Ene mene muh und Glück hast du. Glück hast du noch lange nicht, sag mir erst...wo du wohnst. So in etwa lässt sich die Schullandschaft in Deutschland im 21. Jahrhundert beschreiben.

Auswüchse unseres Bildungsföderalismus unter dem Deckmantel des Wettbewerbes.

Spätestens ab dem 4 Lebensjahr (für manche Eltern noch früher) beginnen sich die Gedanken vieler Mütter und Väter um die künftige Schullaufbahn des eigenen Sprösslings zu drehen. Nichts kann früh genug beginnen. Ich lasse hier bewusst die musikalischen Früherziehungen, bilingualen Krabbelgruppen, Pekip, Babyschwimmen und all die anderen unzähligen Angebote weg, die ihre Eltern dem Baby schon im Mutterleib angedeihen lassen können.

Es geht hier um die schlichte, grundrechtlich verankerte staatliche Aufgabe der schulischen Bildung.

Jedes Kind hat gemäß Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvetion das Recht, eine Schule (Grundschule und weiterführende Schule) zu besuchen und dort zu lernen, eine Ausbildung zu bekommen und in seinen Talenten und Fähigkeiten gefördert werden. In Deutschland gibt es das Recht auf Bildung so (noch) nicht in unserem Grundgesetz. Zur Durchsetzung dieses Rechtes besteht hier vielmehr die Schulpflicht. Festgelegt ist jedoch in unserem Grundgesetz, dass die 16 Bundesländer für den Bereich der Schule allein zuständig sind. Deutschland im Bildungsföderalismus.

Mit meiner Tochter bin ich vor 12 Jahren im Bildungsföderalismussystem angekommen. Und dies direkt mit der Tatsache, dass ihre Grundschule entschieden hat, von der vereinfachten Ausgangsschrift zur Schulausgangsschrift zu wechseln. Ebenfalls mit der Tatsache, dass sie kein Ganztagsangebot machen wird. Die benachbarte Grundschule wollte Ganztagsschule werden und wurde das. Etwas mehr Rahmen hätte ich mir schon damals gewünscht.

Bildungsföderalismus macht noch viel mehr möglich. Von den verschiedenen – erstaunlich gut unter den Bundesländern abgestimmten - Ferienzeiten mal abgesehen, ermöglicht Bildungsföderalismus zum Beispiel Lernrückstände bei Kindern aus Bremen gegenüber den Kindern aus Sachsen. Bildungsföderalismus ermöglicht, dass ein Kind in dem einen Landkreis eine moderne und digital zumindest ausreichend ausgestattete Schule als Lernort hat, ein anderes Kind in einem anderen (ärmeren) Landkreis noch nicht einmal die Tür zur Toilette schließen kann, weil sie kaputt ist. Digitale Ausstattung mit Hard- und Software wäre dort schon purer Luxus. Bildungsföderalismus bedeutet auch, dass beamtete Lehrer unter Umständen nur über große Hürden hinweg ihren Arbeitsplatz über Landesgrenzen hinaus wechseln können.

Bildungsföderalismus ermöglicht auch Wettbewerb. Ein nahezu unschlagbares Argument im Kampf um das beste Bildungsangebot. Doch um welchen Wettbewerb kann es bei der Bildung gehen? Welche Möglichkeit haben Eltern und Kinder, sich das beste Angebot auszusuchen. In Sachsen läuft es offensichtlich ganz gut. Sollen Eltern aus Bremen also mit Ihren Kindern nach Sachsen ziehen, um das dortige, im Wettbewerb stehende, erfolgreichere Angebot nutzen zu können? Wohl kaum. Doch genau das braucht Wettbewerb. Es muss ein Markt existieren mit mindestens zwei Anbietern, die sich antagonistisch- also nicht kooperativ – verhalten. Betrachtet man den Bildungs-Wettbewerb unter dieser Definition, ist es nahezu zwingend, dass sich die Kultusministerinnen und Kultusminister nicht auf gemeinsame Strategien einigen können.

Doch genau das bräuchte es. Eine Kultusministerkonferenz, die Bildung als gemeinsame staatliche Aufgabe sieht und sich nicht mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner einer Einigung zufrieden gibt.

Und, wir brauchen Lehrer. Viele Lehrer, gute Lehrer und gut ausgebildete und gut weiter gebildete Lehrer. Wenn wir bedenken, dass in frühester und früher Kindheit, also in Kita und Grundschule das Fundament des Bildungserfolges eines jeden Kindes gelegt wird, dann lassen wir den Berufen der Erzieher und Grundschullehrer viel zu wenig Bedeutung und auch finanzielle Anerkennung zukommen. Hier muss sich dringend was ändern.

Ziel aller Maßnahmen und auch Änderungsvorschläge zum derzeitigen Bildungsföderalismus muss es sein, gleiche und gerechte Bildungschancen unsere Kinder an jedem Ort unseres Landes, egal ob im Norden, Osten, Süden oder Westen Deutschlands wohnend, sicherzustellen. Wir müssen Bildung bundesweit denken!

Ob dies in einem zentralistischen System besser gelingt, muss ergebnisoffen diskutiert werden dürfen. Im Sinne und mit Blick auf unsere Kinder, unsere Zukunft in einer globalen Welt.