Roman - Auszug

	Prolog

Der hier beschriebene Kriminalfall beruht auf wahren Ereignissen, die aber so unglaublich sind, dass sie in den Archiven aller wesentlichen Polizeieinrichtungen, von BKA, CIA, Inter- und Europol, Mossad, KGB und dem Vatikan, unter Verschluss gehalten werden. Dem Autor, dessen Name, aufgrund einer einstweiligen Verfügung seiner Mutter, verändert werden musste, gelangte über geheime Kanäle an die brisanten Unterlagen. Wie branchenüblich, wurden kleine sexuelle Gefälligkeiten dabei verlangt, dem der Autor mit einer gewissen Freude nachkam.
Er, der unverzagteste und aufklärerischste aller Autoren, traf sich, an anonymen und abgelegensten Orten mit seinen Kontaktpersonen, die diversen Geschlechtern angehören, in verdunkelten und abhörsicheren Räumen, um die Geheimhaltung zu wahren.
Welche dezidierten sexuellen Praktiken dabei zur Anwendung kamen, um in den Besitz der Unterlagen zu kommen, spielen an dieser Stelle, wegen ihrer Perversion, keine Rolle. Sämtliche Videomitschnitte sind vertraulich und werden von den Geheimdiensten unter Verschluss gehalten und nur bei internen Betriebsfeiern gezeigt.

Aus Gründen der Einhaltung von Persönlichkeitsrechten und zum Schutz aller beteiligten Personen, wurden ihre Namen geändert. Die Namen der beiden Hauptprotagonisten wurden, auf Anraten ihrer Anwälte, bis zur Unkenntlichkeit verändert.
Wobei dem Opfer, der Name Dr. Wu zugedacht wurde.
Sein Gegenspieler erhielt den, international nicht so gebräuchlichen, Namen Horst.
Dem Autor ging es bei der intensiven Namensfindung, die sich über Wochen hinstreckte, bereits hier schon darum die gesellschaftlichen Unterschiede zu verdeutlichen. Beide Namen stehen untrennbar für eine geistige Entwicklung, die, wenn man die Namen tauschen würde, keinen Sinn ergeben würden und als völlig unglaubwürdig, von der lesenden Bevölkerung nicht akzeptiert werden. Der allgemeine Tenor, der durch eine Befragung des Forschungsinstituts Infratest dimap, eindrucksvoll untermauert wurde, war, ein Horst könnte niemals einen Großkonzern leiten. Ihm fehlt das Wesentliche! In Horst steckt nichts Gewinnendes! Kein brutales Durchsetzungsvermögen, was unumgänglich ist, um an die Spitze eines führenden Versicherungsunternehmens zu gelangen. Dr. Wu hingegen, ein Name, der für sich spricht! Geheimnisvoll und liebenswürdig zugleich. Der Leser möchte ja mit dem Opfer mitleiden und an seinem Schicksal emotional Anteil nehmen. Das wäre bei einem Horst ausgeschlossen. Horst spricht einfach nicht für Erfolg! Zwar wird immer wieder jemand zum Horst gemacht, doch in der Regel trägt der so gescholtene einen anderen Namen. Nachdem er dann zum Horst wurde, kehrt er wieder zu seinem alten Namen zurück.
Sollte jedoch der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass einer der wenigen wirklichen Horst`s an dieses Buch gelangt, so empfiehlt der Autor dringlichst, dies für sich behalten.
Von einem öffentlichen Outing wird dringlichst abgeraten.

