Vor wenigen Wochen veröffentlichte das Politmagazin „Kontraste“ einen Beitrag, in dem es um den Verkauf von Homöopathika in deutschen Apotheken ging. In einem Brief an den SWR-Intendanten Kai Gniffke legte darauf hin ein Apotheker seine Kritik an der Sendung dar. Die Deutsche Apotheker Zeitung veröffentlichte sodann einen Artikel über dieses Schreiben.

Unter anderem stellt der Apotheker in Frage, ob sich Apotheker auf Kosten der Gesundheit ihrer Kundinnen und Kunden bereichern, denen oftmals nicht bewusst ist, dass für diese Arzneimittelgruppe ein Wirksamkeitsbeleg über den Placeboeffekt hinaus bisher nicht erbracht ist. Und verstoßen Apotheker gegen ihre eigene Berufsordnung, wenn sie im Beratungsgespräch nicht jeden Kunden explizit darauf hinweisen?  Wer den SWR Bericht einmal genau betrachtet, kann daran kaum zweifeln.

Der Apotheker aus Westfalen-Lippe meint jedoch, dass die Gefahr, die von Homöopathika ausgeht, in der Sendung überspitzt dargestellt wurde. Der „Kontraste“-Beitrag zieht als Beispiel eine Brustkrebspatientin heran, die sich statt einer schulmedizinischen Behandlung für die Homöopathie entschied und schlussendlich daran verstarb. Laut einem Gutachter hätte die Frau mit konventioneller Therapie eine reelle Chance auf Heilung gehabt.

Der Apotheker aus Westfalen-Lippe meint dazu in seinem Schreiben, es gelte, zwischen Alternativ- und Komplementärmedizin zu unterscheiden. Wenn die Frau die Homöopathie nur als Ergänzung zur konventionellen Therapie eingesetzt hätte, so wär ihr kein Schaden  entstanden. Ursächlich für den Tod der Patientin sei somit nicht die Homöopathie, sondern das Unterlassen einer wirksamen Therapie. „Der Fall illustriert also weniger die ‚Gefährlichkeit der Homöopathie‘ per se, sondern eher die Gefährlichkeit eines nicht bestimmungsgemäßen Einsatzes, in diesem Fall als Alternativ-Medizin.“

Diese Argumentation erscheint zunächst einmal durchaus eingängig. Allerdings wird hier ein ganz entscheidender Punkt wohlweislich übergangen. Samuel Hahnemann, der deutsche Arzt, der vor rund 200 Jahren die Homöopathie erfunden hat, hat seine Behandlungsweise stets als die einzige richtige Therapie propagiert. Er ging soweit, seinen Jüngern jegliche Kombination von Homöopathie mit nicht-homöopathischen Optionen auf das strengste zu verbieten. Wer sich diesem Gebot widersetzte, wurde von Hahnemann als ‚Verräter‘ tituliert und aus der Homöopathie-Sekte  ausgeschlossen.

Und so kommt es, dass waschechte Homöopathen auch heute noch Hahnemanns Diktum als Dogma begreifen und die Kombination von Homöopathika mit anderen Therapeutika ablehnen und als Kunstfehler ansehen. Der in dem Bericht geschilderte Fall ist also keineswegs ein Verstoß gegen die homöopathische Lehre. Ganz im Gegenteil, er zeigt das regelrechte Vorgehen eines klassischen Homöopathen. Er illustriert eindrücklich ein Phänomen, das ich – weil es mir sehr wichtig erscheint – schon lange betone: Das homöopathische Mittel mag ungefährlich sein; leider trifft dies jedoch nicht auf den homöopathischen Behandler zu.

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