Wer in den sozialen Medien unterwegs ist, kennt das Phänomen: Beiträge werden geflutet von Kommentaren, die häufig jegliche Spur von Anstand oder Vernunft vermissen lassen. Ob Verschwörungstheorie, Rassismus, Xenophobie, Frauenfeindlichkeit, „Probleme“ mit LGBTQ, Nationalismus oder weiteres – die Hintergründe sind vielschichtig, gipfeln aber erfahrungsgemäß in – zumeist emotional aufgeladener – Hetze gegen bestimmte Personen oder Personengruppen.
Debattenkultur ist hier Fehlanzeige. Nicht, weil sie nicht gepflegt wird, sondern weil ein vernünftiger Austausch von Argumenten und Ansichten einfach nicht gewünscht ist. Die Situation scheint festgefahren.
Dennoch gibt es einige gute Gründe, besonnen zu reagieren und einen Kommentar zu formulieren, der den Versuch unternimmt, auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen beziehungsweise eine „Diskussion“ auf eine sachliche Ebene zu stellen.
Das mag naiv klingen, aber wie heißt es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Don’t feed the troll – begegnet ihm mit Argumenten!
Unruhestifter in den sozialen Medien: Was ist ein Troll?
Die Netiquette – eine Kombination aus Netz und Etikette – in den Social Media fordert einen höflichen Umgang miteinander ein. Die Plattformen selbst, wie auch einzelne Social Media Profile, weisen darauf hin, dass Beleidigungen und Co. fehl am Platz sind. Als nicht angemessene Art der Kommunikation können Trolle beispielsweise durch Ausschluss geahndet werden.
Woran man einen Troll erkennen kann? Als Trolle werden Personen bezeichnet, die
- Gezielt Kommentare als Provokation posten.
- Bewusst falsche Behauptungen anstellen und Fake News verbreiten.
- Andere Nutzer und Profile beleidigen und verleumden.
- Keine fundierten Inhalte oder Quellen benennen (können).
- Auf einschlägige Quellen mit unseriösem Hintergrund verweisen (Tipp: Prüft IMMER eure Quellen, teil niemals etwas voreilig oder im Affekt!).
- Vermeintliche Frustration äußerst aggressiv in Worte fassen (zumeist recht vulgär).
Warum lohnt es sich zu kommentieren?
Wer Paroli bieten möchte, hat es nicht leicht. So viel ist klar. Allzu schnell entsteht der Eindruck, dass man völlig allein steht, wenn man einem Troll einen Kommentar entgegensetzt. Außerdem bekommt man das Gefühl, dass die breite Masse offenbar die Position des Trolls unterstützt.
Ich weiß, wie frustrierend das sein kann. Man überlegt sich zweimal, ob man sich wirklich zu bestimmten Postings äußern sollte. Die Befürchtung, dass man einen Shitstorm heraufbeschwört, der nicht nur sehr ausufernd, sondern auch persönlich werden kann, ist leider begründet.
Die gute Nachricht ist allerdings: Es kann die Mühe durchaus wert sein. Statistisch gesehen ist es nämlich so, dass die meisten Menschen genauso fassungslos vor dem Bildschirm sitzen, wie ihr. Da sich niemand traut, etwas gegen Hetze, Verschwörungstheorien und Co. zu äußern, wird den Trollen eine Plattform geboten, die sie nicht verdient haben.
Stille Mitleser erreichen: Wir sind mehr!
Ein Teufelskreis entsteht: Es schleicht sich das Gefühl ein, dass die Hetzer in der Überzahl sind und eine Meinung vertreten, die auf breite Zustimmung trifft. So wird eine Normalität suggeriert, die es eigentlich nicht gibt.
Dagegen halten ist also gar nicht so verkehrt, oder was meint ihr? Was kann ein einzelner Kommentar denn schon erreichen, fragt ihr euch? Seht es mal so: Ihr kommentiert für die stillen Mitleser. Also für diejenigen, die sich nicht trauen, etwas zu posten. Oder die der ganzen Angelegenheit einfach überdrüssig sind.
Ich selbst finde es auch immer wieder ermüdend, bestimmte hohle Phrasen immer und immer wieder lesen zu müssen. Aber jeder Kommentar, der Haltung zeigt, sorgt auch für Zuversicht: Ihr seid nicht allein. Dass bestimmte Gruppierungen an Auftrieb gewinnen, stimmt zwar – erschreckenderweise –, trotzdem bilden sie aber nur einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung ab.
Rückgrat zeigen, Denkanstöße liefern
Es scheint ein Kampf gegen Windmühlen zu sein. Dennoch ist es möglich, den ein oder anderen, der sein Fähnlein der Einfachheit halber in den Wind hängt, zum Umdenken zu bewegen. Und sein wir mal ehrlich: Selbst, wenn man nur einer einzigen Person eine Alternative aufzeigen kann, hat sich der Aufwand gelohnt.
Ich würde sogar sagen: Ein mutiger Kommentar, der Trollen ein wenig Wind aus den Segeln nimmt, ist ein Akt digitaler Zivilcourage. Und davon können wir angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen eine Menge gebrauchen. Atmet also einmal tief durch und gebt dann couragiert den Anti-Troll!
Bildmaterial: Photo by Allie on Unsplash
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