Die Hälfte der Menschheit lebt in  Gefahrenzonen und wird vom Klimawandel direkt betroffen sein. Dies ist  eine Erkenntniss des IPCC (Intergovermental Panel on climate change),  der den Teilbericht Impacts, Adaptation and Vulnerability anlässlich einer Pressekonferenz veröffentlicht hat.

Dürrekatastrophe in Indien (2012)

Dabei mahnte UNO-Generalsekretär António Guterres eindringlich ein  schnelles Handeln an. Die Hälfte aller Klima-Investitionen müsse nun in  den Bereich der Anpassung an den Klimawandel fliessen. Der weitaus  grösste Teil der Investitionen fliesst aber in die Senkung der  Treibhausgase. Dies ist kein Wunder, lässt sich doch mit Elektroautos,  Solarkollektoren und Klimazertifikate wunderbar Geld verdienen. Leider  haben das die Investoren zu spät erkannt und nun wachsen die  Klimaschäden von Jahr zu Jahr. Die Auswirkungen vor allem in  verletzlichen Regionen werden drastisch. Selbst bei einer Erwärmung von  1,5 Grad. Nun sieht es eher so aus, als würde sich der Planet um mehr  als zwei Grad erwärmen. Zwischen 3,3 und 3,6 Milliarden Menschen werden  betroffen sein. Was werden sie tun? Fliehen? António Guterres: „Wir  wissen was zu tun ist. Aber nichts tun, treibt den Preis immer weiter in  die Höhe. Jede Stimme, die sich nun für echte Massnahmen einsetzt, ist  eine wichtige Stimme.“


Eine Frage der Gerechtigkeit
Der, deutsche  Ökologe und Klimaforscher Hans-Otto Pörtner, sowie die südafrikanische  Städtegeographin Debra Roberts präsentierten den umfangreichen und  beunruhigenden Bericht zum Thema Anpassung an den Klimawandel in einer  Kurzzusammenfassung. Debra Roberts betonte, man habe nun ein neues  Verständnis für das Zusammenspiel zwischen dem Klima, der Biodiversität  und des menschlichen Einflusses gewonnen. Konkret könne man besser  abschätzen, welche Auswirkungen menschliches Handeln habe und wo die  Hotspots sind, wenn es nicht zu einschneidenden Massnahmen kommt.  „Deshalb müssen wir auch über Klimagerechtigkeit reden.“ Dies tat von  Nairobi in Kenia aus auch Inger Andersen, Chefin des  UNO-Umweltprogramms. Sie sagte auch: „Der Klimawandel lugt nicht von der  nächsten Strassenecke hervor, er klopft schon an die Türe.“ Laut  Andersen sei die Welt schon eher auf dem Weg zu einer Erwärmung von drei  Grad als die Ziele von 1.5 Grad zu erreichen. Und dies erhöhe das  Unrecht weiter. Während die reichen Länder Schuld am Desaster seien,  müssten arme Länder beispielsweise in Afrika mit einer 15-mal grösseren  Gefahr leben, an den Folgen des Klimawandels zu sterben. Andersen  forderte die Revitalisierung grosser Naturräume als wirksame  Adaptionsmassnahme.


