Am Wochenende wurde vor allem  die Ostseeküste Schleswig-Holsteins von einer verheerenden Sturmflut heimgesucht. Ich konnte die Zerstörung durch die Naturgewalten hautnah miterleben.

Da wir selbst ein Ferienhaus an der Geltinger Buch (das ist ein Teil der Flensburger Förde) haben, haben wir den Sturm am Freitagabend live mitbekommen. Und das war in der Tat schon beängstigend, wie das ganze Haus ächzte, wie die Wellen meterhoch an die Küste brandeten und wie der Sturm alles, was nicht niet- und nagelfest war, durch die Gegend pustete.

Die Kombination aus sehr hohem Pegelstand und starkem Oststurm führte dazu, dass die schleswig-holsteinische Ostseeküste stark heimgesucht wurde. Nicht nur standen viele Häuser unter Wasser und wurden Boote, die noch nicht im Winterlager an Land waren, beschädigt, auch die Natur selbst hat einigen Schaden genommen.

Was sich uns am Samstagmorgen, nachdem der Sturm weitgehend abgeflaut war, da für ein Bild bot, habe ich auf einigen Fotos festgehalten. Die Bilder sind alle auf einem Abschnitt von vielleicht 500 Metern entstanden von unserer Ferienhaussiedlung aus in Richtung Süden, zunächst mal von oben auf der Steilküste – unten am Strand konnte man da noch nicht gehen, zudem waren die Zugänge auch nicht passierbar.

Die Reste dieses Brunnens standen am Tag zuvor noch vier bis fünf Meter weiter oben auf der Steilküste.

Die Treppe zum Strand runter wurde reichlich demoliert, zudem wurde ihr Fundament weggespült.

Dies war am Vortag noch der Zugang zu einer Rampe, die zum Strand runterführte.

Hier sieht man die Reste der Rampe, die unterspült wurde und deshalb auseinandergebrochen ist.

Das Meer hat sich in den Acker, der oben an der Steilküste ist, meterweit hineingefressen.

Ein Stück weiter dann ein noch größerer Einschnitt und Abbruch.

An der Drainage gab es dann einen richtig großen Abbruch.

Auch dieser Baum lag am Vortag noch nicht unten am Strand …

Der Parkplatz sieht aus wie ein Schlachtfeld.

Später am Tag gingen wir dann, als das Wasser sich weiter zurückgezogen hat, noch einmal unten am Strand entlang, sodass wir von dort aus in Augenschein nehmen konnten, wie die Sturmflut den gesamten Küstenabschnitt einmal quasi komplett umgestaltet hat.

Der Baum stand zuvor noch oben auf der Steilküste, die zudem überwiegend mit Strauchwerk bewachsen war.

Sehr großer Abbruch, der weit ins Land reinreicht.

Unterspülte Vegetation, die Küsten nun steiler und kaum noch bewachsen.

Noch ein großer Abbruch, der die Küste fast wie eine Mondlandschaft aussehen lässt.

Am Vortag war das noch eine intakte Treppe, die zum Strand runterführte …

Bis auf den harten Lehmboden wurde fast alles abgetragen.

Dies war mal ein Aufgang vom Strand nach oben, ein paar von den Steingitterplatten sieht man noch zwischen den Steinen hervorschauen.

Zum Glück sind bei uns in der Siedlung und auch sonst im Ort (zumindest nach meinem Erkenntnisstand) keine Gebäudeschäden oder gar verletzte Personen zu verzeichnen gewesen, aber die Verwüstungen an der Küste sind schon hart. Nachbarn von uns haben nun von ihrem Haus nur noch etwa vier Meter bis zum Rand der Steilküste. Und diese liegt nun auch weitgehend „nackt“ dort, sodass bei weiteren Stürmen kaum noch schützende Vegetation vorhanden ist, die einen weiteren Abtrag von Erdreich verhindern könnte.

Eine 93-jährige Nachbarin von uns, die ihr Leben lang an der Geltinger Bucht lebt, meinte, dass sie so etwas noch nie erlebt hätte. Mit Tränen in den Augen gab sie zudem zu, dass sie noch niemals Angst vor Sturm, Starkregen oder Gewitter gehabt hätte – aber dieses Mal war das dann doch der Fall.

