Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) Trump says he will fire labor statistics chief after weak jobs report

Präsident Trump hat die Leiterin des Bureau of Labor Statistics (BLS) entlassen, nachdem das unabhängige Regierungsamt schwache Beschäftigungszahlen für Juli und die Vormonate veröffentlicht hatte. Er warf der Behörde vor, fehlerhafte Daten geliefert und eine massive Abwärtskorrektur der Mai- und Juni-Zahlen vorgenommen zu haben, was jedoch zum normalen Vorgehen des BLS gehört. Diese Revisionen zerstörten das Bild einer robusten Trump-Wirtschaft und deuteten auf künftige Risiken hin. Der Vorsitzende des Council of Economic Advisers, Stephen Miran, erklärte zwar, er vertraue den Zahlen, betonte jedoch, dass die Behörde „frische Augen“ brauche, und wiederholte nicht Trumps unbelegte Vorwürfe politischer Manipulation. Trumps Entscheidung, die Kommissarin zu entlassen, sorgte im Senat für Aufsehen und wurde als Angriff auf eine unabhängige Statistikbehörde kritisiert, während die Debatte um die Glaubwürdigkeit der Arbeitsmarktdaten weiter zunimmt. (Neil Irwin, Axios)

Klassischer Autokratenmove, 4/5 Sternen. Rudi Bachmann hat genau das übrigens vorhergesagt, Kudos an der Stelle. Wie viel das Trump nützen wird, sei einmal dahingestellt. Wie Jonathan Chait schreibt, haben die guten Zahlen Biden und Harris nicht geholfen, weil Zahlen irrelevant sind. Es geht um Gefühle. Und wenn die Leute das Gefühl haben, dass die Wirtschaft schlecht läuft, kann Trump noch so viele Leute feuern und Loyalisten einstellen. Die Ostblockstaaten haben ständig super Zahlen veröffentlicht, ohne dass sich die Bevölkerung davon hätte täuschen lassen. Natürlich ist es bislang nicht so, als würden die Republicans ihre Erwartung in Einklang mit der Realität bringen, aber das kann ja noch passieren. Wenn sich Trumps permanente Realitätsbeugung irgendwann gegen ihn wendet, dann wird er sie mit noch so viel Lügen nicht wieder hereinbringen. Die Frage ist nur, ob das irgendwann passiert. Siehe dazu auch Fundstück 2.

2) The Mystery of the Strong Economy Has Finally Been Solved

Der Artikel von The Atlantic beschreibt, dass die vermeintlich robuste US-Wirtschaft unter Präsident Trump ins Wanken gerät. Neue Daten des Bureau of Labor Statistics zeigen, dass der Arbeitsmarkt im letzten Quartal den schwächsten Wert seit 2010 verzeichnete – abgesehen von der Pandemiephase. Frühere positive Zahlen wurden stark nach unten korrigiert, sodass sich ein deutlich schwächeres Bild ergibt. Besonders betroffen sei das verarbeitende Gewerbe, während der Gesundheitssektor als einziger Bereich Stellen aufbaut. Die Entwicklung setzt Trumps aggressive Zollpolitik unter Druck. Nach mehreren Runden hoher Importzölle hatten viele Beobachter erwartet, dass die Wirtschaft früher einbrechen würde. Als dies zunächst ausblieb, feierte sich die Regierung und verschärfte ihre Maßnahmen. Die neuen Zahlen deuten jedoch auf eine mögliche Stagflation hin: schwaches Wachstum, steigende Arbeitslosigkeit und anhaltend hohe Inflation. Trumps Reaktion schwanke zwischen Schuldzuweisungen an Behörden und die US-Notenbank sowie der Abwertung der Statistik. Experten warnen, dass Unternehmen langfristig Kosten an Verbraucher weitergeben oder Personal abbauen könnten, was die Lage weiter verschärfen würde. (Rogé Karma, The Atlantic)

Auch hier sehen wir wieder, dass die Realität der Volkswirtschaft und ihre Wahrnehmung völlig auseinanderfallen können. Die Zahlen unter Biden waren immer ziemlich gut, aber es hat sich halt nicht so angefühlt (wie bei Obama übrigens auch), unter anderem wegen der unnachgiebig negativen Berichterstattung. Bei Trump ist es genau andersrum; die Situation ist nicht sonderlich gut, aber weil völlig anders darüber geredet wird, fühlt es sich auch anders an. Dazu kommt, dass die Wählenden der Republicans wesentlich stärker von der Realität entkoppelt und deswegen weniger anfällig für Realitäten sind. Das muss, wie in Fundstück 1 angesprochen, nicht so bleiben, aber aktuell ist es eine Stärke der GOP. Wenn sich das jemals dreht, wird es ein Mühlstein, aber ob das passiert, steht in den Sternen.

