitungsberichten über das Treffen gibt es zudem keinerlei Informationen zu seinem Inhalt, und auch die Botschafter Frankreichs, Großbritanniens etc. scheinen sich nicht groß dafür interessiert zu haben. Man nahm Hitler offensichtlich nicht ernst.
Im Februar 1933, als im Zuge der Reichstagsbrandverordnung bereits politische Gegner verfolgt und Parteien verboten wurden, spekulierte man in vielen ausländischen Zeitungen über mögliche Konflikte innerhalb der deutschen Regierung, Winkelzüge der Konservativen gegen die Nazis und umgekehrt, über möglichen Bürgerkrieg, eine Sezession Süddeutschlands, allen möglichen Unfug. Die deutsche Außenpolitik, so nahm man an, werde in der Kontinuität der bisherigen stehen. Personen wie von Neurath, der konservative Außenminister, schienen das zu garantieren. Die Konzentration auf die Innenpolitik war eine Konstante der ausländischen Berichterstattung; sie beschäftigte sich kaum mit der deutschen Außenpolitik.
Jankowski macht auch eine merkwürdige Trennung zwischen der Außen- und Innenpolitik aus. Obwohl die Nationalsozialisten offensichtlich ohne jede Rücksicht auf Verträge und geltendes Recht im Inneren mit massiver Gewalt herrschten, ging man davon aus, dass genau das in der Außenpolitik nicht der Fall sein würde. Die Nationalsozialisten selbst versuchten diesen schwerwiegenden Irrtum mit zahlreichen Nebelkerzen auch zu verstärken.
Eine weitere Auffälligkeit war die parteipolitisch angepasste Sicht auf Deutschland. Hatte die rechte Presse früher deutschfeindliche Artikel veröffentlicht, Aufrüstung gefordert und vor Deutschland gewarnt, begann sie nun, wesentlich freundlicher und auf Frieden bedachter zu werden. Die linke Presse machte eine umgekehrte Entwicklung durch; hatte sie zu Weimarer Zeiten noch auf Mäßigung und Verständigung, Verhandlungen und Frieden gepocht, so forderte sie nun entschlossenes Vorgehen gegen NS-Deutschland. Besonders krass ist hier der Daily Express, der angesichts des "Judenboykotts" im April 1933 titelte "Das Weltjudentum erklärt Deutschland den Krieg". Auch die rechtskonservative Figaro in Frankreich befürchtete vor allem eine Welle von Flüchtlingen angesichts der antisemitischen Politik Deutschlands.
Jankowski führt diese Wahrnehmungen auch darauf zurück, dass einerseits Hitlers "Zweites Buch" (in dem er über Außenpolitik spricht) nie erschienen war und andererseits "Mein Kampf" 1933 noch keine englische Übersetzung hatte, so dass der Text den meisten Menschen unbekannt war. Zudem glaubten viel zu viele Beobachtende, dass das NSDAP-Programm von 1924 irgendeine Bedeutung hätte, während Hitler sich daran überhaupt nicht gebunden fühlte.
Kapitel 11, "Unwilling accomplices", wirft dann den Blick auf Großbritannien. Anhand einer Episode aus dem Cambridge-Debattenclub, in dem die Frage des Pazifismus diskutiert wurde und zu einem Skandal führte, der an die moralische Panik der Cancel-Culture-Debatte erinnert (der Daily Express warnte natürlich vor einer kommunistischen Unterwanderung der Universitäten), zeigt Jankowski den Stand der der Debatte im Vereinigten Königreich auf.
Entscheidender aber war die Rolle der Sowjetunion. Nach dem Vertrag von Rapallo 1922 hatte die Weimarer Republik mit dem Land zusammengearbeitet: deutsche Technologie und Fertigwaren gingen im Austausch für Rohstoffe und die unter Versailles verbotene Rüstungskooperation in das Land, das 1933 über 30% der deutschen Exporte aufnahm (und die deutsche Wirtschaft dazu brachte, Hitlers Anti-Bolschewismus anfangs im wirtschaftlichen Interesse einzudämmen).
