Rechnet man alle politischen Absichtserklärungen und Beschlüsse zusammen, könnte die Klimaerwärmung auf 1,9 Grad begrenzt werden. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forscherteam.
Klimapolitik war bislang eine Politik der leeren Versprechungen. Die vielen Ankündigungen versickerten im politischen Alltagsgeschäft, das ja weitgehend im Aushandeln von Kompromissen besteht. Und diese Kompromisse, das zeigt ein Blick auf den «Climate Action Tracker», reichen einfach nicht, um das an der Klimakonferenz in Paris 2015 abgegebenen Versprechen, die Klimaerwärmung wenn immer möglich auf 1,5 Grad zu begrenzen, einzuhalten. Gerade mal fünf Staaten, Nepal, Äthiopien, Nigeria, Marokko und Grossbritannien, sind einigermassen nahe dran. Der Rest der Welt steckt, wenn überhaupt, im Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit fest.
Nun zeigt sich, immerhin, dass zumindest der Anspruch Hoffnung nährt. Ein international Team hat die vorliegenden Bekenntnisse und politisch bereits realisierten Schritte analysiert und kommt im Wissenschaftsmagazin Naturezum Schluss: Der Plan B, das Zwei-Grad-Ziel bis 2050, steht auf dem Papier, und wenn denn den Worten auch Taten folgen, ist es zu schaffen. Zunehmend zur Illusion verkommt dagegen das 1,5 – Grad – Ziel. Es bleiben gerade noch zweieinhalb Jahre, um eine Kehrtwende zu schaffen und die globalen Klimagasemissionen herunterzufahren. Die Chance, damit die Folgen der Kimaerwärmung auf ein gerade noch erträgliches Mass zu begrenzen, liegt aktuell bei eins zu zehn. Denn bis Mitte der 2020er-Jahre müssten weltweit die Massnahmen getroffen werden, um die 1,5 Grad nicht vollends aus den Augen zu verlieren. Jedes Zehntelgrad mehr, so viel ist nach dem Stand des Wissens klar, wird von Hitzewellen und Missernten bis zu verheerenden Stürmen, zunehmend katastrophale Folgen zeigen. Und es wird auch noch teurer werden. Klimaschutz wird dann heissen, erhebliche Gelder in die Minderung dieser Folgen zu stecken: Neue Küstendämme, Umsiedlungen, Anpassungen der Landwirtschaft, die Bekämpfung von Hungersnöten und Wasserknappheit, erhebliche Aufforstungen und das Entfernen von CO2 aus der Atmosphäre mit technischen Mitteln, um noch Schlimmeres zu verhindern.
Vor diesem Hintergrund wird die Erkenntnis, dass es noch nicht zu spät ist für das Zwei Grad - Ziel, zum Signal der Hoffnung, und, hoffentlich, des Willens. Von einem «historischen Meilenstein» sprechen die Forscherinnen und Forscher, von «big news» Christopher McGlade von der Internationalen Energie – Agentur, der an der Studie beteiligt war, im britischen «Guardian». Es sei das erste Mal, dass Regierungen vorwärts gemacht hätten und Ziele ausarbeiteten, die die Klimaerwärmung unter zwei Grad halten. «Wir sind einen weiten Weg gegangen seit der Pariser Klimakonferenz 2015. Aber die wahre Arbeit beginnt erst jetzt. Nun gilt es, aus den Versprechen Handlungen zu machen». Denn aktuell sieht es danach aus, dass die CO2-Emissionen ohne einen Richtungswechsel bis 2030 weiter steigen werden, je nach Szenario um sieben bis 15 Prozent.