Ich habe vor ein paar Tagen (am 28. Juni, um genau zu sein) die merkwürdige Analyse von Walach et al. besprochen. Hier noch einmal die übersetzte Zusammenfassung:

Die COVID-19-Impfstoffe wurden ohne ausreichende Sicherheitsdaten im Schnellverfahren geprüft. Wir wollten Risiken und Nutzen vergleichen.

Methode: Wir berechneten die Anzahl der benötigten Impfungen (NNTV) aus einer großen israelischen Feldstudie, um einen Todesfall zu verhindern. Wir griffen auf die Adverse Drug Reactions (ADR)-Datenbank der Europäischen Arzneimittelagentur und des niederländischen Nationalregisters (lareb.nl) zu, um die Anzahl der Fälle mit schweren Nebenwirkungen und die Anzahl der Fälle mit tödlichen Nebenwirkungen zu extrahieren.

Ergebnis: Für den von Pfizer vermarkteten mRNA-Impfstoff COVID-19 liegt die NNTV zur Verhinderung eines Falles zwischen 200-700, während die NNTV zur Verhinderung eines Todesfalls zwischen 9000 und 50.000 liegt (95% Konfidenzintervall), mit 16.000 als Punktschätzung. Die Zahl der Fälle, in denen Nebenwirkungen auftreten, wurde mit 700 pro 100.000 Impfungen angegeben. Derzeit sehen wir 16 schwere Nebenwirkungen pro 100.000 Impfungen, und die Zahl der tödlichen Nebenwirkungen liegt bei 4,11/100.000 Impfungen. Für drei durch die Impfung verhinderte Todesfälle müssen wir zwei durch die Impfung verursachte Todesfälle in Kauf nehmen.

Schlussfolgerungen: Das Fehlen eines klaren Nutzens sollte die Regierungen veranlassen, ihre Impfpolitik zu überdenken.

Ich wies damals darauf hin, dass die Analyse zutiefst fehlerhaft ist und ihre Schlussfolgerung unglaubwürdig erscheint. Zahlreiche Beobachter stimmten dem zu, und mehrere Mitglieder des Editorial Boards des Journals, Vaccines, das unverständlicher weise diesen Schrott veröffentlicht hatte, legten aus Protest ihr Amt nieder. Heute (am 2. Juli) hat die Zeitschrift reagiert, indem sie die Arbeit zurückzog. Hier ist meine Übersetzung ihrer Stellungnahme:

Die Zeitschrift zieht den Artikel "The Safety of COVID-19 Vaccinations-We Should Rethink the Policy" zurück.

Dem Herausgeber wurden ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Fehlinterpretation von Daten vorgetragen, die zu falschen und verzerrten Schlussfolgerungen führten.

Der Artikel wurde vom Chefredakteur mit Unterstützung mehrerer Mitglieder des Redaktionsbeirats bewertet. Sie stellten fest, dass der Artikel mehrere Fehler enthält, die die Interpretation der Ergebnisse grundlegend beeinflussen.

Dazu gehören unter anderem:

Für die Berechnung der Anzahl schwerer und tödlicher Nebenwirkungen pro 100.000 Impfungen wurden die Daten aus dem Lareb-Report (https://www.lareb.nl/coronameldingen) in den Niederlanden verwendet. Leider wurden diese Daten in dem Manuskript von Harald Walach et al. falsch interpretiert, was zu irrigen Schlussfolgerungen führte. Die Daten wurden von den Autoren als kausaler Zusammenhang mit den Nebenwirkungen dargestellt. Dies ist unzutreffend. In den Niederlanden sind Angehörige der Gesundheitsberufe und Patienten aufgefordert, Verdachtsfälle von unerwünschten Ereignissen zu melden, die mit der Impfung in Zusammenhang stehen könnten. Für diese Art der Meldung ist ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Ereignis und dem Impfstoff nicht erforderlich, daher ist ein gemeldetes Ereignis, das nach der Impfung aufgetreten ist, nicht unbedingt auf die Impfung zurückzuführen. Die Meldung eines Todesfalls nach einer Impfung impliziert also nicht, dass es sich um ein impfbedingtes Ereignis handelt. Es gibt mehrere andere Ungenauigkeiten in der Arbeit von Harald Walach et al. Eine davon ist ihre Behauptung, dass die Todesfälle von Fachärzten bescheinigt wurden. Selbst diese Unwahrheit würde nicht die Kausalität impliziert, die die Autoren unterstellen. Außerdem haben die Autoren die Ereignisse als "Wirkungen" und "Reaktionen" bezeichnet, obwohl dies nicht nachgewiesen ist, und solange die Kausalität nicht nachgewiesen ist, handelt es sich um "Ereignisse", die durch die Exposition gegenüber einem Impfstoff verursacht werden können oder auch nicht. Es spielt keine Rolle, welche Statistiken man da anwendet, dies ist falsch und irreführend.

Die Autoren wurden gebeten, auf diese Anschuldigungen zu antworten, waren aber nicht in der Lage, dies in zufriedenstellender Weise zu tun. Die Autoren wurden über den Rückzug informiert und äußerten sich damit nicht einverstanden.

In meinem Beitrag über das Papier, schrieb ich: „Die neue Publikation von Walach ist im wahrsten Sinne des Wortes gemeingefährlich. Je rascher sie zurückgezogen wird, desto besser.“ Ich bin erleichtert, dass die Retraktion schnell erfolgt ist. Das zeigt, dass der wichtige Selbstreinigungsprozess der Wissenschaft gut funktioniert. Zwei Fragen bleiben allerdings aus meiner Sicht noch offen:

  • Waren Walach et al. einfach nur inkompetent oder haben sie vorsätzlich versucht, uns in die Irre zu führen?
  • Wie viel Unsinn darf Walach noch veröffentlichen, bevor jemand das endlich unterbindet?

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