Das große und weltbekannte Heavy-Metal-Festival in Wacken (Schleswig-Holstein) hat gerade arge Probleme: Aufgrund des regnerischen Wetters der letzten Wochen sind weite Teile des Geländes nicht befahrbar, sodass den Anreisenden nun schon mitgeteilt wurde, dass sie nicht weiterfahren sollten, da ihnen kein Zutritt mehr gewährt werden kann.
Das ist nun natürlich für viele Musikfans eine sehr schlechte Nachricht: Nicht nur, dass man sich für mehrere Hundert Euro Tickets gekauft hat, sondern viele haben auch noch extra Urlaub genommen für das Festival, das ja mehrere Tage andauert. Und auch für den Veranstalter dürfte die Situation ausgesprochen unangenehm sein, denn wer weiß, ob deswegen nun nicht vielleicht die gesamte Zukunft des Festivals gefährdet ist.
So finden sich auch zahlreiche Äußerungen des Bedauerns und des Mitleids mit den Wacken-Fans in den (sozialen) Medien. Was dabei allerdings, soweit ich das zumindest mitbekommen habe, bisher gar nicht thematisiert wurde, ist, warum wir denn gerade hier in Norddeutschland so ein extremes Aprilwetter mit reichlich Regen, gern auch in Form von Wolkenbrüchen, haben.
Natürlich gab es immer schon mal verregnete Sommer, und auch Musikfestivals (bzw. deren Besucher) hatten in vergangenen Jahren unter schlechtem Wetter zu leiden. Aber dass nun ein Festival, das ja schon etliche Jahre existiert und insofern eine gewisse Routine in der Gestaltung der Abläufe hat, solch eine drastische Maßnahme ergreifen muss, ist dann doch eine neue Dimension.
Ursache für diese Wetterkapriolen ist m. E. die Klimakrise, die sich eben mittlerweile auch in unseren Breiten deutlich bemerkbar macht und nicht mehr nur Menschen im globalen Süden heimsucht (s. hier). Natürlich passen die Dürresommer der letzten Jahre besser zum Bild, was viele von einer Erderwärmung haben dürften, als kühles und regnerisches Wetter. Dennoch sind das beides zwei Seiten derselben Medaille, denn der Klimawandel bedeutet ja eben nicht einfach, dass es überall gleichmäßig ein bisschen wärmer wird, sondern dass vor allem häufigere und stärkere Extremwetterereignisse auftreten. Das hat beispielsweise was mit der Abschwächung des Jetstreams zu tun: Dadurch werden Hoch- und Tiefdruckgebiete weniger schnell weitertransportiert, sodass Wetterlagen länger an einzelnen Orten verbleiben (s. hier).
Und genau das kann man eben bei extremen Dürreperioden beobachten und auch bei übermäßig langen Zeiten mit viel Regen, wie sie gerade in Schleswig-Holstein vorkommen. Dazu muss man allerdings auch den Unterschied zwischen Klima und Wetter verstehen, und daran hapert es meiner Erfahrung nach schon bei vielen. Das ist nämlich nicht das Gleiche, wie viele meinen, sondern Klima ist das, was Wetter bewirkt, somit sind Wetterphänomene der Ausdruck vom Klima. Wie eben beim Jetstream (Klima), dessen Abschwächung dann Dürre oder Starkregen (Wetter) verursacht.
Dass wir also nun in weiten Teilen Deutschlands einen Juli mit Aprilwetter haben, ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Ausdruck der Erderwärmung. Wärmere Luft hält nämlich mehr Wasser als kältere, und zudem wechseln sich Wetterlagen nicht so schnell ab, sodass aus ein, zwei Tagen mit wechselhaftem Wetter dann schnell mal einige Wochen werden.
Was dann die Folgen hat, die gerade in Wacken zu beobachten sind.
Insofern wäre das doch mal ein guter Grund, das auch ausgiebig zu thematisieren. So nach dem Motto: "Tja, Leute, tut uns ja leid für euch und ist auch echt kacke, aber das sind eben die Folgen, die wir nun hinnehmen müssen, wenn wir einfach immer so weitermachen und Klimaschutz als etwas Nebensächliches betrachten. Stellt euch drauf ein, dass das in den nächsten Jahren nicht besser wird."
Denn diese Erkenntnis hat sich leider bei den meisten Menschen hierzulande noch nicht durchgesetzt. Was man daran sieht, dass ständig immer noch über gutes und schlechtes Wetter gesprochen wird. Zum einen ist warmes und sonniges Wetter nach den letzten Dürrejahren ziemlich fatal, wie man beispielsweise gerade im Mittelmeerraum anhand der ganzen Waldbrände sehen kann, zum anderen geht es nun schlichtweg nicht mehr um solche "Luxusprobleme" wie gutes Wetter, sondern vielmehr darum, einigermaßen glimpflich davonzukommen, was Wetterkapriolen angeht.
Klingt übertrieben? Ist aber für viele Menschen im globalen Süden schon seit Längerem bittere Realität. Und selbst wenn man nicht ganz so weit weg hinschaut, dann hätten beispielsweise die Menschen auf Rhodos unser verregnetes Sommerwetter mit Sicherheit gern gegen ihren eigenen Dürre- und Hitzesommer inklusive der Waldbrände eingetauscht.
Leider sieht man an diesen Diskussionen übers Wetter und nun auch über Wacken, dass bei den meisten Menschen hierzulande immer noch nicht im Bewusstsein angekommen ist, dass wir mitten in einer Klimakrise stecken, die auch uns nicht verschonen wird. Dieser Erkenntnis stehen natürlich die nach wie vor in großer Zahl vorhandenen Klimawandelleugner (vor allem aus dem rechten und konservativen Spektrum) entgegen, aber auch in den Medien müssten die Verweise auf die jetzt schon sichtbaren Folgen der Klimakrise m. E. deutlicher hervorgehoben werden. Und dann kommt natürlich die eigene Bequemlichkeit und das Nicht-verzichten-Wollen noch hinzu - SUVs, Kreuzfahrten, übermäßiger Fleischkonsum und Urlaubsflüge sprechen da eine recht deutliche Sprache.
Denn dass die Folgen einer ungebremsten Klimakatastrophe nicht nur Menschenleben kosten, sondern auch noch sehr, sehr teuer werden und reichlich wirtschaftlichen Schaden anrichten, dürften nun zumindest die Wacken-Veranstalter gerade bestätigen.
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