Klein und Wagner. Hermann Hesse in meiner Version

Selbstmord

Es  war kalt, klamm, die Boote liefen ein und aus am kleinen Hafen und nur  die angrenzende Dunkelheit konnte den Tag wärmen mit Sternenlicht. Er  ging voran am Steg. Wohl weil es in den Kammern der trüben Seele zu  blitzen begann. Er lief den kleinen Steg entlang. Suchte ein Boot, ein  freies Ruderboot und wollt in den ädernden Horizont. Nur sein Plan war,  weg vom Hier und Jetzt, fort von Dunkelheit und Martern, die sein Leben  für ihn barg. Er fand ein Boot, am Ende des Steges und bestieg es,  ruderte kräftig um in den See zu stoßén, wie wenn er ein Weib stoßen  wollte. Nunmehr nach etwas mehr als 1 Kilometer auf See, schmiss er die  Ruder fort, er wollte treiben, allein und denken, warum sein Weib nicht  mehr bei ihm weilte. Im Dorf hieß es, es wäre in seinen Armen verblutet,  als es eine Totgeburt zur Welt brachte. Ja, so war es wohl und er hatte  keine Angst. Keine.
Er setzte sich in die Nähe des Kieles, als er sich entschloss, da er nicht schwimmen konnte, zu springen.
Einst las er vom Tod, er würde kommen wie eine Silbe eines Psalms. Dann  geschah es. Er legte im Wasser, nicht mehr strampelnd, den Kopf nach  hinten, war bereit ihr zu folgen und in den ewigen Jagdgrund zu gehen.  Er ging unter, still wurde es.
Er begann, da er sich nicht mehr wehren wollte, Wasser zu trinken, zu  füllen seine Lungenflügel mit Schaum. Er war bereit. Doch: Es geschah  nicht das Endlose, sondern, anstatt er in den Himmel oder gen Hölle  fuhr, wurde das Wasser ein Brocken. Es gefror und das Wasser in seinen  Lungen wurde heiß. Er konnte wieder atmen. Das Wasser, das feste, führte  ihn nach droben, jedoch nicht zu Gott.
Er sah im tiefen Wasser, im Eis, Kristalle, man sah Engelskörper  schwebend, leicht bebend und er sah seine Frau und seinen Sohn, den sie  gebar.
Es war kein Blut an ihr, auch nicht dem Kind. Er hatte Feuer in seinen  Lungen und plötzlich übernahm er die Verantwortung, nahm die Beiden an  der Hand und stieß wie ein Drache mit seinem Atem das Eis hinfort. So  entstand eine Treppe aus dem Eis und der Grund des Sees wurde immer  weniger. Das heißt, er begann zum Ufer zu steigen...
Noch fünf Stöße und sie wollten Leben. Das Wasser wurde frei... Am  Strand umarmten sich beide, er umarmte das Kind und klingen im Ohr war  verklungen.
Er sprach nicht, er war glücklich...
Die Frau und der Sohn und er wurden glücklich.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute,

Uwe Kraus, den 07.11.22

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