In den letzten Tagen sind deutliche Warnungen vor der Möglichkeit eines Krieges zwischen der NATO und Russland in den nächsten fünf Jahren laut geworden.

Diese Warnungen stammen aus bedeutenden Quellen wie Verteidigungsministern, Generälen der NATO und etablierten politischen Thinktanks, beispielsweise dem US-amerikanischen Institute for the Study of War. [1]

Es scheint ein Thema zu sein, das viele Diskussionen auslöst und unterschiedliche Standpunkte hervorruft.

Einige argumentieren, dass diese Warnungen verdeutlichen, warum europäische Länder ihre Investitionen in die Streitkräfte und die Verteidigungsproduktion beschleunigen müssen, und warum es wichtig ist, der Ukraine mehr Hilfe zu senden.

Andere hingegen halten dies für alarmistisch und glauben nicht, dass Russland tatsächlich die NATO angreifen wird.

Das strategische Konzept der NATO identifiziert Russland als "...die größte und dringlichste Gefahr für die Sicherheit ihrer Mitglieder sowie für den Frieden und die Stabilität im Euro-atlantischen Bereich". [2]

Russland strebe danach, durch Zwang, Unterwanderung, aggressive Handlungen und Gebietsannexionen Einflussbereiche zu etablieren und die Kontrolle über andere Nationen zu erlangen.

Dabei bediene sich Russland konventioneller, kybernetischer und hybrider Taktiken, inklusive der Verbreitung von Falschinformationen, um NATO-Alliierte und Partnerstaaten zu unterminieren.

Aber es gibt auch Missverständnisse darüber, wie dieser Krieg aussehen könnte, was dazu führt, dass einige die Warnungen als übertrieben abtun.

Die Vorstellung, dass Russland die NATO angreifen könnte, erscheint vielen Menschen in westlichen Hauptstädten surreal.

Bei einem direkten Vergleich der militärischen Stärke der NATO und Russlands scheint es unwahrscheinlich, dass Russland gegen die gesamte NATO vorgehen würde. Doch diese Vorstellung basiert auf zwei wichtigen Missverständnissen:

Zum einen wird angenommen, dass die NATO im Falle eines Krieges genauso aussehen wird wie heute. Das würde bedeuten, dass Russland gegen die kombinierten militärischen Kräfte aller NATO-Mitglieder, einschließlich der Vereinigten Staaten, antreten würde.

Zum anderen wird fälschlicherweise angenommen, dass es sich bei einem Krieg zwischen Russland und der NATO um einen territorialen Konflikt handeln würde.

RUSSLAND STREBT BILATERALE BEZIEHUNGEN AN

Um zu verstehen, warum Russland möglicherweise nicht auf einen offenen Krieg mit der NATO aus ist, muss man verstehen, wie Russland die internationale Politik sieht und welche Rolle es in der Welt spielen möchte.

Russland bevorzugt bilaterale Beziehungen zu anderen Ländern, da dies seine Verhandlungsposition stärkt. Im Gegensatz dazu sieht die NATO Russland als Bedrohung und versucht, die europäischen Länder zu schützen. [3]

Russland ist sich bewusst, dass es keinen offenen Krieg gegen die gesamte NATO gewinnen kann. Sein Ziel ist es jedoch, die NATO zu untergraben und zu schwächen.

Ein solcher Zusammenbruch des westlichen Verteidigungsbündnisses würde es Russland ermöglichen, mit den europäischen Ländern auf bilateraler Ebene zu verhandeln und seine Macht auszubauen. [4]

Die Eroberung von Territorium steht dabei nicht im Vordergrund, sondern die Herausforderung der NATO und das Untergraben der Einheit des westlichen Bündnisses.

EINE KALIBRIERTE HERAUSFORDERUNG VON ARTIKEL 5

Ein möglicher Krieg zwischen Russland und der NATO würde wahrscheinlich keine direkte Konfrontation mit allen NATO-Mitgliedern bedeuten, auch wenn die Drohungen der russischen Führung darauf hinzudeuten scheinen. [5]

Wahrscheinlicher ist es, dass Russland versuchen würde, die NATO durch gezielte Aggressionen herauszufordern und zu testen, ob die Mitglieder des Bündnisses tatsächlich bereit sind, sich gegenseitig zu verteidigen.

