Über den Umgang mit dem Argumentationswackelpudding von Wissenschaftsfeinden.
Der Argumentationswackelpudding von Wissenschaftsfeinden besteht aus den folgenden vier Aussagen, die gerne aus dem Hut gezogen werden, um eine nicht vorhandene Gleichwertigkeit irgendeines Hokuspokus’ zur Wissenschaft vorzutäuschen:
- «Aber die Wissenschaft weiss noch nicht alles»
- «Früher war die Wissenschaft auch fehlerhaft»
- «Es gibt eben so ‘ne Wissenschaft und so ‘ne Wissenschaft»
- «‘Deine’ Wissenschaft»
Sie versuchen so aus der Wissenschaft ein vermeintliches Glaubenskonstrukt zu verwandeln um es angreifbar zu machen.
Zeit für ein #Debunking!
1 «Jahaaaaa! Aber Wissenschaft weiss noch nicht alles!»
…ist der Versuch zu rechtfertigen, dass Lücken des Wissens durch Phantasiekonstrukte gefüllt werden. Wir wissen etwas nicht, also können wir diese Lücke nach Belieben mit Behauptungen füllen? Quatsch. Man muss sich manchmal einfach damit abfinden, etwas (noch) nicht zu wissen. Doch das bereitet einigen Leuten Schwierigkeiten. Besonders, wenn sie schon einem irrationalen Glauben verfallen sind, da fliegen die Globuli!
Außerdem: You can’t prove a negative. Wenn jemand behauptet, in den Wäldern Sibiriens wohne ein regenbogenfurzendes (und frierendes) Einhorn, kann man zwar davon ausgehen, dass das Quatsch ist. Man kann jedoch nicht beweisen, dass es nicht stimmt. Das ist auch nicht nötig, denn wer die Behauptung aufstellt, hat die Beweispflicht, und:
„Was ohne Beleg behauptet werden kann, kann auch ohne Beleg verworfen werden.“ (Christopher Hitchens)
2. «Früher war die Wissenschaft auch fehlerhaft»
Ja, früher war mehr Lametta! Diese Aussage wird einem oft ans Knie genagelt, damit der Diskussions-Geisterfahrer die Spielregeln über Fakten neu erfinden kann. Fakten können so in den Regen gestellt werden. «Die Wissenschaft hat sich bei X geirrt, also kann und darf auch Y und Z, ja sogar º°, ⛎ und # richtig sein»! Meistens wird dieser White-Noise aus dem Hut gezaubert, um irgendeinen Hokuspokus, der seit Jahrzehnten wie Kaugummi in den Denknieren von Zauberlehrlingen klebt, zu rechtfertigen. Wenn aber oben alles an die Firma Dogma und Söhne untervermietet ist, muss die Wissenschaft vor der Tür bleiben, und da ist jedes Mittel recht. Schwurbelphilosophen quatschen sich lieber einen Zahn locker als die eigene Position zu überdenken.
3. «Es gibt so ‘ne Wissenschaft und so ‘ne Wissenschaft»
So 'n Quatsch, Frau Roth! So ‘ne Wissenschaft ist keine Philosophie, kein Dogma. Sie ist die Methode intersubjektiv nachvollziehbaren Forschens und Erkennens, die ein begründetes, geordnetes und gesichertes Wissen hervorbringt.
Erfüllt es diese Kriterien, ist es eben «so ‘ne Wissenschaft», wenn nicht, ist es eben nicht «so ‘ne Wissenschaft», sondern bestenfalls eine Annahme.
Ginge der ganze Wissensschatz der Menschheit auf einmal verloren, käme man in ein paar hundert Jahren auf die gleichen wissenschaftlichen Erkenntnisse, es entstünden jedoch vermutlich ganz andere Dogmen, die wieder zahlreiche Zauberer und Kaninchen fänden.
Auch wenn, oder gerade weil sich die Wissenschaft im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelt hat, ist sie heute unvoreingenommen und die beste Methode, Wissen zu erlangen. Wenn sich etwas, das bisher als bare Münze genommen wurde, als falsch erweist, ist das aufregend. Die Wissenschaft hat die Aufgabe zu hinterfragen und eben offen, bedingungslos offen zu sein. Und diese Tatsache versteht das Geistesprekariat leider oft als Einladung, vorhandenes Wissen als “wahrscheinlich auch falsch” abzustempeln, um die eigene Wahrheit, jeden x-beliebigen Glaubenswahn, zu rechtfertigen und als Tatsache zu verkleiden.
4. «Deine Wissenschaft»
Echte Wissenschaft ist unparteiisch und universell. Sie passt sich keinem Glaubenskonstrukt an. Sie verlässt sich auch nicht auf Intuition, subjektive Erfahrungen oder Hören-Sagen, sondern prüft, welche Fakten es gibt, kombiniert daraus und zieht ihre Schlussfolgerungen. Diese müssen belegbar und reproduzierbar sein. Erfüllen sie diese Eigenschaften nicht, bedeutet es zwar nicht automatisch, dass die Annahme falsch ist, aber eben, dass es bloß eine Annahme ist. Aber: Was ist aufgrund des vorhandenen Wissens am wahrscheinlichsten?
Natürlich ist die Intuition, jede subjektive Wahrnehmung, nicht als ernstzunehmendes Argument tauglich, da sie keine wissenschaftliche Grundlage (und keine Überprüfbarkeit) bietet. Je komplexer die Frage, umso schwieriger wird es, sie intuitiv zu beantworten. Wenn man fragt, wie dick ein Zeitungsstapel würde, wenn man ein Zeitungspapier 100 Mal faltet, denken die meisten Menschen intuitiv, es sei etwa so dick wie ein Ziegelstein. Rechnete man es aus, käme man zu dem Resultat, dass der Stapel dicker würde als das ganze bekannte Universum. Wenn wir in den letzten 2000 Jahren eines gelernt haben, dann, dass der menschliche Sinn für Vernunft manchmal ein bisschen Hilfe braucht, den Boden unter seinen Füßen zu finden.
Diese Hilfe ist die Wissenschaft.
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