Das vergangene Jahr markierte einen neuen Weltrekord an Klimagas-Emissionen weltweit. Und nun verbleiben gerade noch drei Jahre, um diesen schier unaufhaltsamen Trend zu brechen. Die Welt muss das Tempo verdreifachen, um von den fossilen Brennstoffen wegzukommen, sagen die Expertinnen und Experten des Weltklimarates in ihrem jüngsten Bericht zur Machbarkeit der Energiewende. Die gute Nachricht: Es ist zu schaffen. Die schlechte Nachricht: Es sieht gar nicht danach aus.
«Die Klimaktivistinnen und -aktivisten werden gerne in die radikale Ecke gestellt. Doch die wahren Radikalen sind alle jene Staaten, die jetzt noch in fossile Energien investieren». In seiner Videobotschaft zur Präsentation des Weltklimarates zur Machbarkeit der Energiewende sprach UNO-Generalsekretär Antonio Guterrez Klartext und gab indirekt der Jugendbewegung Fridays for Future oder Aktivistinnen wie Greta Thumberg recht, die in bewundernswerter Hartnäckigkeit nicht müde werden zu betonen, dass ihre Forderungen, endlich Ernst zu machen mit der Energiewende, nicht nur auf einem sehr soliden wissenschaftlichen Fundament ruhen, sondern auch berechtigter denn je sind. Denn die Welt bewegt sich, mit den Worten von Guterrez, Schlafwandlern gleich auf eine Klimakatastrophe zu. «Wir waren alle naiv, als wir im vergangenen Herbst geglaubt hatten, an der Klimakonferenz in Glasgow seien Nägel mit Köpfen gemacht worden.» Doch nichts sei geschehen seither. Dabei müssten die Anstrengungen, das an der Pariser Klimakonferenz von einer sehr breiten Staatenallianz vereinbarte Ziel, die Klimaerwärmung bis 2050 auf 1,5 Grad zu begrenzen, verdreifacht werden. Jetzt. Doch es reicht einfach nicht. «Wenn die Regierungen überall auf der Welt ihre Energiepolitik nicht grundlegend neu ausrichten, wird die Welt unbewohnbar sein.» Grosse Städte würden vom Meer verschluckt, es werde zu Hitzewellen kommen, wie sie es noch nie gegeben habe, dazu Stürme von erschreckender Stärke , weltweiter Wassermangel und das Aussterben von einer Millionen Tieren und Pflanzen. «Das ist keine Erfindung oder Übertreibung. Es ist die Wahrheit, wie sie uns die Wissenschaft vor Augen hält, als Ergebnis unserer derzeitigen Energiepolitik. Wir sind auf dem Weg, das Weltklima um mehr als das Doppelte der angepeilten Begrenzung auf 1,5 Grad zu erwärmen.» Denn das sei die bittere Wahrheit: Seit 2010 haben in allen Sektoren weltweit die Klimagasemissionen noch zugenommen.
Es steht zu befürchten, dass die so eindringlichen Worte des UNO-Generalsekretärs weitgehend ungehört verhallen. An der Technologie wird es nicht liegen. Auch nicht am Geld. Das zeigt der Bericht des Weltklimarates eindrücklich. Windräder und Photovoltaikanlagen, die wesentlichen Energieträger einer klimaneutralen Zukunft, unterliegen einem ungeahnten Preiszerfall, ihre Technologie ist ausgereift, aber längst nicht ausentwickelt, und die Finanzierung des weltweiten Ausbaus mit gutem Willen gesichert. Es fehlt schlicht am politischen Willen. Das jüngste Beispiel ist die hektische Reisediplomatie europäischer Politikerinnen und Politiker, um vom russischen Gas wegzukommen. In Katar und den USA wird angeklopft, der Bau von Flüssiggasterminals im Rekordtempo geplant, um eine Gasversorgung mit Investitionen zu sichern, die auf eine jahrzehntelange Nutzung ausgelegt sind. Dabei hatte man sich doch davon verabschieden wollen, hätte das Geld dafür verwendet werden sollen, die erneuerbaren Energien auszubauen. Nun sieht es danach aus, dass, wenn denn die Energiewende überhaupt noch ernst genommen wird, weiteres, für die Energiewende dringend benötigtes Geld verschleudert wird, um den Klimawandel weiter anzuheizen. Es sind weltweit derzeit drei Billionen Dollar.