Aber wie könnte eine solche Herausforderung aussehen? Vorstellbar wäre, dass Russland einen Vorfall provoziert, der die Anwendung von Artikel 5 des NATO-Vertrags rechtfertigt, jedoch keine direkte militärische Reaktion der NATO-Mitglieder auslöst. [6]

EIN MÖGLICHES SZENARIO

Ein realistisches Szenario für einen möglichen russischen Angriff auf die NATO könnte eine Aggression in einem abgelegenen Gebiet sein, wie beispielsweise Nordfinnland. Das würde es Russland ermöglichen, die Entschlossenheit der NATO zu testen, ohne unmittelbar einen umfassenden Krieg auszulösen.

Die NATO-Länder müssten entscheiden, ob sie wirklich bereit sind, über einen entlegenen Teil Lapplands in einen Krieg zu ziehen. Oder ob sie die Gefahr eines Zusammenbruchs der NATO in Kauf nehmen und damit den Weg in eine neue europäische Sicherheitsstruktur frei machen, die nicht nach dem Willen des Westens sein kann. [7]

DIE ZUKUNFT DER SICHERHEIT

Die Diskussionen über einen möglichen Krieg zwischen Russland und der NATO werfen auch wichtige Fragen über die Zukunft der internationalen Sicherheit auf.

Alle jüngsten politischen Entwicklungen und Spannungen zwischen Russland und westlichen Ländern haben die Sorge vor einer Eskalation des Konflikts verstärkt.

Es ist entscheidend, dass die NATO-Länder ihre Verteidigungsfähigkeiten stärken und gemeinsam daran arbeiten, die Einheit des Bündnisses aufrechtzuerhalten.

Natürlich muss die internationale Gemeinschaft dazu auch weiterhin diplomatische Bemühungen unternehmen, um Spannungen abzubauen und einen friedlichen Dialog zu fördern.

In Anbetracht der potenziellen Gefahren eines Konflikts zwischen Russland und der NATO ist es unerlässlich, dass alle beteiligten Parteien besonnen handeln und alle verfügbaren diplomatischen Kanäle nutzen, um eine friedliche Lösung zu finden.

Es bleibt zu hoffen, dass durch konstruktive Diplomatie und gemeinsame Anstrengungen zur Stärkung der internationalen Sicherheit ein Krieg zwischen Russland und der NATO vermieden werden kann.

Die Zukunft des Friedens und der Stabilität in Europa hängt davon ab, wie die beteiligten Parteien auf die aktuellen Herausforderungen reagieren und zusammenarbeiten, um Konflikte zu lösen und die Sicherheit von uns allen zu gewährleisten.

EIN GEIST, DER FREI ÜBERLEGT

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Warnungen vor einem Krieg zwischen Russland und der NATO ernst genommen werden sollten.

Obwohl ein direkter militärischer Konflikt unwahrscheinlich ist, besteht die Gefahr, dass Russland die Einheit der NATO untergräbt und eine neue geopolitische Realität in Europa schafft.

Die NATO-Mitglieder müssen daher darauf vorbereitet sein, ihre Verpflichtungen gemäß Artikel 5 des NATO-Vertrags zu erfüllen und gemeinsam für ihre Sicherheit einzustehen.

QUELLEN

  1. Understandingwar.org. (20. März 2024). Russische Offensive: Einschätzung der Kampagne vom 20. März 2024. https://www.understandingwar.org/backgrounder/russian-offensive-campaign-assessment-march-20-2024
  2. Nato.int. (2022). NATO 2022 Strategic Concept. https://www.nato.int/strategic-concept/
  3. NTI. (2023). Strengthening Russia’s Influence in International Affairs, Part II: Russia and Its Neighbors: A Sphere of Influence or a Declining Relationship? https://www.nti.org/analysis/articles/strengthening-russias-influence-in-international-affairs-part-ii-russia-and-its-neighbors-a-sphere-of-influence-or-a-declining-relationship/
  4. The Week (2024, 20. März). Nato vs. Russia: who would win?​​​​​​​ https://theweek.com/news/defence/104574/nato-vs-russia-who-would-win
  5. Reuters. (17. März 2024). Putin warns the West a Russia-NATO conflict is just one step from World War Three. https://www.reuters.com/world/europe/putin-warns-west-russia-nato-conflict-is-just-one-step-ww3-2024-03-17/
  6. Bundesministerium der Verteidigung. (2023, 14. November). Gemeinsam entscheiden: Artikel 4 und 5 des NATO-Vertrages. https://www.bmvg.de/de/aktuelles/gemeinsam-entscheiden-artikel-4-und-5-des-nato-vertrages-5572746
  7. The National Interest (20. März 2024). How Russia Could Divide NATO and Win a War. https://nationalinterest.org/feature/how-russia-could-divide-nato-win-war-23162

Coverbild von Anton Maksimov 5642.su auf Unsplash

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