Der Imperativ, sich bittesehr gesund, ausgewogen, aus frischen Zutaten zu ernähren und, wenn überhaupt mal, dann bitte nur ganz selten mal ganz hochwertiges Fleisch zu essen, mag aus ökologischer und physiologischer Sicht vernünftig sein. Nur haftet dem unter kapitalistischen Rahmenbedingungen auch immer ein unangenehmer Klassenaspekt an. Das empörte Fingerzeigen auf billiges Grillfleisch im Discount erinnert durchaus nicht zufällig an die empörte bildungsbürgerliche Frage, ob denn jetzt wirklich jeder Abitur machen und studieren müsse (will heißen: Die Welt war doch völlig in Ordnung, so lange im wesentlichen nur unsere Kinder diese Privilegien hatten und wir bestimmten, wer aus den niederen Ständen 'es schaffte').

Irgendwas teurer zu machen, gilt als Königsweg. Fürs Klima, für die Gesundheit, für alles. Den Leuten im Portemonnaie weh tun. Praktisch daran ist  natürlich, dass die Gruppen der Bevölkerung, die das am lautesten fordern, davon meist nur wenig betroffen sind bzw. über die Mittel verfügen, sich aussuchen zu können, ob sie da mitmachen oder nicht. Hat irgendein:e Abiturient:in aus gutem Hause auf den Flug ins Gap year verzichten müssen, bloß weil Flugreisen teurer geworden sind? Klimasäue sind im Zweifel nur die Prolls, die zehn Tage nach Malle zum Saufen fliegen. Man selbst bildet sich schließlich auf Reisen. Da pupt der Flieger nur Luft und Liebe aus den Turbinen.

"Reisen dient dem Tapetenwechsel, der Befriedigung von Neugierde, dem Dazulernen, aber  gerade letzteres ist nicht jedem gegeben. Mancher kommt blöder nach Haus als er abreiste." (Vincent Klink)

Im Moment scheinen Kreuzfahrten das ganz große Ding zu sein. Höre ich jedenfalls so um mich herum. Durchaus auch von Klimabewegten. Wir machen ja demnächst ne Kreuzfahrt. Wir haben ja jetzt auch ne Kreuszfahrt gebucht. Weist man darauf hin, dass das überhaupt nicht gut fürs Klima sei, die Pötte arge Dreckschleudern, auf denen zudem Billigpersonal aus Fernost ausgebeutet wird wie im Manchester des 19. Jahrhunderts, dann --

Verlegenes Kichern. Na jaaaaaaaaaa, stimmt schon, irgendwie. Aber schau mal, wir machen das vielleicht einmal im Leben, da fällt das doch gar nicht so ins Gewicht. Außerdem muss man sich auch mal was gönnen nach dem Lockdown-Scheiß. Schon klar.

Fleisch zu verteuern ist gerade in der Mache. Wegen Planet. Und Tierwohl. (Was wetten wir, dass die Preissteigerungen nicht bis zum Stall durchgereicht, sondern größtenteils beim Handel hängen bleiben werden?) Als nächstes kommt wohl Alkohol dran. Auch der muss unbedingt teurer werden, heißt es. Wegen Volxgesundheit. Auch da ist es wie mit den Parkknöllchen. Dem wohlhabenden Porschefahrer tut es nicht wirklich weh, dreißig Euro fürs Parken im Parkverbot vor dem Edelitaliener berappen zu müssen. Wer hat, der wird auch weiterhin fröhlich seiner im Zweifel als Whisky- und Weinkennertum bemäntelten Zwitscherei frönen.

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