Im Vorfeld der diesjährigen Wahlen zum US-Präsidenten geht es ja reichlich rund: ein Attentat auf Donald Trump, dann der Rückzug von Joe Biden – beides dürfte m. E. dazu führen, dass im November Trump erneut Präsident wird. Keine guten Aussichten …
Joe Biden ist nicht gerade ein besonders beliebter Präsident in den USA, zudem kommt er in letzter Zeit zunehmend verwirrt rüber, verwechselt dauernd Namen und wirkt eher wie ein seniler, hilfsbedürftiger Greis als ein Staatslenker. Donald Trump ist zwar nur ein paar wenige Jahre jünger, kommt allerdings deutlich vitaler rüber – und so durfte er sich auch durchaus Chancen ausrechnen, die Präsidentschaftswahl für sich zu entscheiden. Normalerweise sagt man ja, dass es bei so einer Wahl einen Bonus für den Amtsinhaber gibt, und selbst der, wenn er noch vorhanden war, ist nun nicht mehr da, weil Biden ja gerade die Brocken hingeschmissen hat.
Vermutlich wir nun Vizepräsidentin Kamala Harris stattdessen antreten, und soweit ich das mitbekommen habe, erfreut sie sich nicht eben großer Popularität in den USA, da sie politisch in den letzten Jahren nicht wirklich prominent in Erscheinung getreten ist. Zudem bietet sie als dunkelhäutige Frau dem rassistischen und misogynen Trump natürlich reichlich Angriffsfläche, die dieser mit Sicherheit auch komplett ohne jeden Anstand nutzen wird. Zumal die Schlammschlacht auch schon begonnen hat, wie ein Artikel von Mimikama aufzeigt, in dem etliche Fake News, mit denen Harris diskreditiert werden soll, aufgeführt und widerlegt werden.
Dabei ist es hinreichend absurd, dass jemand wie Trump überhaupt so eine große Zustimmung bei etwa der Hälfte der Menschen in den USA findet. In seiner vorherigen Amtszeit von 2016 bis 2020 hat er zumindest nicht wirklich etwas von seinen vollmundigen Versprechungen umgesetzt, sodass den frustrierten Arbeitern eigentlich klar geworden sein sollte, dass Trump mit Sicherheit keiner der ihren ist, der für ihre Interessen eintritt. Und dann gab es ja als Krönung noch den 6. Januar 2021 mit dem Sturm aufs Kapitol, der von Trump verbal befeuert wurde und einige Todesopfer forderte. Woran man auch sieht, wie wenig Menschenleben für Donald Trump zählen.
Dazu kommen seine mehr oder weniger offenen Ankündigungen, dass es ein „Blutbad“ geben würde, sollte er im November nicht der Wahlsieger sein. Darüber hinaus deuten viele seiner Aussagen dahin, dass er sich nicht nur an denjenigen, die ihn nun vor Gericht gestellt hatten in den letzten Jahren, rächen will, sondern dass er zudem auch eine Art faschistisches Regime anstelle der Demokratie implementieren möchte. Stichwort „Project 2025“ …
Dass so ein Typ dann reale Chance hat, als Präsident gewählt zu werden, zeigt, wie tief das Misstrauen und die Verachtung in weiten Teilen der US-Gesellschaft mit dem sogenannten Establishment sind, als dessen Gegenpol Trump sich inszeniert (obwohl er ja im Grunde komplett dazugehört). Daher spielt auch das Attentat Trump sehr in die Karten, und seine Geste mit der erhobenen Faust direkt danach zeigt ja auch, dass er dies sogleich auszunutzen gedenkt: „Seht her, mich kriegen ‚die Etablierten‘ nicht unter!“
Noch eine Sache wurde bei diesem Anschlag deutlich: Die politischen Gegner Trumps zeigten sich entsetzt und verurteilten Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung eindeutig. Das war etwas anders, als der Mann v0n Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses und von Trump sehr gehasst, sodass er sie oft schon ziemlich ekelhaft schmähte, von einem Rechtsextremisten mit einem Hammer ins Krankenhaus geprügelt wurde (Diagnose: Schädelbruch). Da machten Trumps ältester Sohn, Trump selbst und auch andere aus seinem Umfeld dann höhnische Witze über den Vorfall (s. hier und hier). Und wenn Unanstand auf Anstand trifft, zieht Letzterer leider meist den Kürzeren.