3) Die Richter sind offenbar blind für die Realitäten des Kontinents

Der Kommentar von Andreas Rosenfelder kritisiert scharf ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Migration. Er argumentiert, dass die europäische Rechtsprechung zunehmend den politischen Handlungsspielraum einschränke und sich dabei von der gesellschaftlichen Realität entkoppele. Konkret habe der EuGH entschieden, dass ein Staat nicht als „sicherer Herkunftsstaat“ eingestuft werden dürfe, wenn er nicht der gesamten Bevölkerung ausreichenden Schutz biete. Dies sei in der Praxis kaum nachweisbar und verhindere wirksame Maßnahmen gegen illegale Masseneinwanderung. Rosenfelder spricht von einer „Gutmenschenjustiz“, die die Rechte von Nicht-EU-Bürgern maximal verteidige, während die Rechte europäischer Bürger auf Sicherheit, Sozialstaat und stabile Bildungssysteme ignoriert würden. Diese Haltung impliziere, dass Europa als einziger wirklich sicherer Ort der Welt allen Einreisewilligen offenstehen müsse. Der Autor warnt, dass solche Entscheidungen das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat untergraben könnten. Wenn sich der Eindruck verfestige, Europa sei in einem „Rechtsgeflecht“ handlungsunfähig, würden die Wähler andere politische Kräfte mit veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen wählen. (Andreas Rosenfelder, Welt)

Ein weiteres Beispiel dafür, dass die rechtliche Lage immer dann besonders flexibel sein muss, wenn man mit ihr nicht einverstanden ist. Wenn irgendeine Richterin die Möglichkeit äußert, dass die rechtliche Lage beim Klimaschutz oder bei Abtreibungen vielleicht nicht so ganz den Erfordernissen entspricht, bricht bei der Welt blanke Panik aus, aber wenn ein Gericht die Rechtslage bei Migrant*innen umsetzt, dann wird der Ruf nach dem gesunden Volksbewusstsein laut. Aber ein Rechtsstaat funktioniert entweder in alle Richtungen gleich unbequem, oder man kann es lassen. - Im Grundsatz bin ich übrigens völlig bei Rosenfelder. Es IST ein gigantisches Problem, wenn der Staat handlungsunfähig erscheint, wenn der Eindruck von Handlungsunfähigkeit entsteht. Nur halt bei allen Themen, nicht nur bei denen, die einem gerade in den Kram passen.

4) Denken wie Gudrun Ensslin

Der Kommentar von Sven-Felix Kellerhoff thematisiert die umstrittenen Äußerungen von Jette Nietzard, der scheidenden Sprecherin der Grünen Jugend. In einem Interview hatte Nietzard auf die Frage, wie man reagieren solle, falls die AfD 2029 regiere, gefragt, ob ein Widerstand dann „intellektuell“ oder „vielleicht mit Waffen“ geführt werde. Kellerhoff zieht eine deutliche Parallele zu den Worten von Gudrun Ensslin aus den 1960er Jahren, die später den RAF-Terror mitbegründete. Er erinnert daran, dass auch Ensslin zunächst eine Radikalisierung der Sprache vollzog, die schließlich in Gewalt mündete. Solche Äußerungen senkten die Hemmschwelle zur Gewalt, „Zentimeter für Zentimeter“. Der Autor weist darauf hin, dass das Grundgesetz zwar ein Widerstandsrecht kennt, dieses jedoch nur dann gilt, wenn keine andere Abhilfe möglich ist. Öffentlich über bewaffneten Widerstand zu spekulieren, untergrabe die ohnehin fragile demokratische Ordnung. Kellerhoff sieht in Nietzards Worten eine „unreflektierte Faszination für Gewalt als politische Methode“ und warnt vor den Gefahren dieser Rhetorik. (Sven-Felix Kellerhof, Welt)

