Am morgigen Mittwoch soll ja das aktualisierte Infektionsschutzgesetz im Bundestag zur Abstimmung gebracht (oder man könnte wohl auch sagen: durchgepeitscht) werden. Das sehen viele kritisch, denn es zementiert die Möglichkeiten der Exekutive, Grundrechte einzuschränken, und das aufgrund von schwammig formulierten Sachverhalten, wie selbst in der konservativen WELT in einem Kommentar von Milosz Matuschek festgestellt wird, in dem auch die verfassungsrechtlichen Bedenken thematisiert werden. Dagegen regt sich allerdings nicht nur angebrachter Protest, sondern auch die unsäglichen sogenannten Querdenker, die schon vor knapp zwei Wochen in Leipzig unangenehm mit Gewalt und deutlichen Überschneidungen mit Rechtsextremisten aufgefallen sind, machen mobil. Und da habe ich heute zwei Sachen gelesen, die mir in Kombination dann doch reichlich Unbehagen bereiten.
Das rechtsextreme Netzwerk des Bundeswehrsoldaten Andre S. („Hannibal“) wurde von der taz vor einiger Zeit aufgedeckt und hat mittlerweile sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Dort findet sich dann ziemlich am Anfang folgende Passage (Hervorhebung durch mich):
Die zugehörigen Chats waren in Regionen (Nord, Ost, Süd, West) eingeteilt und bestanden aus Gruppen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Teilnehmer bereiteten sich auf einen Zusammenbruch der Staatsordnung an einem „Tag X“ vor. Dazu gehören die als rechtsextrem eingeschätzte Gruppe Nordkreuz und deren Ableger, Mitglieder des Vereins Uniter, Reservisten, Beamte der Kriminalpolizei, Angehörige von Spezialeinsatzkommandos (SEKs), Richter, Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und anderer deutscher Sicherheitsbehörden. André S. gehörte zum Kommando Spezialkräfte (KSK) in Calw und gründete den Verein Uniter mit.
Beobachter deuten das Netzwerk, die Waffenlager, Schießübungen und Feindeslisten der Prepper als Versuch, eine „Schattenarmee“ (Untergrundarmee) aufzubauen. Laut Chatprotokollen, Bestelllisten und Eigenaussagen einiger Prepper wollten sie einen bewaffneten Umsturz und Massentötungen politischer Gegner vorbereiten.
Soweit, so ungut.
Dann las ich heute einen Artikel im Tagesspiegel, und da findet sich gleich im einleitenden Text Folgendes (Hervorhebung durch mich):
Kritiker der Corona-Politik wollen am Mittwoch erneut in Berlin protestieren. Rechtsextreme sehen den „Tag X“ gekommen.
Hoppla …
Ist es übertrieben, sich da nun ein paar Sorgen zu machen, ob vielleicht einige der Querdenker-Rechtsaußen da morgen durchdrehen werden? Oder ob vielleicht vonseiten einer rechten Gruppierung wie Uniter, Nordkreuz und Co. irgendwas Gruseliges angezettelt wird?
Vor allem bedenklich: Hannibals Netzwerk erstreckt sich ja ausdrücklich in Reihen von Bundeswehr und Polizei, und Letztere sollen nun ausgerechnet morgen dafür sorgen, dass bei dieser Demo in Berlin alles ruhig abläuft.
Was für ein Tanz auf dem Vulkan! Auf der einen Seite neoliberale Antidemokraten, die mehr und mehr unser Demokratie demontieren, auf der anderen Seite könnte dies genau das „Futter“ sein, was gewaltbereite (und bewaffnete) rechtsextreme Gruppierungen brauchen, um loszuschlagen und diejenigen, die aus ihrer kranken Sicht Volksfeinde sind, festzusetzen oder zu eliminieren (entsprechende Todeslisten existieren ja bei denen).
Dass überhaupt so ein Szenario nun in greifbare Nähe gerückt ist, zeigt, in was für furchtbaren Zeiten wir leben.
Ich hoffe, dass morgen alles einigermaßen ruhig bleibt. Wobei natürlich dieses aktualisierte Infektionsschutzgesetz die gruseligen Zustände eher zementieren als dagegenwirken wird …
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