Ja, das klingt natürlich böser als es tatsächlich ist.

Wie vermutlich viele Schwangere und Neu – Mamas habe auch ich schon Kontakt mit diversen Mütterforen gehabt. Sie nennen sich natürlich nicht wirklich so, sie nennen sich anders (hier niedlichen Titel mit Baby und viel Liebe einfügen) aber genau das steckt dahinter. Natürlich taucht auch hin und wieder mal ein Papa auf, aber so spärlich, dass ich bei der Mama – Form bleibe.

Diese Foren sind dazu da, sich mit anderen Müttern auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und sich auch einfach mal auszukotzen, von Mama zu Mama sozusagen, alle im gleichen Boot, hier versteht man sich, hier darf man so sein wie man ist und wird abgeholt.

Denkt man.

Die Realität sieht aber oft anders aus. Und dabei fängt es so harmlos an! Man stellt eine Frage und bekommt meist recht schnell Antworten. In der Regel sind die Antworten zuerst nett, wohlwollend, unterstützend. Und dann geht es los. Aus dem Nichts tauchen plötzlich diese Mütter auf, die alles anders machen als man selbst und es selbstverständlich auch besser wissen. Nicht ohne belehrenden Zeigefinger und die missbilligenden Blicke kann man in jeder Zeile spüren.

Es läuft in etwa so ab:

Eine Userin fragt: „Welche Gläschen füttert ihr eigentlich euren Babys?“

Die ersten Antworten machen noch genau das, worum die Fragestellerin gebeten hat: sie beantworten die Frage und nennen Marke und Hersteller. Case closed, vielen Dank.

Aber dann geht es erst so richtig los.

„Ich stille noch. Kann die Frage also nicht beantworten“ (schön. Hat aber mit der Frage nichts zu tun und diese Information hilft der Fragestellerin in ihrer Gläschenfrage nicht weiter.)

„Ich bereite die Breie ja selbst zu. Gläschen kommen mir nicht ins Haus!“ (schön, wenn auch ein leicht belehrender Unterton; die Zubereitungsart der Breie für dein Kind war aber ebenfalls nicht die Frage)

„Gläschen?! Warum machst du kein Baby Wed Leaning? (gute Frage, es wird Gründe geben, beantwortet aber ebenfalls nicht DIE Frage)

„Ist dein Baby eigentlich schon beikostreif? Hast du alle Anzeichen beachtet? (schön, war aber halt auch nicht die Frage. Vermutlich ist es das Baby, wenn es Gläschen bekommt oder bekommt erst ein Gläschen, wenn es denn dann beikostreif ist. Warum stellst du in Frage, dass die Fragestellerin in der Lage ist, dies bei ihrem Kind beurteilen zu können, liebe Antworterin?)

Ich könnte ewig so weitermachen und ich denke, es kann erahnt werden, wie es weitergehen wird. Es folgen etliche belehrende Kommentare für die Fragestellerin, die vermutlich schon längst das Forum verlassen hat; unter dieser Frage ergeben sich diverse Streitgespräche, immer endend mit einem lakonischen „naja, muss ja jede Mami selbst wissen, ich würde es meinem Kind ja nicht antun“ und vielen Off Topic Themen, die mit der eigentlichen Frage so gar nichts mehr zu tun haben.

Die Frage nach dem Gläschen lässt sich natürlich x-beliebig austauschen. Hoch brisant wird es, wenn es um die Themen „Stillen“, „Schlafen“ oder „Nachhaltigkeit“ geht (wickeln, Feuchttücher und so weiter).

Sehr schnell werden die ganz großen Keulen ausgepackt, es wird moralisiert, belehrt, teilweise sogar beleidigt und extrem übergriffig geantwortet.

Stellt sich mir die Frage, warum das so ist. Ich muss ja nicht aufhören zu stillen, nur weil eine andere Mama bereits oder überhaupt das Fläschchen gibt. Es werden mir auch nicht sofort Wegwerfwindeln vor die Tür geliefert, wenn ich eigentlich mit Stoffwindeln wickle und bei anderen Müttern lese, dass sie es anders machen. Dazu muss ich nicht erst kommentieren, wie richtig mein Weg ist und wie falsch doch der andere.

Selbstverständlich darf in solchen Foren diskutiert werden. Selbstverständlich darf das auch kritisch und kontrovers geschehen. Was aber sehr häufig passiert: es geschieht nicht neutral. Es passiert wertend und somit sehr schnell abwertend und oft ohne wirkliches Hinterfragen und somit ohne Hintergrundwissen, weshalb es andere Mütter anders machen.

Das eigene Kind ist natürlich das Wichtigste und möchte beschützt werden. Alles was man macht, macht man aus tiefster Überzeugung. Alles, was andere anders machen, wird erstmal als Gefahr oder Angriff verstanden.

Der eigene Weg wird verteidigt, mit allen Mitteln.

Aber warum? Warum werden sofort die Krallen ausgefahren, wenn andere Eltern die Dinge einfach anders machen? Warum muss ständig belehrt, diskreditiert und bewertet werden?

Anstrengend.

Psychologisch kann man das sicherlich wunderbar analysieren. Ist es Unsicherheit, Verletzlichkeit, die Löwenmama, die warum auch immer, in einem Forum zum Vorschein kommt?

Seit ich Mutter bin, habe ich so viel Stutenbissigkeit erlebt wie selten zuvor. Weniger im privaten Bereich, aber sehr oft in Social Media. Das Mütterforum war ein Beispiel, es passiert ja auch so auf Twitter und in diversen Facebook Gruppen.

Natürlich gibt es Dinge, die ein absolutes No Go sind. Kindswohlgefährdung, Gewalt, all das. Keine Frage.

In allen anderen Bereichen wünsche ich mir mehr Entspanntheit, mehr Wertschätzung, mehr Höflichkeit, tatsächlich mehr Benehmen. Mehr Respekt und auch mehr Vertrauen in das Wissen und auch in das Verantwortungsgefühl der betreffenden anderen Personen.

Der Austausch untereinander ist so wichtig. Wir alle haben doch am Ende ähnliche Fragen, suchen Gleichgesinnte, möchten uns austauschen. Möchten manchmal einfach nur eine Antwort auf eine klar gestellte Frage, ohne moralische Belehrung, die so unnötig ist wie nur irgendwas.  Oft ist es einfach auch nur reines Interesse wie es andere machen, keine Hilflosigkeit, weil man selbst nicht weiß wie es geht.

Anders ist nicht gleich schlechter.

Anders kann sehr bereichernd und inspirierend sein.

Oder aber auch einfach nur: anders. Ohne. Wertung.

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