Die Uhr langsam zurück drehen
Während bei  1.5 Grad Erwärmung die Zahl der Opfer – so zynisch es klingt – in  vertretbaren Grenzen gehalten werden könne, werde der Preis ab zwei Grad  immer dramatischer. Und um eine spätere Journalistenfrage gleich  vorwegzunehmen: „Ein Stopp bei 1.5 Grad Erwärmung ist kein sicherer  Hafen“, betonte Hans-Otto Pörtner. Auch dann schmelzen die Polkappen  weiter ab, steigt der Meeresspiegel, werden Inselstaaten unbewohnbar und  sinkt die Artenvielfalt.“ Das Ziel müsse es also sein, nach der  Erwärmung die Uhr langsam zurückzudrehen. Doch wie kann die Erde dann  wieder abkühlen? Debra Roberts ist in ihren Aussagen klar: „Die Natur  schafft dies. Wir müssen riesige Flächen schützen oder aufforsten.  Naturwälder adaptieren die Erwärmung. In den Wäldern ist sogar eine  Waldlandwirtschaft möglich. Dafür gibt es Beispiele.“ Doch zurück zu den  Herausforderungen. Die Erwärmung nimmt schneller zu als die Anpassung  an den Klimawandel. Die Schere tut sich weiter auf und betroffen sind  Menschen in ärmeren Ländern mit schwacher Infrastruktur, wenig Bildung,  kaum Zugang zu gutem Trinkwasser, in Meeresnähe oder flachen Regionen  oder in trockenen und Bergregionen lebend. Doch zwei Drittel der  Weltbevölkerung lebt 2050 in Städten. Auf ihre Anpassung muss ebenfalls  ein Augenmerk gerichtet werden. „Nötig sind sowohl natur- wie auch  ingenieurbasierte Lösungen“, erklärte Debra Roberts. Der Bericht geht  auf über 1500 Seiten durchaus detailliert auf die Risiken der  verschiedenen Weltregionen ein und zwar in der Wechselwirkung, wenn die  geeigneten Massnahmen zur Stärkung der Widerstandfähigkeit gegen den  Klimawandel getroffen werden und wenn nichts passiert. Dank  verschiedener Faktoren und Parameter wird deutlich, dass die Ökosysteme  global drastischen Veränderungen unterworfen werden, was Auswirkungen  auf die Biodiversität, aber auch auf die Landwirtschaft hat. Wie weit  sich zum Beispiel Nahrungspflanzen anpassen können, ist noch offen. Im  Meer wird beobachtet, dass Fischpopulationen im grossen Stil dem  kühleren Wasser folgen.


Anpassung stösst an Grenzen
Es gibt immerhin  Regionen, wo der Klimawandel neben negativen Effekten auch vereinzelt  positive Effekte beispielsweise in der Landwirtschaft haben kann. Davon  ausgeschlossen sind Afrika, der Mittelmeerraum und Inselstaaten. Der  Einfluss der Erderwärmung auf das menschliche Leben, die Gesundheit, das  Wohlbefinden, die Sicherheit und die Infrastruktur ist allerdings  durchwegs negativ und zwar global. Wie Berechnungen zeigen, steigt das  Risiko von Katastrophen wie Überschwemmung, Trockenheit, tödlicher Hitze  oder heftigen Stürmen mit zunehmender Erwärmung geradezu exponentiell  und die Anpassung stösst schnell an Grenzen. Wo man sich noch mit Dämmen  gegen die Flut schützen kann ist man nach einer monatelangen Dürre und  trockenen Trinkwasserspeichern machtlos. Dass unbewohnbare Weltgegenden  ein riesigen Konflikt- und Flüchtlingspotential bergen, liegt auf der  Hand. Die Massnahmen, die in den nächsten Jahren getroffen werden,  bestimmen das Ausmass, ob die Menschheit dank geeigneten Massnahmen mehr  oder weniger resilient, also widerständig gegen den Klimawandel sein  wird. Dazu gehören auch bei dem verletzlichen Teil der Menschen in  ärmeren Ländern bewohnbare Städte mit Grünflächen, Gesundheitssystem und  Bildung für alle, eine funktionierende Nahrungsversorgung und  Trinkwassersystem. „Städte müssen inskünftig nicht nur ein Ort für  Menschen, sondern auch ein Lebensraum für die Natur sein“, erklärt Debra  Roberts. Bereits jetzt sind leider viele Beispiele von missglückter  Anpassung an den Klimawandel sichtbar. Etwa, wenn der Damm eines Flusses  mit dünnen Brettern erhöht wird. Die halten das Wasser eine Weile  zurück, doch dann bricht es durch und alles wird noch schlimmer.  „Technische Massnahmen als Anpassung an den Klimawandel müssen Hand und  Fuss haben“, erklärt Debra Roberts. „Die ganze Entwicklung ist für  Menschen mit Verantwortung, für die Wissenschaft, kurz für ganze  Menschheit eine riesige Herausforderung. Wir müssen die Jugend bilden  und die Erwachsenen informieren. Dies ist der Schlüssel, um weltweit  ehrgeizige Ziele zu erreichen“, schliesst Hans-Otto Pörtner.