Weil er sich in der Hotelquarantäne über zu viel Müll ärgerte und ihm langweilig war, hat ein Art Director in Australien seine Kreativität spielen lassen. Seine lustigen Kreationen – darunter der Papp-Gaul Russell – erfreuen inzwischen Menschen auf der ganzen Welt.

David Marriott sitzt derzeit alleine in einem Hotelzimmer in Brisbane. Nach einer Reise nach Großbritannien muss er zwei Wochen in einem Quarantäne-Hotel verbringen. Dies ist eine der Maßnahmen, mit denen Australien die Pandemie gut in den Griff bekommen hat. Marriott befürwortet die Quarantäne, doch das „Luxus-Gefängnis“ sei härter zu ertragen, als man so glaube, berichtete der Art Director, der eigentlich in Sydney lebt, im Telefoninterview. „Freiheit ist eben ein kostbares Gut.“

Doch Marriott ist keiner, der sich beschwert oder in Traurigkeit versinkt. „Auf Reisen habe ich immer einen Malblock und Wasserfarben dabei und so fing ich an, den Blick vom Hotelzimmer aus zu malen“, berichtete er. Dann habe er Bücher gelesen und Fernseh geschaut – doch danach gingen ihm die Ideen ein wenig aus.

Papiertüten sind ein „tolles Material“

Schon bald fielen ihm jedoch die Berge an Müll auf, die jede einzelne Mahlzeit im Hotelzimmer generierte. „Zu jedem Essen erhält man diese braunen Papiertüten mit den Gerichten und Snacks“, sagte er. Da kämen im Laufe der Zeit eine Menge Container und Material zusammen. „Ich habe alles behalten, sauber gemacht und sortiert, um es zu recyclen.“

Als jedoch am dritten Tag eine Schüssel mit in der Tüte war, sei ihm die Idee gekommen, dass sich daraus ein toller Hut bauen ließe. Dann trennte er die Papiertüten auseinander – die, wie er meinte, ein „tolles Material“ seien – und fing an zu basteln. Für TV-Werbungen, die er in seinem Beruf als Art Director produziert hatte, hatte Marriott bereits beim Requisitenbau mit Hand angelegt. „Das Wissen, das ich dabei über die Jahre angesammelt habe, kam mir zugute“, sagte er.

Ein Cowboy und sein Pferd

Aus den Materialien bastelte er sich ein Cowboy-Outfit und schließlich – mit Hilfe des Bügelbretts und einer Schreibtischlampe im Hotel – einen Kompagnon, dem er den Namen Russell gab. Russell ist ein Papp-Gaul, dessen Maul beweglich ist – ein nettes Feature, das der Künstler gleich zum Einsatz brachte, als er anfing, kurze Videos von seiner Wild-West-Landschaft im Hotelzimmer zu drehen und sich mit Russell zu unterhalten.

Fotos seiner künstlerischen Eskapaden lud er auf Facebook, die kurzen Videos auf Vimeo. Daraufhin hätten ihn plötzlich Menschen aus aller Welt kontaktiert, berichtete Marriott. Etliche Medien griffen die witzige Geschichte auf, die im Internet so vielen Spaß bereitete. Es sei schön, gerade in dieser schwierigen Zeit anderen eine Freude zu machen, meinte Marriott. „Das Beste war jedoch, dass die Bilder meine Mama zum Lachen brachten“, sagte er. Denn Marriott hatte Australien zuvor aus einem traurigen Grund verlassen müssen. Nachdem sein Vater nach einem Sturz im Februar in Großbritannien ins Krankenhaus musste, infizierte er sich dort mit Covid-19 und verstarb schließlich an den Folgen der Erkrankung.

Kein Gassigeh-Service für Russell

Nach Ablauf der Quarantänezeit würde Marriott seinen neuen Freund Russell am liebsten im Hotel lassen, um auch anderen Reisenden eine „Inspiration“ für die zweiwöchige Isolation zu geben. Außerdem lasse sich der Papp-Gaul nicht wirklich leicht transportieren, meinte der Art Director. „Er könnte jeden Moment auseinanderfallen.“

Ob das Hotelmanagement Russell weiterhin beherbergen wird, ist noch unklar. Doch die Angestellten haben die aufwendigen Bastelarbeiten Marriotts mit viel Freude verfolgt und haben selbst ebenfalls Humor gezeigt. Denn als Marriott sich beispielsweise einen Spaß erlaubte und einen Gassigeh-Service für Russell anforderte, schrieb der Hotelmanager zurück: „Ich muss alle Personen (Pferde wie jeden anderen) bitten, für die Dauer der Quarantäne im Zimmer zu bleiben. Ich vertraue darauf, dass Ihr edles Ross das aushält.“

Alle Fotos: David Marriott

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