Ich hab noch ein Video auf YouTube gefunden, dass unseren Küstenabschnitt und die dortigen Verwüstungen eingefangen hat. Gegen Ende, so in etwa bei Minute 3, sieht man dann, wie weit das Wasser ins Landesinnere vorgedrungen ist, wo keine Steilküste im Wege war: Das da rechts neben dem kleinen Wald ist nämlich kein See, der da immer ist, sondern das Meerwasser, was nicht zurückgeflossen ist.

„Da kann man nichts machen!“

Bei all der Fassungslosigkeit, die ich eigentlich bei allen Menschen vor Ort erlebt habe, ist doch immer wieder der Satz gefallen, dass man gegen solche Naturgewalt nichts machen könne.

Das stimmt natürlich, wenngleich an der Ostsee auch schon Küstenschutzmaßnahmen hätten durchgeführt werden können. Dass die Stürme dort nämlich heftiger und häufiger werden, zeichnet sich schon seit einigen Jahren ab. Aber bisher war Küstenschutz nur etwas, was an der Nordsee gemacht wurde – an der Ostseeküste in Schleswig-Holstein ist der sogar weitestgehend verboten. Und wie man jetzt sieht, müssten da vor allem dann richtig dicke Bretter gebohrt werden, beispielsweise mit wellenbrechenden Schwellen im Wasser oder so. Das, was man als Privatperson da machen kann, hält einem solchen Sturm nämlich in der Tat nicht stand.

Und: Man hätte schon seit vielen Jahren was machen können, nämlich Klimaschutz. Es ist ja auch keine ganz neue Information, dass der Klimawandel solche Ereignisse wie diese Sturmflut öfter und dann auch noch stärker auftreten lässt. Also könnte man zumindest jetzt was machen, damit solche Sturmfluten zukünftig nicht zur Regel werden. Die sogenannte Jahrhundertflut an der Ostsee ist schließlich nur zwei Jahre nach der Jahrhundertflut im Ahrtal und im gleichen Jahr wie der Jahrhunderthitzesommer in weiten Teilen Deutschlands geschehen. Das ist mit Sicherheit kein Zufall – denn zumindest wurde das ja von vielen Wissenschaftler auch genau so prognostiziert.

Aber offensichtlich ist das von der Politik praktizierte „Weiter so“ schon dermaßen in den Köpfen der meisten Menschen verankert, dass man gar nicht mehr auf die Idee kommt, vielleicht mal wenigstens alles zu versuchen, dass solche Naturkatastrophen zukünftig zumindest moderater ausfallen könnten.

„Klimaschutz können wir uns nicht leisten!“

Das ist ja etwas, was ich immer wieder zu hören bekommen von neoliberalen Politikern und den entsprechenden Medien: Klimaschutz muss man sich auch leisten können.

Was das für eine ausgesprochen kurzsichtige Sichtweise ist, wird nun mal wieder mehr als deutlich. Die Aufräum- und Instandsetzungsarbeiten dürften nämlich eine ganze Stange Geld kosten, mal von der ehrenamtlichen Arbeit vieler Helfer ganz abgesehen. Ein Artikel vom RedaktionsNetzwerk Deutschland spricht zumindest schon mal von „hohen Millionenbeträgen“.

Nun ist es meiner Ansicht nach immer sinnvoller (und in der Regel auch kostengünstiger), geplant präventiv tätig zu werden, als aktionistisch dann vorhandene Schäden möglichst schnell irgendwie wieder beseitigen zu müssen, wenn das Kind dann tatsächlich in den Brunnen gefallen ist.

Denn die Klimakrise ist mittlerweile auch bei uns angekommen und lässt uns hier spüren, dass das nicht nur bedeutet, dass es eben ein bisschen wärmer wird. Es wäre also an der Zeit, endlich mal auf die Wissenschaft zu hören und Klimaschutz an die erste Stelle der politischen Prioritätenliste zu setzen.

Solange das nicht der Fall ist, kann man – auch wenn sich das nun etwas zynisch anhört – nur hoffen, dass die nächsten Katastrophen nicht dort eintreten, wo man selbst lebt, sondern irgendwo anders.

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