Grundsätzlich sehe ich die Gefahr von gewalttätiger Rhetorik genauso wie Kellerhof, weswegen ich das auch strikt ablehne. Ich habe null Verständnis oder Geduld mit Antifa oder solchen Leuten, unter anderem aus dem Grund. Einmal davon abgesehen, wie unpraktikabel das alles ist. In ihrer Revolutionsromantik stellen die sich dann immer so einen Barrikadenmoment vor, in dem zu episch anschwellender Hintergrundmusik die mobilisierten Massen auflaufen und die Gegenseite die Bajonette furchtsam fallen lässt. Dass historisch die Bajonette meist Massaker anrichteten und umgekehrt die aufständischen Massen auch nicht eben Kinder von Traurigkeit waren, was das Begehen von Gräueltaten angeht, geht bei dem Blödsinn gerne unter. Ich finde allerdings, dass Kellerhof mit dem direkten Ensslin-Vergleich deutlich überzieht, so weit sind wir dann doch noch nicht. Wenn man nicht will, dass die AfD ständig Faschisten und Nazis genannt werden, kann man nicht jede ACAB-Idiotie gleich mit der RAF gleichsetzen.

5) Die beste Frau im Kabinett

Ich schreibe einfach mal Teile dieses Artikels um, dann wird vielleicht das Problem deutlich. "Robert Habeck nervt viele Menschen in Deutschland. Denn der Bundesminister für Wirtschaft und Energie hat eine Mission: Der Gründen-Politiker will die lahmende Exportnation wieder zurück an die Weltspitze bringen. Dagegen hat niemand etwas. Doch weil Habeck ein paar unbequeme Wahrheiten ausspricht, schlägt ihm Wut entgegen. Und sein „Parteifreund“ Winfried Kretschman, Chef des mächtigen Landesverbands Baden-Württemberg, spricht dem Norddeutschen gar die Eignung als Wirtschaftsminister ab.

Habeck hat sich auf das verminte Terrain der Klimaschutzpolitik vorgewagt. Eine veränderte Heizungsstruktur sei angesichts der Fossillast und der CO2-Emissionen zwingend notwendig, so der Minister. [...] Der forsche Gründe lässt sich auch nicht davon beirren, dass SPD, FDP und Grüne im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben, die Schuldenbremse einzuhalten. Für den Herbst kündigt Habeck eine Überprüfung aller Subventionen für fossile Industrien an.

Die FDP, die mit Christian Lindner das Finanzressort besetzt, will allerdings Habeck aus der Reformarbeit heraushalten und rät dem Grünen, sich „auf seine Kernaufgaben als Wirtschaftsminister zu konzentrieren“. Doch Habeck definiert seine Rolle zu Recht als ordnungspolitisches Gewissen der Regierung. Seine Zugriffsmöglichkeiten mögen begrenzt sein. Doch die Bedeutung des Amtes reicht weit darüber hinaus. Alles Regierungshandeln, das Einfluss auf die ökonomische Performance hat, tangiert das Wirtschaftsressort." Ich könnte weitermachen, aber ich glaube, es wird klar, worauf ich raus will.

Resterampe

a) Der Fall Ballweg – rechtsstaatlich ein Flurschaden (Welt). Ohne die Details zu kennen, aber dass Leute in U-Haft sitzen und der Fall dann am Ende mit Freispruch endet passiert häufiger? Deswegen ist es ja UNTERSUCHUNGShaft?

b) Studie: Früheste Bildung prägt – wohl noch stärker als bislang angenommen (News4Teachers).

c) Bundeswehr: Immer mehr junge Menschen wollen sich Streitkräften anschließen (Spiegel). Widerspricht völlig gängigen Narrativen, by the way.

d) Das EU-Verbrennerverbot muss fallen (Welt). Warum sollte sich auch irgendwer an irgendwelche Absprachen halten?

e) Why South Park Did an About-Face on Mocking Trump (The Atlantic). Ich mag South Park überhaupt nicht, aber wen's interessiert....hier ein Artikel.

f) ICE’s Mind-Bogglingly Massive Blank Check (The Atlantic).

g) Streit um Sommerferien-Termine: Welche Vorteile Früh- und Spätstarter haben (News4Teachers).

h) Gotha - Angriffe auf Grünen-Politiker: Verängstigt, frustriert, ratlos (Spiegel). Da schweigt man im konservativ-liberalen Spektrum auch höflich.

i) Deutschland ruiniert seinen Ruf (Welt). Der außerhalb Deutschlands keinen interessiert.

j) Dieser Artikel zur Rente lässt mich etwas ratlos zurück. (Spiegel) Als wären Beamte von Lebensarbeitszeitverlängerungen ausgenommen...?

k) Der Kritik an der Scheißbehördensprache in Deutschland kann man nur zustimmen. (Spiegel)


Fertiggestellt am 02.08.2025

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