Und eben manchmal auch Vernunft und Verstand.

Unsere Welt steckt voller Gefahren, die unser Leben bedrohen. Unfälle, Krankheiten, Unglücke und unglückliche Zufälle, Katastrophen, Naturgewalten. All dies und sicherlich noch viel mehr bedroht unser Leben.

Wie allgegenwärtig jedoch die Angst vor dem Unglück, der Katastrophe, ja dem (vorzeitigen) Tod unser Leben mittlerweile bestimmen kann, wurde mir einmal mehr bewusst, als mein 12jähriger Sohn aus der Schule kam und mir ohne ein „Hallo Mama“ entgegen schmetterte: „Wir werden alle sterben... schon bald!“

Ja, wir sterben alle einmal, aber warum schon so bald?

Ihm kam diese Erkenntnis im Unterricht, als ihm und seinen Mitschülern ein „Dokumentarfilm“ zum Klimawandel gezeigt wurde, der wohl bildlich darstellte, was passiert, wenn die Temperatur im Durchschnitt um 2,5 Grad ansteigt, was sie tun wird. Unreflektiert, undiskutiert, unerklärt.

Mein kleiner Sohn stand mit schockgeweiteten Augen vor mir, wie ein Kaninchen vor dem Fuchs. Er will nicht sterben.

Damit ist er nicht allein. Wer will schon sterben? Ob zu früh oder spät. Unser aller Leben und jedes für sich ist einzigartig, einmalig und will mit allem, was dazu gehört, geschützt werden.

Jede Bedrohung dieses unseres einzigartigen, einmaligen Lebens macht uns Angst. Und diese Angst ist real, egal, ob diese Bedrohung selbst oder ihre Konsequenzen tatsächlich und real sind oder nicht.

Dabei kann Angst mit zunehmender Bedrohung –real oder nicht- geschürt und verstärkt oder genommen werden.

Und reale Angst braucht reale Handlungen oder Unterlassungen, diese zu bekämpfen.

Was braucht es also, möchte man bestimmte Handlungen hervorrufen? Was liegt da näher, als diese Verknüpfung von Emotionen und Handlungen zu nutzen? Und sei dies auch für einen „guten Zweck“.

Angst. Als probates Mittel, Maßnahmen durchzusetzen, die Menschen zum Mitmachen, ja durchhalten zu bewegen.

In der aktuellen Corona-Pandemie habe ich Menschen erlebt, die im letzten Frühjahr unter Atemnot nahezu kollabiert sind, weil sie große Angst vor dem Virus hatten. Ich habe Menschen im Wald erlebt, die meine Kinder und mich angeraunzt haben, weil wir beim Wandern nebeneinander gelaufen sind und Begegnungen unter zwei Metern entstanden wären. Ich erlebe Diskussionen zu noch immer weiteren Verschärfungen der Einschränkungen unserer Freiheit, die teilweise völlig widerspruchslos hingenommen werden.

Und lässt die Unterlassung- oder Handlungswilligkeit nach? Dann wird schon mal auch von den reinen Corona-Infektionszahlen hin zu publizierten Todeszahlen gewechselt. Begleitet mit Vergleichen eines täglichen Flugzeugabsturzes.

Mit Erfolg. Und das ist mehr als verständlich. Wer möchte schon, angesichts eines täglich drohenden Flugzeugabsturzes in eben dieses steigen? Oder gar von anderen, möglicherweise nicht ganz so ängstlichen Menschen, in dieses mit rein gezogen werden?

Und auch wenn die Infektionszahlen nun wieder niedrig oder die Feinstaubwerte während des ersten Lockdowns mit viel weniger Dieselbewegungen in den Städten sogar noch höher waren als zuvor, so wird das gefühlte Angstlevel auf stets hohem Niveau gehalten. Nun vor den Mutationen des Virus oder der nächsten Überschwemmung in einem zu kalten Winter.

Und warum? Menschen sollen zu bestimmten Handlungen oder eben Unterlassungen für das moralisch Bessere angehalten werden. Nudging im Sinne der Moral. Angst lässt sie dabei ihre Freiheit vergessen.