Sebastian Kurz kam einem Misstrauensvotum des österreichischen Parlaments zuvor. Letztlich hätte er die Wahl gehabt, entweder zurückzutreten oder sich abwählen zu lassen. Nach dem Ibizavideo der FPÖ zerbrach die Koaltion von ÖVP und FPÖ. Nach den dann folgenden Nationalratswahlen ging Sebastian Kurz für seine Kanzlerschaft ein Bündnis mit den Grünen ein.  Das Parlament in Wien hat 183 Sitze und 92 Stimmen hätten zur Abwahl von Sebastian Kurz gelangt.  71 Stimmen hat zwar die ÖVP, aber es mehrte sich auch Kritik aus der eigenen Partei. Kurz ist mit seinem Rücktritt nur seiner Abwahl zuvor gekommen.

SPÖ, Grüne und Neos haben selbst zusammen nur 81 Stimmen und hätten noch 11 Stimmen von FPÖ oder ÖVP gebraucht. Allerdings signalisierten die Grünen im Vorfeld, dass sie für die Bildung einer neuen Regierung eine Zusammenarbeit mit der FPÖ nicht mehr ausschliessen würden. Die FPÖ hatte sich von einer ursprünglich liberalen Partei unter Jörg Haider immer mehr radikalisiert und ist im Kern eine rechtsradikale Partei geworden. Unter Strache kam dann noch die Käuflichkeit und Korruption dieser Partei hinzu.

Die ÖVP verklagte die Wiener Wochenzeitschrift Falter, dass diese falsch berichten würde. Entgegen dem Begehren der ÖVP darf der Falter aber weiterhin schreiben, dass  „die ÖVP bewusst plane“, die gesetzliche Wahlkampfkostenobergrenze zu überschreiten, und "bewusst die Öffentlichkeit über ihre  Wahlkampfausgaben täuscht", wofür gemäß Urteil „ein entsprechendes  Tatsachensubstrat vorliegt“. (siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalratswahl_in_Österreich_2019)

Darüber hinaus laufen gegen Sebastian Kurz Ermittlungen: "Wenn die Verdachtsmomente der Korruptionsjäger stimmen, dann hat ein  enger Kreis um Sebastian Kurz frisierte Umfragen in einem Boulevardblatt  platziert und das Ganze unter Scheinrechnungen mit Steuergeld bezahlt“, sagte Eva Konzett dem Deutschlandfunk am 7.10.2021

Bei seinem Rücktritt behauptet Sebastian Kurz unschuldig zu sein und bedauerte es, dass die Unschuldsvermutung für ihn nicht gälte. Die Vorwürfe an sich sind allerdings nicht neu, sondern es steht eher im Raum, dass Kurz möglicherweise Ermittlungen gegen ihn verhindert hat. Am 12.05.2021 schreibt https://falter.at "Eine Anklage gegen ihn wäre, darauf deutet ein FALTER-Rundruf bei Staatsanwälten und Strafrechtsprofessoren hin, die die Akte gelesen haben, nur mehr durch Druck von oben zu verhindern."

Sebastian Kurz bleibt allerdings ÖVP Vorsitzender und mit seinem Rücktritt hat er lediglich einer Abstimmungsniederlage im Parlament vorgegriffen. Er hat seine Kanzlerschaft schon einmal verloren und kam nach Neuwahlen wieder in das Kanzleramt zurück. Ich nehme an, dass mit seinem Rücktritt die Ära Kurz nicht zuende ist. Erschreckend ist dabei insgesamt der Rechtsruck von Österreich, dass die Grünen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ nicht mehr ausschliessen.

Mit 102 Sitzen ist die Mehrheit im Nationalrat bei ÖVP/FPÖ und nur die Ibiza-Affäre hat zu einer Koalition mit den Grünen geführt. Sebastian Kurz ist ein Überlebenskünstler, der es immer wieder schafft, seine Beteiligung anderen zuzuschieben. Alexander Schallenberg, den Sebastian Kurz als Nachfolger vorschlägt, dürfte in seiner Strategie wohl nur erstmal Platzhalter sein. Zwar mag der Rückhalt in der ÖVP etwas zerbröckeln, aber die östereichische Volkspartei trat mit Liste Sebastian Kurz im letzten Wahlkampf an und ist ganz auf ihn im Wahlkampf zugeschnitten gewesen.

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