Wobei ich ja gestehen muss, dass ich, als ich von dem Anschlag hörte, als Erstes an den Film „Machete“ dachte, in dem ein Attentat auf einen Senator inszeniert wird, um diesem breitere Zustimmung zu sichern. Aber das ist natürlich nur Spekulation, und „praktischerweise“ ist der Schütze ja auch schon tot, sodass wohl nie genau ans Licht kommen wird, was den geritten hat, auf Trump zu schießen. Zutrauen würde ich Trump in seiner bodenlosen Bösartigkeit eine solche Finte allerdings in jedem Fall.
Trump hatte also seinen großen Auftritt, und kurz danach gibt dann Joe Biden auf, sodass wohl die eher (nach meinem Empfinden zumindest) etwas farbloses Kamala Harris gegen Trump antreten wird. Keine richtig guten Aussichten für eine weitere Präsidentschaft der Demokraten, würde ich sagen.
Und was das dann bedeuten dürfte, wurde ja gerade schon mal klar, als der Oberste Gerichtshof mit den Stimmen der von republikanischen Präsidenten eingesetzten Richter entschied, dass ein US-Präsident zukünftig nicht mehr für Straftaten im Zuge seiner Amtsausübung belangt werden kann. Die drei demokratischen Richterinnen finden das nicht so richtig super (s. hier), konnten aber nichts dagegen machen, da sie zahlenmäßig in der Unterzahl sind.
Dabei sollte man sich immer noch mal daran erinnern, dass Trump nicht einfach so vom Himmel gefallen ist, sondern ein Resultat der politischen Entwicklung und politischer Entscheidungen ist. Wenn ich daran denke, dass es 2016 auch einen US-Präsidenten Bernie Sanders hätte geben können, wenn nicht die damalige Vorsitzende des Democratic National Committee Debbie Wassermann Schultz zusammen mit den Clintons und anderen aus dem Parteiestablishment mit allen (auch ausgesprochen unlauteren) Mitteln (leider erfolgreich) versucht hätte, Hillary Clinton als Präsidentschaftskandidatin bei den Vorwahlen durchzuboxen.
Auch wenn in der deutschen Medienlandschaft Bernie Sanders viel zu wenig Beachtung fand (s. hier), so sah das in den USA doch komplett anders aus. Während Clinton bei den Vorwahlen vor allem die Staaten gewann, die ohnehin fest in der Hand der Republikaner waren, war Sanders vor allem auch in den wichtigen Swing States erfolgreich. Nicht nur deswegen haben alle Prognosen, die Clintons Chancenlosigkeit gegen Trump erkannt haben, auch vermeldet, dass Sanders Trump wohl ziemlich deutlich geschlagen hätte. Zumal ja auch Trumps Schmutzkampagnen gegen eine integere Person wie Sanders nicht hätten verfangen können – anders als bei Clinton, die ja nun wahrlich auch genug realen Dreck am Stecken hatte.
Hier sehe ich eine erhebliche Verantwortung von Wassermann Schultz, den Clintons und Co. für die Tatsache, dass die USA nun tatsächlich nicht mehr weit weg davon sind, ein faschistisch-totalitärer Staat zu werden. Nun ist das Kind natürlich in den Brunnen gefallen, aber dennoch sollte einem dieser Umstand vor Augen führen, wie schnell es gehen kann, wenn aus machttaktischem Kalkül die Zeichen der Zeit nicht erkannt werden. Die Auswirkungen sind in diesem Fall immens, denn man stelle sich nur mal vor, die USA hätten 2016 einen Präsidenten Sanders bekommen – nicht nur die USA, sondern vermutlich die ganze Welt würde heute anders aussehen …
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