Wenn man eine Jobbeschreibung des idealen Politikers aufstellen müsste, weil man dieses Aufgabenprofil in der freien Wirtschaft ausschreibt und nicht als Wahlamt durch die Bürger gewählt wird, dann würde eine solche Jobbeschreibung wahrscheinlich wie folgt aussehen: Wir suchen jemanden, der weder lacht, weint, noch irgendeine Emotion zeigt, jedes noch so fachunkundige Thema der deutschen Politik mit der Seriosität eines Fachexperten herüber bringt, aber gleichzeitig glaubwürdig dabei bleiben kann, selbst wenn der Außenpolitikexperte über die Erntedauer von Kichererbsen reden soll, der nicht laut wird, der sich nicht provozieren lässt, der rein analytisch und am besten nur von der Wissenschaft motiviert vorgeht, der keinen Glauben hat, der Ideale hat, aber nur die richtigen, der über jeden Zweifel erhaben moralisch integer ist. Und gleichzeitig zu all dem soll er natürlich nahbar und menschlich bleiben, wie der freundliche Nachbar von nebenan, der seine ehrliche Meinung sagt, der keine Phrasen drischt und der am Ende immer zu seiner Haltung steht, egal wie viel Gegenwind ihm entgegenbläst. Ein Mensch wie du und ich, nur frei von Schimpf und Tadel.

Liest sich wie ein Widerspruch? Nun, das scheint gemeinhin der Anspruch der Bevölkerung an die Politik zu sein. Wenn sich über Armin Laschets Lacher im unpassenden Moment echauffiert wird, dann passiert dies mit einer Ernsthaftigkeit, als hätte man der Queen von England auf den Teppich geschissen. Angefeuert durch Soziale Medien, vermeintliche Experten und tausende Pseudoexperten mehr, die alle „im Nachhinein alles besser gewusst hätten“ verschärfen noch den Eindruck. Und doch, wenn ich an Haustüren klingele oder auch anderweitig mit Familie, Verwandtschaft und Co. Ins Gespräch komme, dann vermissen viele Menschen gleichzeitig die Nähe, die klaren Ecken und Kanten, der Charakter in der Politik. Politiker seien austauschbare Roboter, ist ein oft gehörter Kritikpunkt, und ich finde ihn nicht einmal falsch. Aber ist es denn so verwunderlich, wenn man sich die Aufgabenbeschreibung oben nochmal durchliest? Keine Emotion, keine Fehler, keine Ecken und Kanten. Everybodys Darling wird erwartet – und dann kritisiert man abgelesene Aussagen, abgedroschene Phrasen, das Entlanghangeln an immer gleichen Textbausteinen.

Unsere politische Kultur fördert die Angepassten – nicht die klügsten und kreativsten

Wir haben uns eine politische Kultur, über alle Parteien hinweg, geschaffen, die in der Regel nicht denjenigen belohnt, der eine aufrechte Haltung hat und seine Meinung sagt, sondern den, der am besten überhaupt keine eigene Meinung vertritt und zum perfekten Füllhorn der politischen Agenda wird, zu allem was gerade aktuell en vogue ist oder zu sein scheint. Politik ist für diese Menschen kein Handwerk, was man erlernt und wo es am Ende um Meinungsaustausch geht. Diese romantische Ansicht auf die Politik als der Kampf um die beste Idee in einem fairen Wettstreit verfliegt meistens recht schnell. Nein, Politik ist heute eine Wissenschaft für sich, und ich meine nicht unbedingt die Politikwissenschaften als solche. Unsere politische Kultur zieht Menschen an, für die politische Positionen am Ende keine Überzeugungstat, sondern Zahlen in einer Umfrage sind. Bin ich für Position A oder B – das ist keine Frage moralischer Überzeugung mehr, sondern +1 oder -3 Prozent in den Wahlergebnissen, „sagen jedenfalls die Demoskopen“. Was früher noch ein Bauchgefühl war, ist heute vermeintlich analysierbar, messbar, und vor allem: beeinflussbar. Dadurch richtet sich nicht nur die politische Kultur nach den Angepassten, auch die Weitsichtigkeit politischer Entscheidungen geht verloren. Wer nur noch auf den nächsten „needle mover“ wartet, der verliert den Blick aufs große Ganze.

