Lesezeit: 4 Minuten
7. Türchen: „(K)ein Schwein ruft mich an!“
Kontaktbeschränkungen erlauben uns Treffen nur mit wenigen Personen – mal in größerer, mal in kleinerer Anzahl. Wenn wir das Thema „Kontakt ist die Voraussetzung für Infektion“ ernst nehmen, haben Sie u.U. noch weniger Kontakte als erlaubt sind. Umso wichtiger ist es für alle Familienmitglieder, soziale Kontakte zu pflegen, Sorgen und Gedanken mit anderen zu teilen. Wenn das nicht im Caféoder im Jugendtreff geht, heißt das nicht, dass es gar nichtgeht. Wechseln Sie die Perspektive in bekannter Weise: von „Das geht nicht.“ zu „Was geht und wie geht es?“. Telefonieren Sie mit Freunden und Verwandten, chatten Sie, zoomen Sie – auch gleich mit der Lieblingsclique oder der Familie. Pflegen Sie Freundschaften in Pandemiezeiten. Es tut gut, sich auszutauschen und dabei festzustellen, dass man nicht allein mit seinen Gedanken, Sorgen und seinem Erleben ist. Suchen Sie Kontakt zu anderen Eltern der Klasse(n), aus dem Sportverein oder dem Chor – überall trifft man auf Menschen, die vergleichbar denken und die Pandemie wie wir selbst erleben. Vernetzen Sie sich. Solche Netzwerke können in der Pandemie wertvolle Hilfe und emotionale Stütze sein, aber auch nach der Pandemie Bestand haben und tragfähig sein.
Im Falle strengerer Kontaktbeschränkungen können Sie in einem Zwei-/Mehrparteienhaus oder der erweiterten Familie auch eine (nach außen weitgehend) abgeschlossene „sichere Bubble“bilden. Das gelingt mit kluger Überlegung auch mit Familien, die nicht im gleichen Haus wohnen. Sie müssen sich dafür gegenseitig vertrauen, Außenkontakte auf ein Minimum zu reduzieren. Ein großer Vorteil solcher Modelle ist, dass Kinder reihum betreut werden können und zugleich Spielkameraden haben. Personen, die mehr Unterstützung brauchen oder zur Risikogruppe gehören, können leichter versorgt werden. Sie können ebenso reihum für alle einkaufen gehen, reduzieren so wieder die Gesamtkontakte der „Bubble“ und können vermeiden, dass Infektionen eingetragen werden.
Gestehen Sie Ihren Kindern ebenso viele digitale Kontakte zu. Bildschirmzeiten sollten anders gewertet werden als vor/nach der Pandemie. Es gibt tolle Apps, mit denen virtuelle Treffen möglich sind. Eine zweistündiges Freundesvideotreffen reduziert sogenannte „soziale Lockdownfolgen“ deutlich besser als es erzieherischen Nutzen hat, allein ohne Tablet im Zimmer zu sitzen, zumal es hier um echte Sozialkontakte und nicht um virtuelle Spiel- und Fluchtwelten geht. Ein Vorteil digitaler Kontaktpflege ist, dass sie nicht an Orte gebunden ist. Verwandte und Freunde von überall her können kontaktiert werden. Haben Sie oder Ihre Kinder Freunde aus dem Urlaub? Dann ist es höchste Zeit, mit Ihnen ausführlich in Kontakt zu treten, sich an die letzten gemeinsamen Erlebnisse zu erinnern und Pläne für ein Wiedersehen zu schmieden.
Manche Vereine/Einrichtungen bieten online-Veranstaltungen an. Melden Sie sich oder Ihre Kinder an. Es gibt Jugendtheater, die ihre Proben monatelang online abhalten und Filmprojekte mit Internetpremiere produzieren. Nehmen Sie an einem Sprachkurs teil, lassen Sie Ihr Kind 10-Finger-System lernen und buchen Sie mit der Familie (es gibt auch kostenlose) Sportangebote. Das WorldWideWeb wird in der Pandemie zum Segen – wenn Sie es klug einsetzen.
Und auch in diesem Punkt – der sozialen Kontakte – haben Sie viel in eigenen Händen. Wechseln Sie die Perspektive: Geburtstagsfeier auf der Kegelbahn geht nicht? O.k., wir machen eine Online-Feier und spielen gemeinsam xy (online). Oder wir machen eine Geburtstags-Wanderung mit Picknick. Da wir nie wochenlange Ausgangssperren und Kontaktsperren wie in anderen europäischen Ländern hatten, gilt der Grundsatz: wir schauen, was möglich und regelkonform gestaltbar ist. Was lässt sich machen, um mehr Schutz bei Sozialkontakten zu erlangen? Kontaktbeschränkungen, wie wir sie in Deutschland hatten und haben, müssen NICHT zu Vereinsamung und Isolation führen – in keiner Altersklasse und schon gar nicht im digitalen Zeitalter. Besprechen Sie mit Ihren Kindern, wie die sich Treffen vorstellen können, welche Apps es gibt und wie man damit umgeht. Machen Sie klar, dass viel Bildschirmzeit nicht bedeutet, viel “zocken“ zu können, sondern diese auch ausdrücklich zur Pflege der Freundschaften gewährt wird. Im 1. Lockdown – als meine Gespräche begannen – erfuhr ich von tollen Unterstützungen innerhalb der Cliquen: Ältere Jugendliche halfen Jüngeren bei den Schulsachen, man tauschte sich aus und das zu-Hause-Trainingsprogramm einer Turnerin aus einer Clique wurde gleich live von allen anderen gemeinsam vor laufender Kamera umgesetzt – mit dröhnendem Gelächter.
Um Personen der älteren Generation müssen wir uns kümmern, sie haben deutlich weniger digitale Möglichkeiten bzw. brauchen Unterstützung für deren Nutzung. Aber so kann auch plötzlich eine über 80Jährige den Segen der einfachen „Video-Telefonie“ lernen und den Kontakt genießen.
Es ist viel mehr möglich, als uns medial vermittelt wird und mit entsprechender Vorbereitung sind auch Präsenztreffen ungefährdet möglich – die seriöse Wissenschaft bietet hinreichende Ausführungen, wie man solche Kontakte gestalten kann, sofern sie gesetzlich erlaubt sind. Und seit die Impfung verfügbar ist, wissen wir: je mehr Menschen in Ihrer Familie geimpft sind, unabhängig vom Alter, umso mehr Möglichkeiten haben Sie.
Nutzen Sie – Stichwort Perspektivwechsel – die Möglichkeiten, die JETZT da sind, trauern Sie nicht den Defiziten im Vergleich zur vorpandemischen Situation hinterher, das alles kommt wieder. Schauen Sie auf das Hier und Jetzt und freuen Sie sich über die Digitalisierung. Wenn Sie ein Gefühl dafür bekommen wollen, wie segensreich dies in der Pandemie ist und wie gut und intensiv sie sozial vernetzt bleiben können, so stellen Sie sich eine solche Situation 50 Jahre früher vor…
Dir gefällt, was #Isabel Ruland schreibt?
Dann unterstütze #Isabel Ruland jetzt direkt: