Vor genau 80 Jahren, am 29. und 30.  September 1941, ermordete das SS-Sonderkommando 4a unter  SS-Standartenführer Paul Blobel, unterstützt von den Polizeibataillonen  45 und 314, in der Schlucht Babyn Jar,  damals am Rande von Kiew gelegen, über 33.000 Kiewer Juden. Denen hatte  man befohlen, sich zur Umsiedlung einzufinden. In Babyn Jar angekommen,  mussten sie ihre Wertsachen abgeben, sich ausziehen und sich nackt in  große Gruben legen, wo sie per Genickschuss umgebracht wurden. Die  Nachfolgenden mussten sich auf die Leichen legen. Babys und Kleinkinder  warf man einfach lebendig in die Gruben.

Einheiten  der 6. Armee der Wehrmacht leisteten logistische Hilfe, etwa beim  Umstellen und Sichern des Areals. Ab Oktober 1941 wurde die Wehrmacht  durch von Generalfeldmarschall von Reichenau unterzeichneten Befehl ('Reichenau-Befehl'), der bis auf Kompanieebene verteilt und verlesen wurde, zur Unterstützung an den Massenmorden verpflichtet.

Kurt Werner, Angehöriger des Sonderkommandos 4a, tat sich nach dem Krieg vor allem selbst leid, als er unter Tränen zu Protokoll gab:

"Man  kann sich gar nicht vorstellen, welche Nervenkraft es kostete, da unten  diese schmutzige Tätigkeit auszuführen. Es war grauenhaft. Ich musste  den ganzen Vormittag über unten in der Schlucht bleiben."

Die  Vorgesetzten ließen großzügig Schnaps ausgeben, damit die Henker nicht  schlappmachten.

Von  Anfang an war die Ermordung der Juden Teil des NS-Vernichtungskrieges  gewesen. Schon zwei Tage nach dem Überfall auf die Sowjetunion, am 24.  Juni 1941, hatte das Einsatzkommando Tilsit in der Nähe des litauischen Garsden 200 Juden erschossen, darunter eine Frau. Man hatte zu Beginn  vielleicht noch Hemmungen, man machte sich da auch noch die Mühe, die  Massenmorde als Strafaktionen gegen Freischärler zu bemänteln. Garsden  gilt heute als Auftakt der Shoah. Ende August, im ukrainischen Kamjanez-Podilskyj, war die Zahl der Opfer schon fünfstellig geworden.

Das Massaker von Babyn Jar war die größte Einzelaktion im Zuge der Massenerschießungen von Juden. Höhepunkt dessen, was später auch 'Holocaust durch Kugeln' genannt wurde, dem bis Ende 1941 eine knappe Million Menschen zum Opfer  fielen. Schlimmeres sollte folgen. Ab Anfang 1942 ging man dazu über,  die Juden im Generalgouvernement im Rahmen der 'Aktion Reinhardt' mit Gas zu ermorden (unter anderem, um die Nerven der Täter zu schonen). Man nutzte dabei die Erfahrungen aus der 'Aktion T4', bei der 70.000 Menschen mit geistigen und seelischen Behinderungen ermordet worden waren.

Weiterführende Lektüre:

Interview mit Timothy Snyder: "Wir machen uns unschuldiger als wir sind"

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