Der Zorn der Götter sollte Australiens Regierung strafen. So oder so ähnlich dachte Overlord Mark Zuckerberg dem Vernehmen nach, als er Australien mit einem Nachrichten-Blackout belegte, weil die australische Regierung für ihre Verlage eine Gewinnbeteiligung aushandeln wollte. Denn Facebook verdient sein Geld fast ausschließlich mit Content, der von anderen Menschen im Schweiße ihres angesichts erarbeitet wurde. So informieren sich nicht wenige, in dem sie morgens die Headlines in ihrem Facebook-Feed studieren. Der Plan: Australiens Bürger sollten abgeschnitten von Facebook mit Fackeln nach Canberra ziehen. Aber die Australier sind keine US-Amerikaner und so dachten sich die meisten nur: WTF, Mate?

Die Wut auf Verlage ist aus Zuckerbergs Sicht absolut berechtigt: Journalistische Inhalte verstopfen die Server und ziehen kaum Interaktion nach sich. In der Welt von Zuckerberg unterscheidet sich gut von schlecht im Grad des User-Engagements. Guter Nachrichten-Content wird massiv kommentiert und geteilt und kostet in der Herstellung wenig. Ein perfektes Beispiel ist ein Video von einer Einzelperson, die erklärt, dass die Bundesregierung vom Weltfinanzjudentum gesteuert wird. Schaut man sich nur die Zahlen an, im Silicon Valley an, erscheint so ein Nachrichten-Inhalt in hoher Schlagzahl, weil er günstig herzustellen ist und überdurschnittlich viele Kommentare und Shares nach sich zieht. Würde man sich den Inhalt zu Gemüte führen… kein Mensch bei Facebook interessiert sich für Inhalte.

Journalistische Inhalte sind für Digitalplattformen ineffizienter Datenmüll. Es frisst die gleichen Serverkapazitäten, aber das Engagement ist in der Regeln sechsmal geringer als der Finanzjudentum-Content. Und jetzt kommen diese Schmeißfliegen auch noch an und wollen Geld! Weil Journalismus Geld kostet. Journalistische Inhalte wollen nicht spontan erdacht, sondern recherchiert werden. Dahinter steckt eine ganze Infrastruktur samt Hausmeister. Journalisten sollten Info-Kriegern dankbar sein, weil die überhaupt die Aufmerksamkeit für Nachrichten-Content hochhalten. Journalisten sollten dankbar sein, dass sie überhaupt gratis ihre langweiligen Fakten verbreiten dürfen. So sieht man das zumindest auf Server-Seite.

Australiens Regierung sah das anders und pocht weiterhin darauf, dass Facebook Verlagen Geld dafür zahlen soll, wenn Verlags-Links auf Facebook verwertet werden. Statt mit Fackeln loszuziehen luden sich die Australier in großer Zahl Nachrichten-Apps von echten journalistischen Angeboten. Also kehrte Facebook an den Verhandlungstisch zurück und wir alle können den Australiern dankbar dafür sein, dass sie cool geblieben sind. Denn selbstverständlich ist der Case eine Blaupause für die ganze Welt. In diesen Stunden wird die vom Staatsministerium für Digitalisierung zu Facebook abgewanderte Julia Reuss alles daran setzen, dass Deutschland dem australischen Vorbild nicht folgt, aber ich hoffe dass Deutschlands Journalisten verstanden haben, was sie einfordern sollten. Nichtjournalisten sollten sich über weniger Paywalls freuen und ebenfalls über weniger Sensations-Druck, der auch ehemals seriöse Schreiberinnen zu Skandalnudeln mutieren lässt. Oder schmierige Blogger dazu veranlasst, Leser mit Bildern von Kängurus zu ködern.

Noch ist nicht klar, wie der australische Deal konkret aussehen wird, erlösend ist jedoch die Erkenntnis, dass Mark Zuckerberg mit seiner James-Bond-Bösewicht-Phantasie abgeblitzt ist.


Inzwischen hat das australische Parlament das umstrittene neue Mediengesetz verabschiedet. Die Plattformen müssen künftig lokale Verlage, deren Nachrichteninhalte sie nutzen, an den Werbeeinnahmen beteiligen.

Ach ja: Wenn Du auch gerne sozial verträgliche Regeln für Digitalplattformen hättest, dann unterstütze sehr gerne die Gesellschaft für Digitale Ethik