Die Sowjetunion musste einen Drahtseilakt bestehen: die deutsche Kooperation hatte die drastische militärische Aufrüstung ermöglicht, die seine Sicherheit garantieren sollte, aber der Fünf-Jahr-Plan hatte das Land tiefgreifend destabilisiert. Die Sowjetunion musste an mehreren Fronten für Ausgleich sorgen: einerseits Japan beruhigen (siehe oben), andererseits versuchen, Deutschland einzudämmen und gleichzeitig als Ausgleich gegen die kapitalistischen Mächte zu gebrauchen, die man ideologisch als die Hauptgegner sah. Die Nazis ihrerseits mussten die Quadratur des Kreises vornehmen und eng mit der ideologisch verhassten Sowjetunion kooperieren.
Genau das Gegenteil geschah mit Italien: hier war die Rhetorik herzlich - immerhin waren es zwei faschistische Diktaturen -, aber Mussolini misstraute Hitler und hielt wenig von ihm und versuchte, Deutschland einzudämmen - wozu er die Zusammenarbeit mit Osteuropa und Frankreich brauchte. Letzteres aber würde er praktisch sicher mit seinen aktuellen Plänen zur Eroberung Äthiopiens verstimmen. Ein Achsnagel seiner Strategie war Österreich, das er in enger Zusammenarbeit mit dem 1932 an die Macht gekommenen Austro-Faschisten Dollfuß zu einem italienischen Protektorat formte.
Italiens Wünsche deckten sich zu einem gewissen Teil mit den deutschen, aber nur zu einem Teil. So verlangte es Mussolini nach einer wirtschaftlichen Partnerschaft in der Donauregion, was die Deutschen ablehnten - Italien konnte wenig bieten, aber viel nehmen. Gleichzeitig waren Italiens Versuche, die "kleine Entente" Jugoslawiens, der Tschechoslowakei und Polens mit Frankreich aufzubrechen, von wenig Erfolg gekrönt - zu tapsig ging Italien vor. Verglichen mit der Abwehr, die Deutschland auf sich zog, und seiner rapiden Isolierung war die italienische Diplomatie aber nachgerade brillant.
Zuletzt behandelt Jankowski in Kapitel 12, "Washington closes another door", die wirtschaftliche Komponente. Denn neben der (politischen) Abrüstungskonferenz in Genf fand 1932/33 auch eine wirtschaftliche Konferenz in London statt. Sollte in Genf der Weltfriede gerettet werden, ging es in London um die Weltwirtschaft. Treibende Kraft waren die USA: Roosevelt hatte sein Wahlversprechen, den Dollar vom Gold zu entkoppeln, überraschend wahrgemacht. Überraschend deswegen, weil Roosevelt wie der Rest seines Teams von Geldpolitik keine Ahnung hatte und deswegen im Wahlkampf gegen Hoover ins Horn der Austerität und Golddeckung gestoßen hatte - um jetzt eine 180°-Wende zu vollziehen.
Die Logik war sauber. Zwar hatten die USA, anders als das 1931 aus dem Goldstandard ausgestiegene Großbritannien, kein Problem, die Forderungen in Gold zu begleichen; es kontrollierte die Hälfte der weltweiten Goldreserven. Aber die Bindung ans Gold brachte im Fahrtwind der Weltwirtschaftskrise das uralte Problem der Geldknappheit mit sich, das die Menschen im Land vor enorme Probleme stellte. Anders als bei den anderen Staaten der Welt war der Druck vom Goldstandard weg INNEN-, nicht außenpolitisch. Das hatten die anderen Nationen nicht auf dem Schirm gehabt. Und Roosevelt interessierte sich genauso wenig für die Rettung des Weltwirtschaftssystems in seiner Form der 1920er Jahre wie für die Rettung der politischen Weltordnung jener Epoche.