Und so sind auch verschiedene Patzer der jüngeren deutschen Politik zu erklären, für die man es sich jetzt einfach machen und im Nachhinein einzelnen Akteuren die Schuld geben könnte. Oder von Volksverrätern schwadronieren, darüber pöbeln, das heute nur noch Betrüger und Kriminelle und generell nur der menschliche Abschaum in der Politik unterwegs sind – das ist aber wenig zielführend und dieser populistische Unsinn kommt jedem politisch irgendwie aktiven Menschen nicht nur zu den Ohren heraus, sondern ist auch immer gleich ein direkter persönlicher Angriff. Denn: Warum macht man das? Warum ist man in der CDU, in der SPD, in der FDP oder sonst wo? Wieso tut man sich das an? Geht es einem um Posten, weil man in der freien Wirtschaft nichts gerissen kriegt? Geht es um Ideale? Geht es um einen unverbesserlichen Optimismus, den Menschen Gutes zu tun? Der vielleicht beste Werbespot der CDU in den letzten Jahren kommt fast ohne konkrete Inhalte aus, sondern will einfach nur dieser Frage auf den Grund gehen, warum man sich das antut. Den ganzen Ärger, den Stress, die Wut über Entscheidungen außerhalb der eigenen Reichweite und Beeinflussbarkeit – wofür machen wir das alles eigentlich. Und ich finde, das fragt man sich in der Politik heute viel zu selten.

Wer in sich geht, vor allem als politisch aktiver junger Mensch, ggf. am Anfang seiner Karriere, der wird wahrscheinlich feststellen, dass die Motive für den Grund sich politisch zu engagieren sich ändern, dass sie keine Konstante sind, sondern von Erfahrungen, Erfolgen, Rückschlägen und dem Zurücklassen von Naivität und initialen romantischen Vorstellungen über Politik geprägt werden. Die Ideale, weswegen man einmal bei der Jungen Union, bei den Jungliberalen oder anderen Parteien und Jugendorganisationen unterschrieben hat, fallen – vor allem wenn man Erfolg haben will – der politischen Realität zum Opfer. Wer das Spiel versteht, wechselt seine Allianzen, wechselt seine Positionen, passt sein Verhalten an die aktuelle Lage an – kurz: man fängt an, strategisch zu denken. Daran ist nichts Schlechtes, es geht in der Politik in einer Demokratie am Ende immer um Mehrheiten. Mehrheiten entscheiden darüber, ob sich deine Idee durchsetzt oder ob du unterliegst. Und Ideen setzen sich nicht allein deshalb durch, weil sie die „objektiv besten“ sind – diese Illusion legt man besser schnell ab. Dadurch entsteht nach außen nicht selten das Bild einer Parallelwelt, in der nur gelogen, gepöbelt, betrogen und sich gegenseitig hintergangen wird – oft auch geprägt durch Serien wie „House of Cards“ oder „Borgen – gefährliche Seilschaften“. Und so gerne ich als politisch schon mehrere Jahre aktiver junger Mensch sagen möchte, dass dies übertriebene und überzogene Darstellungen sind, so gefährlich nah an der Realität sind sie dann oft doch.

Sich ehrlich zu machen ist entscheidend, um in diesem Spiel nicht seine Seele zu verkaufen

Für viele Menschen ist daher Politik nichts – und das ist in Ordnung. Oft verschreckt durch die Darstellungen in Serien, aber dann nicht selten auch durch politisch aktive Menschen in ihrer Umgebung sehen sie in Politik nur noch die Schlangengrube, die aus dem Menschen nur das schlechteste hervorholt. Und man kann es ihnen oberflächlich betrachtet auch nicht verübeln. Der Reiz von Politik, gerade wenn man es aktiv betreibt, der Reiz, wenn eine Intrige aufgeht und wenn ein Plan funktioniert, der Zusammenhalt, wenn es mal schlecht läuft, die Identifikation mit Menschen, die man nur durch ihre politische Selbstbestimmung überhaupt wirklich kennt – all das ist nichts für jedermann und drückt eine Faszination aus, die nicht jeder verstehen kann oder will.

