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Demokratische Parteien könnten ihre Anträge doch nicht davon abhängig machen, ob die AfD zustimmt, heißt es. Das ist grundsätzlich richtig. Es stimmt aber nur dann, wenn es auf das Ergebnis keinen Einfluss hat, ob die AfD zustimmt oder nicht. Wenn demokratische Parteien einen Antrag nur mit Hilfe der völkisch-nationalistischen AfD durchsetzen könnten, müssen sie es lassen.
„Warum das?“, mögen manche fragen. Schließlich sei die AfD doch demokratisch in Rathäuser, Landtage und den Deutschen Bundestag gewählt worden. Ja, aber das macht die völkisch-nationalistische AfD nicht zu einer demokratischen Partei. Der rechtsextreme Flügel hat die Partei inzwischen übernommen und gibt den Ton an. Bündnisse mit der rechtsextremen Identitären Bewegung, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, sind an der Tagesordnung. Teile der AfD werden selbst vom Verfassungsschutz beobachtet.
„Aber warum ist die AfD dann nicht verboten?“ Die AfD ist nicht verboten, weil weder der Bundestag, noch der Bundesrat oder die Bundesregierung einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt haben. Nur diese Verfassungsorgane sind dazu berechtigt.
Solange sie nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten wurde, kann die AfD frei agieren und zu Wahlen antreten. Demokratisch wird sie in ihrem Programm und in ihrer politischen Praxis dadurch nicht.
Deshalb muss der Umgang mit der AfD in Parlamenten ein anderer sein als der zwischen demokratischen Parteien untereinander.
Selbstverständlich stehen der AfD alle Rechte zu, die die Geschäftsordnung für die Fraktionen vorsieht. Dazu gehört auch, dass sie Ausschuß-Vorsitzende stellt, wenn ihr das nach der Größe der Fraktion zusteht. Es ist wichtig, die AfD korrekt zu behandeln.
Für ihre Präsidien enthalten die Geschäftsordnungen von Bundestag und Landtagen meist zwei Bestimmungen: jede Fraktion soll ein Mitglied im Präsidium haben. UND: die Mitglieder des Präsidiums werden in geheimer Wahl von den Abgeordneten gewählt. Welche Persönlichkeit Abgeordnete in ihr Parlamentspräsidium wählen, von wem sie repräsentiert werden wollen, entscheiden sie frei, nur ihrem Gewissen verantwortlich. Deshalb ist bisher kein AfD-Kandidat in das Präsidium des Deutschen Bundestags gewählt worden.
Das erlaube es der AfD, sich als Opfer darzustellen, um damit zu punkten, wird kritisiert. Ja, aber die AfD stellt sich immer als Opfer dar, egal was geschieht. Das gehört zu ihrer Strategie. Denn wer Opfer ist, kann nicht schuld an etwas sein. Nicht an der Verrohung der Sprache, der Hetze gegenüber Minderheiten und Flüchtlingen. Opfer können ihre Hände in Unschuld waschen.
Für demokratische Parteien verbietet sich jede politische Zusammenarbeit mit der AfD. Die CDU hat das auf ihrem Bundesparteitag in Hamburg noch einmal ausdrücklich bekräftigt. Das heißt für die parlamentarische Arbeit, egal ob im Rathaus oder im Bundestag:
- Es gibt keine gemeinsamen Anträge mit der AfD.
- Es gibt keine Unterstützung für Anträge der AfD.
- Es werden keine Anträge gestellt, die nur mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit bekommen können.
- Es darf keine Minderheitsregierung geben, die sich eine Mehrheit für ihre Initiativen auch bei der AfD suchen müßte.
Gegen Ziff. 2 wird gern eingewandt, man könne doch nicht dagegen stimmen, wenn die AfD beantrage: 2 + 2 = 4. Aufgrund meiner 40jährigen parlamentarischen Erfahrung kann ich sagen, dass über Mathematikaufgaben in aller Regel nicht abgestimmt wird. Anträge verfolgen immer politische Ziele. Wer sie stellt, möchte damit bei den Wähler:innen punkten. Demokratische Parteien sollten der AfD nicht dabei helfen.
Die Ziff. 1-3 gelten übrigens auch für die Kommunalpolitik. Ein Zebrastreifen oder eine Einbahnstraße sei doch unpolitisch, wird dagegen eingewandt. Aber das Ziel der völkischen Nationalisten, sich als Kümmerer zu geben, ist alles andere als unpolitisch. Wie kann jemand eine menschenverachtende Politik betreiben, der sich um sichere Schulwege kümmert.
Wenn demokratische Parteien sich an die vier Empfehlungen halten, darf ihnen nicht vorgehalten werden, dass die AfD mal für einen ihrer Anträge stimmt, wenn das für das Ergebnis unbeachtlich ist. Macht man dem demokratischen politischen Gegner einen Vorwurf, Beifall von der falschen Seite bekommen zu haben, bekommt die AfD eine Beachtung, die ihr gerade nicht gegeben werden sollte.
Es macht eben einen grundlegenden Unterschied, ob man es mit einer undemokratischen Partei wie der völkisch-nationalistischen AfD zu tun hat, oder mit einem politischen Gegner, der sich genauso der Demokratie als solcher verpflichtet fühlt, wie man selbst.
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