Darin deckten sich die Interessen der USA und Großbritanniens weitgehend. Frankreich führte demgegenüber eine Koalition kontinentaleuropäischer Staaten an, die mit vorwiegend moralischen Argumenten (sie litten für den Goldstandard, warum also sollten andere nicht auch leiden?) für den Erhalt des Goldstandards ankämpften (Frankreich würde ihn als eines der letzten Länder 1935 aufgeben). Die Deutschen dagegen, komplette ökonomische Analphabeten, hielten in London weitgehend die Klappe, vor allem die Nazis, die von Geldpolitik überhaupt nichts verstanden und davon ausgingen, dass sie das Ganze ohnehin nicht betreffe. Die Ausnahme war der konservative Extremist Alfred Hugenberg, der in London eine Grundsatzrede für Lebensraum im Osten hielt, die für reichlich Befremden sorgte und der Anlass für seine Abberufung war - und seinen Abschied aus der Politik, ausmanövriert wie seine andere konservativen Kollegen, die ahnungslos, aber mit viel Selbstsicherheit geglaubt hatten, die Geschicke Deutschlands zu bestimmen.
Es waren die USA, die in London den Schwenk hin zu national orientierter Wirtschaft vollzogen und damit einer weltweit koordinierten Wirtschaft den Todesstoß versetzten. Japan, Deutschland und Italien erkannten darin eine Verwandtschaft zu ihren eigenen Plänen und weinten der Konferenz, die mit einigen unverbindlichen, allgemein gehaltenen Erklärungen endete, keine Träne nach.
Demgegenüber endete die Abrüstungskonferenz in Genf mit einem Knall. Im Epilog "Geneva" wird noch einmal deutlich, dass Deutschland die faktische Gleichberechtigung mittelfristig absehbar bekommen hätte. Die Siegermächte verschlossen willentlich vor der ohnehin bereits erfolgten Aufrüstung die Augen, die flagrant den Versailler Vertrag brach. Den Nazis freilich war das nicht genug. Göring stolzierte auf der Konferenze herum, verkündete die Nutzlosigkeit des Völkerbunds, und Hitler vollzog gegen Jahresende den deutschen Austritt. Weitere sollten folgen, und die vier Nationen, die aufrüsten wollten - Japan, Deutschland, Italien und die Sowjetunion - würden sich in wenigen Jahren im Krieg mit denen befinden, die es nicht wollten - Großbritannien, Frankreich und den USA.
Insgesamt war die Darstellung Jankowskis eine sehr interessante, die die internationale Lage der Jahre 1932 und 1933 gut darstellt. Weniger überzeugt war ich von der Grundthese des Buchs und der narrativen Rahmensetzung um die Abrüstungskonferenz in Genf, denn letztlich widerlegt Jankowski die eigene Idee, dass hier der Friede verspielt worden sei. Das würde ja voraussetzen, dass die Konferenz ernsthaft eine Alternative hätte sein können, aber alle Dynamiken, die er für die vier aggressiven Mächte beschreibt, weisen in die entgegengesetzte Richtung. Mit diesem Widerspruch setzt er sich aber nie auseinander, weswegen das Buch eher erklärt, wie die Welt auf den Kriegspfad geriet, als wie sie den Frieden verspielte.
Diese Setzung findet sich auch formal wieder. Jankowski schreibt in einer sehr lyrischen Sprache und legt viel Gewicht auf ein packendes Narrativ. Das macht die Lektüre sehr angenehn und flüssig, erzeugt aber gleichzeitig einen Eindruck von Unausweichlichkeit, der aus eben jener flüssigen, narrativ orientierten Sicherheit entsteht. Das ist nicht zwingend schlecht, aber eine bemerkenswerte Eigenschaft eines Buches, das ich insgesamt in jedem Fall zur Lektüre empfehlen würde.
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