Und doch verschwindet der Idealist, der irgendwann einmal in eine Partei eingetreten ist, mal mehr oder weniger schnell hinter parteiinterner Binnenlogik. Dies zu erkennen und sich im richtigen Moment eine Eigenständigkeit zu erhalten, das ist die schwerste Aufgabe von allen, denn sie erfordert in einem Konstrukt, dass in der Regel auf Mehrheitsaggregation ausgelegt ist, einen Individualismus, den man sich in einer Partei nicht selten erst erarbeiten muss. Und hier scheitern viele Menschen, die sich ihre Eigenständigkeit bewahren wollen und dann entnervt aufgeben, weil das Parteisoldatentum angeblich zu stark würde. Ich habe diese Werdegänge schon oft erlebt und auch wenn Parteien fast evangelikale Überzeugungstäter und karrierefixierte, inhaltlich flexible Menschen anzieht, ist es oft doch die soziale Struktur der Partei, die nicht verstanden wurde, die zu einem Scheitern eines solchen politischen Engagements führen. Es reicht halt nicht aus, sich immer nur als der Querkopf zu verstehen, der prinzipiell alles anders sieht, weil das so ein großer Gewinn für die Partei wäre.

Querköpfe, die ausschließlich alles schlecht finden, fragt man irgendwann dann auch zurecht, ob sie denn wirklich in der richtigen Partei gelandet sind (an diesem Punkt ein paar hassliebende Non-Mentions an Twitter). Man muss den Balanceakt lernen, im richtigen Moment „Parteisoldat“ und im anderen Moment seine freie, persönliche Meinung zu bestimmten Punkten zu äußern. Das Pendel kann, in die eine oder andere Richtung schwer ausschlagen und den richtigen Mix zu finden, das ist schwer. Und den Widerstand in der Partei auszuhalten, gegen vielleicht eine gelebte oder eingebildete Mehrheit, das ist schwer. Seine Position zu halten, seine Meinung selbstbewusst zu vertreten – das alles ist sehr schwer, und deshalb ist es für viele wohl auch einfacher, ihre persönliche Meinung durch die ihrer Partei zu ersetzen und zu einem reinen Sprachrohr der Parteilinie zu werden. Ich führe das deshalb aus, weil es mir nicht darum geht, per se charakterliche Schwäche daran festzumachen, oder in diesem Text den alleinigen schuldigen für die in meinen Augen missliche Lage der aktuellen Politikriege darüber zu identifizieren. Es ist nur ein Teil der politischen Kultur, der genau das forciert, wenn man nicht als meinungsstarker, in Diskussionen dominant auftretender Mensch erzogen wurde oder diese Neigung an sich hat, gerne alles auszudiskutieren. Und es scheint ja verlockender, auf Parteilinie zu schwimmen, das bringt Aufmerksamkeit, Chancen, vielleicht einen Job in der Parteistruktur selbst, Seilschaften, Freundschaften. Wer hingegen bei seiner eigenen Meinung zu offensiv wird, wird gerade innerhalb von Parteistrukturen ganz schnell zum Nestbeschmutzer, Verräter oder als Aussätziger behandelt.

Auch dies scheint binnenlogisch richtig zu sein: Wer gegen die Partei arbeitet, kann nicht ihr bestes im Schilde führen. Seine konsequente Ausgrenzung ist für den Erhalt der Partei also notwendig und die dahinterstehende Substanz der Kritik kann ignoriert werden. Oder? Natürlich gibt es hier zwar wieder eine Abstufung und oft sind es diejenigen, die ja eben deshalb so energisch und emotional kritisieren und bemängeln, die es aus einer ehrlichen Überzeugung für die Partei heraus tun. Dennoch haben es reine Überzeugungstäter schwer, denn sie wechseln ihre Meinung nicht nach Umfragen oder volatilen politischen Fragestellungen und je nach Tageslage. Zusammengenommen scheint aber ja auch von einer strategischen Position gesehen es objektiv die richtige Option zu sein, eher Parteisoldat als Querulant sein zu wollen. Vor allem, wenn man sich von seiner politischen Karriere irgendwann auch ein Leben und eine Existenzgründung ermöglichen will.

