Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT betrachtet Offshore-Windstrom als wichtigen stabilisierenden Faktor in windschwachen Jahren. Das habe die Erfahrung des letzten Jahres gezeigt, als der Offshore-Anteil trotz geringerer Produktion sogar anstieg. Auf dem Meer laufen die Windräder rund doppelt solange unter Volllast.

Der Offshore-Windpark Nordsee Ost, 60 Kilometer vom Festland entfernt (Bild: RWE)

20,3 Terrawattstunden Windenergie hat der Übertragungsnetzbetreiber TenneT 2021 aus der deutschen Nordsee an Land transportiert. Damit liessen sich «rein rechnerisch» rund sechs Millionen Haushalte versorgen. Im Jahr zuvor waren es allerdings, bei einer konstanten Zahl Windräder, noch rund zehn Prozent – oder 600'000 Haushalte – mehr gewesen. Bei den Windkraftanlagen an Land war der Rückgang noch einiges deutlicher, von 105 auf 92 Terrawattstunden. Das ist der Lauf der Natur, und Kritiker werden sofort einwenden, dass sich mit solchen Schwankungen kein Stromnetz vernünftig betreiben lasse. In den Gesamtenergiebilanzen zeigt sich denn auch, dass im vergangenen Jahr in Deutschland der Anteil fossibler Brennstoffe an der Stromproduktion zugenommen hat. Irgendwoher muss ja die Energiequelle kommen, um die Minderproduktion auszugleichen. Das ist allerdings nur eine Momentaufnahme. Tatsächlich wird sich das Problem erst mit dem stark forcierten weiteren Ausbau erneuerbarer Energien im internationalen Verbund lösen lassen. Vereinfacht ausgedrückt werden in Zukunft im europäischen Massstab und bei entsprechendem Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen immer Überschüsse vorhanden sein, die sich anderswo ausgleichend verwenden lassen – vorausgesetzt, auch die Leitungen werden weiter ausgebaut. Tennet betreibt in den Niederlanden und in Deutschland Hochspannungsübertragungsnetze, in der deutschen Nordsee zudem die Übertragung vom Windrad im Meer an Land. Diese müssen stets so ausgelegt sein, dass sie die Spitzen der Produktion abnehmen können. So oder so werden gerade im nördlichen Europa die Windräder am meisten zur Energiewende beitragen müssen, während Photovoltaik eine ergänzende Rolle zukommt. Die deutschen Offshore-Windenergieanlagen haben 2021 insgesamt 24 Terrawattstunden Strom produziert. Dazu kommen 90 Terrawattstunden, die an Land gewonnen wurden. Mit den 114 Terrawattstunden hätte der Strombedarf der Schweiz mit 8,6 Millionen Einwohner rund zwei Jahre gedeckt werden können. In Deutschland werden mit erneuerbaren Energien aktuell 42 Prozent des Strombedarfs gedeckt. Bis 2030 soll dieser Anteil auf 80 Prozent gesteigert werden. Die neue Bundesregierung möchte in den kommenden Jahren die Windkraft auf See forciert ausbauen. Da gibt es viel zu tun. 2021 wurde nämlich kein einziges Windrad auf dem Meer installiert.