Gemeinsam in den Abgrund – Grenzen der Binnenlogik

Was aber passiert, wenn durch diese Binnenlogik, die fast in jeder Partei existiert, wenngleich mit anderer inhaltlicher und moralischer Fragestellung, dann aber alle im Fluss dem Anführer folgend Richtung Abgrund schwimmen? Genau mit diesem Phänomen kann man im Ansatz erklären, warum Parteien oft sehenden Auges und trotz der Weitsichtigkeit einiger weniger ins Verderben geraten. Denn eine Kultur, die nur den angepassten belohnt und den Querulanten per se bestraft und nicht ernst nimmt, die kann nicht darauf reagieren, wenn die Anpassung komplett in die falsche Richtung geht. Und sie ist zudem anfällig für externe Beeinflussung.

Und hier kommen wir alle, alle Wähler, alle Bürger dieses Landes zurück ins Spiel: Wir beeinflussen diese Binnenlogik ja parteiübergreifend und teilweise spezifisch pro Partei ja auch noch. Gerade in diesem Wahlkampf wird eine Entmenschlichung der Politik in einem Ausmaß deutlich, die erschreckende Formen annimmt und für die die „große Politik“ aber fairerweise auch eine Mitschuld trägt, weil sie dieses Verhalten teilweise belohnt. Für dich, der du das Wahlplakat der „Scheiß CDU“ abreißt, weil ein Typ mit blauen Haaren gesagt hat, dass das alle korrupte Dreckschweine sind, ist es ein Ausdruck der Unzufriedenheit mit der Politik dieser Partei. Du hast vielleicht keine große Ahnung warum, aber zehn Seiten PDF mit Quellen reichen dir als Argument aus, ist ja gut recherchiert.

Auf der anderen Seite steht jedoch ein Mensch, der aus Überzeugung Politik macht oder mal aus Überzeugung angefangen hat Politik zu machen. Der bis spät in der Nacht Plakate klebt, während du Fortnite zockst, schon mit 16 in der JU politisch aktiv war und in warmen, stickigen Versammlungshallen über Anträge und teils hochkomplexe politische Sachverhalte diskutiert und sich im ewigen Geltungskampf mit Leuten aus der Mutterpartei befindet, die wahrscheinlich allesamt seine Groß- oder Eltern sein könnten.

Wir sind so darauf angefixt, Menschen, die mit ihrem Gesicht für eine Partei einstehen, mit der dahinterstehenden Politik zu identifizieren, dass wir plötzlich zu Dingen bereit sind, die wir nicht tun würden, wenn diese Person vor uns steht oder unser Nachbar wäre. Und warum ist das so? Ich glaube, weil es eben genau das Resultat des am Anfang beschriebenen Anforderungskatalogs des Idealpolitikers ist. Denn hier schließt sich der Bogen zur Einleitung: Wer Politikroboter will, der bekommt diese auch. Und die parteipolitische Binnenlogik forciert diese Entscheidung sogar noch. Wer jedoch den Mund aufmacht – was auf der anderen Seite aber auch als Vorwurf dann an den Haustüren an dich herangetragen wird, dass man das ja eh viel zu selten täte – der wird abgestraft.

In den Medien wird eine „freie Schnauze“ aus Politikermund fast immer sanktioniert.  Jedes Wort landet auf der Goldwaage, jede noch so undurchdachte Aussage, jedes unvorteilhafte Bild, jedes gesprochene Wort, welches im falschen Kontext eine falsche Idee wiedergibt, nichts ist sicher davor, nicht politisch oder auch einfach nur für einen Lacher, für ein Meme oder eine andere Verächtlichkeit missbraucht zu werden. Ein Vorwurf oder ein Sachverhalt, vor der sich niemand freisprechen kann, VOR ALLEM nicht Parteimitglieder. Je höher in der politischen Rangordnung, desto schlimmer wird es.

Das Resultat sind nur noch abgeschliffene Statements und um fast jegliche Persönlichkeit beraubte Politdarsteller, die sich bei jedem öffentlichen Statement anhören als hätten sie einen Teleprompter mit Direktleitung zur Parteizentrale im Kopf verbaut. Das, was man vordergründig nicht will, ist das, was man bekommt, weil man jedes Blatt, jede Zeile in einem Lebenslauf umdreht und nachschaut, welche Leiche im Keller liegt. Wenngleich dies auch damals schon der Fall war und Intrigen, Schlammschlachten, mediale Hetzkampagnen und Co. Auch alles irgendwo schon immer mit dazu gehörte – selten hat dies so deutlich an Dynamik, Drastik und auch unverzeihlicher Ausfälle und Spitzen gewonnen wie durch Soziale Medien und das Internet im Allgemeinen.

Wo man früher noch wie bei einem Spiel am Ende sich die Hand gab und dann ein Bier zusammen trinken gegangen ist, da ist heute der Auswurf von unverzeihlichen Rufschädigungen scheinbar schon ein Teil des guten Tons im politischen Wettbewerb. Unter „Du Nazi“ oder „Du rechtsradikaler“ macht man es in der politischen Auseinandersetzung nicht mehr. Das hat viele Gründe, die den Rahmen sprengen würden, manche sagen,  die AfD hat die Debatte verroht, andere sagen die Debatte verroht auch immer mehr durch ideologische Importe von Ideen aus den USA wie Intersektionalismus, critical whiteness oder Woke- und Cancel-Culture, die Intensität verroht aber auch den Umgang der Politik untereinander zunehmend. Da wird sich nicht für falsche Antisemitismusvorwürfe entschuldigt, da wird gehofft, dass genug Scheiße kleben bleibt, damit es trotzdem weiterhin stinkt.

Ein Plädoyer für einen neuen Politikstil – Zurück zu wertebasierter Politik

Everybodys darling ist everybodys depp. Dieses Zitat vom in konservativen Unionskreisen legendären Franz Joseph Strauß begleitet mich in diesen Tagen und beim Schreiben dieser Zeilen immer und immer wieder. Ich denke wir haben als CDU, aber auch als Politik als solches ein wenig aus den Augen verloren, was überhaupt Demokratie bedeutet, was eine Volkspartei ist, was die Aufgabe von Politik ist und am Ende auch die Frage, wer hier eigentlich wem dient: Der Bürger der Politik, oder die Politik dem Bürger? Eine zentrale Frage bei meinem Plädoyer für einen neuen Politikstil, und hier wird es dann doch parteipolitisch, ist die Frage danach, was eine Volkspartei sein soll. Ich glaube ein Teil des Problems ist heute tatsächlich, dass viele Menschen, und viele Unionsmitglieder eingeschlossen, denken eine Volkspartei bedeutet, allen Menschen ein politisches Angebot machen zu können: Jeder soll sich dort wiederfinden. Und ich glaube, dass dies der falsche Ansatz ist.

Volkspartei heißt, einen breiten Durchschnitt der Gesellschaft abzubilden, aber NICHT, dass jeder Mensch in diesem Land einen Grund finden können soll, unbedingt diese Volkspartei zu wählen. Dem linksradikalen Hausbesetzer, der am liebsten alle Wohnungen in seiner Stadt enteignen und den Sozialismus wieder einführen könnte, dem können wir genauso wenig ein Angebot machen wie dem Libertären, für den das Entrichten jeglicher Steuern Raub ist. Everybodys darling ist everybodys depp – ich finde dieses Zitat zeigt genau, was mit den Volksparteien passiert und passiert ist, und warum sie für ganz viele Menschen mittlerweile nur noch eine Lachnummer sind. Ich bin fest davon überzeugt, die meisten Menschen wählen nicht aufgrund von konkreten Inhalten. Die Wahlentscheidung hängt nicht davon ab, ob man jetzt 1,5% oder 2% mehr Finanztransaktionssteuer fordert. Ob man den Mindestlohn um 50 oder um 90 Cent anheben will, ob man 2038 aus der Kohle aussteigt oder willkürliche andere Zahlen in den Raum wirft. Was wollen die Menschen wirklich, wo versagt die aktuelle Parteienlandschaft so dermaßen, dass eine nicht unerhebliche Anzahl an Menschen bei der mit Waffe vorgehaltenen Frage „Wen wählen sie - Scholz, Baerbock oder Laschet“ lieber sagen würde „na komm, drück ab“?

Ich glaube bei dem Fehlen einer wertebasierten Politik. Bei Werten wie Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit, Standfestigkeit und Authentizität. Warum hat zum Beispiel in Sachsen-Anhalt die CDU die Wahl gewonnen? Amtsinhaber-Bonus? Sicher auch das, aber vor allem weil die CDU dort Wort gehalten hat. Ihr wollt keine Erhöhung des Rundfunkbeitrags? Okay, wir lösen dafür sogar fast eine Staatskrise aus und lassen uns wochenlang für diese Standfestigkeit als AfD-Nazis beschimpfen! Aber am Ende hat der Wähler auch diese wertebasierte Politik gelobt, belohnt und die Anwürfe von einem Jahr zu vor sind bei dem Erfolg vergessen. Hätte Haseloff Demoskopen befragt, politische Berater oder gar die Berliner Blase – man hätte ihm davon abgeraten. Und dennoch belohnt der Wähler sehr deutlich, wer seine Haltung behält.

Deshalb muss Politik auch wieder wertebasiert stattfinden. Ich glaube Politik wieder mehr nach dem Bauchgefühl zu machen, mit für sich genommen festen Regeln und einem klaren ideologischen, in sich logischen Fundament, das wird mehr honoriert als das ständige Hinterherlaufen nach dem nächsten Trend. Die CDU muss nicht versuchen, grüner als die Grünen zu sein, sich einen Wettkampf darum zu liefern einen möglichst unrealistischen Ausstiegstermin für Kohleverstromung zu finden, oder sich einer Organisation anbiedern, die nichts als Verachtung für die CDU und am Ende auch für unseren Rechtsstaat übrighat. Weil sie im Reden, Diskutieren und dem Austausch der besten Idee nur noch eine lästige Zeitverschwendung zum vermeintlich notwendigen, sofortigen, drastischen und ggf. auch rechtswidrigem Handeln als Alternative sieht und sehen will. Solchen Menschen können wir kein Angebot machen.

Aber eine CDU, die klipp und klar erklärt, warum es nicht anders geht, warum wir eben NICHT willkürlich aussuchen, wann wir aus der Kohle aussteigen, warum wir eben NICHT aus reiner Böswilligkeit sondern essentiell wegen dem kurzsichtigen und völlig planlosen Atomausstieg gar nicht groß anders können, wenn wir als Union nicht jeden Tag die Meinung ändern und unser politisches Handeln nur nach Demoskopen und Umfragen ausrichten – das ist eine CDU, die vielleicht nicht für das ganze „Volk“, nicht für jede Meinung einen Platz hat, aber für die meisten. Und die meisten Menschen in diesem Land, die kümmern sich nicht um gendergerechte Sprache, Quotenregelungen und anderen akademischen Schnickschnack. Die Mehrheit in diesem Land steht nicht links, und linke Mehrheiten sind in diesem Land auch nur deshalb möglich, wenn das bürgerliche Lager versagt, wenn es auf die linken Fallen hereinfällt, wenn es glaubt, Partikularinteressen über die der Mehrheit zu stellen, würde honoriert werden.

Nein, ich glaube, eine CDU, die den Menschen aufrichtig und klar sagt, was sie will, die auch mit dem Lutheranischen Ethos eines „Hier stehe ich und kann nicht anders“ ihre Positionen vertritt, die streitbar und fair bleibt, aber sich andererseits auch nicht alles gefallen lässt – eine solche wertebasierte Politik kann erfolgreich sein und wird erfolgreich sein.
Und wenngleich dies am Ende mehr ein Appell an meine Partei geworden ist, so ist der Wunsch danach, öfters auch an den Menschen hinter dem Plakat, hinter dem Video, hinter der Partei zu sehen und im Zweifel nicht von böswilligem Handeln, sondern von einer konkreten Überzeugung auszugehen, die diesen Menschen dazu bringt, diese Position zu vertreten.

Wenn dies dann auch aus Überzeugung, und nicht aus Kalkül und Umfrageergebnissen besteht, dann wird das auch wieder mehr Leuten leichtfallen, Politik als integralen Bestandteil des Lebens anzusehen und nicht als nervigen, abgründigen und außenstehenden Aspekt, quasi ein periodisch notwendiges Übel des demokratischen Zusammenlebens. Das Herz einer Demokratie sind die Menschen, die bereit sind, sich für sie einzusetzen, nicht die, die zuhause herumsitzen und über alles nur meckern können, ohne es selbst besser machen zu wollen. Denn ansonsten heißt es am Ende:

Es ist zwar nicht die Regierung, die Deutschland braucht, aber es ist die, die Deutschland verdient.