Um nun die Glaubwürdigkeit zu erhöhen, wurde eigens für Dr. Wu eine Vita hinzuerfunden, die herzergreifend ist.
Sie zeigt eindrücklich, wie man, wenn auch die Umstände eigentlich dagegen sprechen, man es aus eigener Kraft und der nötigen Portion Kaltschnäuzigkeit schaffen kann, an die Spitze eines Unternehmens zu gelangen, selbst wenn man dafür über Leichen gehen muss, die einem auf der beschwerlichen Reise zum Olymp den Weg versperren. Ein Horst wäre schon über die erste Leiche gestolpert und sich höchstwahrscheinlich den Hals gebrochen. Und damit wäre dann die Geschichte bereits beendet, noch ehe sie begonnen hat. Deshalb war es auch so wichtig, den beiden Charakteren die richtigen Namen zu verpassen.
Über Horst wird nachfolgend bereits einiges berichtet, damit sie sich selbst ein Bild von ihm machen können. Dr. Wu hingegen, umgibt etwas unheimliches, wie sie ja bereits dem Titel des Buches entnehmen konnten.
Dennoch möchte ich an dieser Stelle und ganz exklusiv ein paar Geheimnisse von Dr. Wu preisgeben, die sie heiß machen sollen, um sich für ihn zu begeistern.
Für einen Schriftsteller von Weltgeltung, der bereits überschüttet wurde mit Literaturpreisen, dem fehlt der Biss eine solch unglaubliche Geschichte zu Papier zu bringen. Seine Tantiemen haben ihn nicht nur zu einem mehrfachen Millionär gemacht, sondern auch bräsig. Aber diese tragische Lebensgeschichte zweier sehr ungleicher Männer, verlangt Frische, Neugierde, die Lust am Formulieren und den absoluten Ehrgeiz, damit endlich der drohenden Obdachlosigkeit zu entkommen. Dieses Buch ist der letzte Hilferuf eines zutiefst enttäuschten Mannes, der schreibt um die Welt aufzurütteln und der mit dem Rücken zur Wand steht. In der einen Hand bereits die Pistole am Kopf, in der anderen das verschmutzte Küchenmesser, jederzeit bereit, es sich in die Brust zu stechen. Sollte nun der Eindruck entstanden sein, hier bettelt jemand auf schleimscheißerische Weise darum, ein Buch zu verkaufen, um es in den Bestsellerlisten nach oben zu puschen, dem sei offen und ehrlich gesagt: Ja, der Eindruck täuscht nicht! Und wenn sie schon nicht das Schicksal von Horst und Dr. Wu berührt, dann hoffe ich inständig, meine verzweifelte Lage kann sie erweichen.
Doch sollten sie nun dieses Buch einfach wieder zurück ins Regal stellen und die Buchhandlung ihres Vertrauens, ohne ein Exemplar verlassen, so machen sie sich mitschuldig. Mein Tod, der letzte Weg meinem Leben noch etwas abzugewinnen, wird auf ewig auf ihrer Seele lasten. Sie werden keine Nacht mehr ruhig schlafen können. All dies kann und möchte ich ihnen ersparen. Investieren sie nur ein paar Euro, die ihnen sicher nicht weh tun werden und machen sie sich und mich glücklich. Und nun begeben sie sich, ohne noch länger zu hadern, an die Kasse und werden sie zu meinem Lebensretter! Getreu der alten Pfadfinderlosung: „Jeden Tag eine gute Tat!“
Ich verlange auch nicht, dass sie es anschließend lesen, nur das sie es kaufen! Sollte aber dieser inständige Appell bei ihnen auf taube Ohren treffen, so sehe ich mich gezwungen, eine letzte Methode zu ergreifen, für die ich sie ganz alleine verantwortlich mache. Ich habe mir nämlich die Fähigkeit der suggestiven Hypnose in Heimarbeit selbst beigebracht, die ich nun gezwungener Maßen, bei ihnen anwende.
„Kaufen sie dieses Buch! Kaufen sie dieses Buch! Kaufen sie dieses Buch! Jetzt!“

Nun sollte es ihnen leicht fallen, sich für den Kauf dieses Buches zu entscheiden, zu dem ich sie ausdrücklich beglückwünschen möchte.
Auch im Namen meiner Kinder, die noch ungezeugt und ungeduldig darauf warten, endlich an den Start gehen zu können, um ein unbeschwertes Leben, an der Seite ihres erfolgreichen Vaters führen zu können.
PS: Für die obigen letzten vier Zeilen wird noch eine passende fruchtbare Frau gesucht. Aussehen zweitrangig. Vermögen erwünscht.

Herzlichst Ihr
Xxxx Xxxxxxxx
(Name wurde, zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte, unkenntlich gemacht)
Auch wurde auf eine detaillierte Schilderung von Örtlichkeiten verzichtet, damit keine Rückschlüsse gezogen werden können. Gerade das große Gebäude des Versicherungsunternehmens von Dr. Wu wird nicht näher beschrieben. In einer geheimen Allianz, zwischen Unternehmen und Autor, wurde vereinbart, der Autor nennt den Namen nicht, dafür verzichtet das Unternehmen darauf Bücher über ihn zu schreiben. Eine Win-win-Situation für beide Seiten.

Über die Vergangenheit von Dr. Wu ist zudem wenig bekannt. Trotz intensiver Recherche konnte nur so viel in Erfahrung gebracht werden: Er ist das zweite Kind seiner Eltern. Er wurde während der „Ein Kind Politik“ Chinas geboren und deshalb ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass er keinen leichten Start ins Leben hatte. Durch ein dubioses Deutsch-chinesisches Handelsabkommen kam er zu einer Familie in Bottrop, die ihn großgezogen hat, so weit man einen Chinesen eben großziehen kann. Bei der Aufzucht des Kleinen, mussten seine Pflegeeltern betrübt feststellen, dass ihr kleiner Wu eine Reisallergie hat und somit der Ankauf eines gebrauchten Reiskochers sich als Fehlinvestition sich erwies. Als der kleine Wu verspätet in Bottrop ankam, weil der DHL Service die Adresse nicht direkt fand, schauten seine Pflegeeltern ihn lange und ausgiebig an, denn sie wollten ihm einen passenden Vornamen geben. Besonders der Pflegevater, der in ihm eine gewisse Ähnlichkeit erkannte, was seine Frau sehr stutzig machte, bestand auf einem deutschen Vornamen, damit er es später leichter im Leben haben sollte. Lange diskutierten sie über den Vornamen, was fast zur Trennung geführt hatte, denn sie konnten sich nicht entscheiden zwischen Giuseppe und Francois. Schließlich einigten sie sich, unter Zuhilfenahme eines Mediators, auf Horst. Horst Wu sollte er von nun an heißen. Innerhalb unserer Geschichte wird er aber nur als Dr. Wu bezeichnet, weil ja bereits der andere Protagonist Horst heißt, was ja sonst nur Verwirrung schaffen würde.
Nach einer erfolgreichen Namensfindung durchlief er das Bottroper Bildungssystem.
Bereits früh erkannten seine Pflegeeltern, dass anhand seiner Leistungen, an eine akademische Laufbahn nicht zu denken war, falls nicht ein Wunder geschieht. Und dieses Wunder geschah dann tatsächlich eines Tages, in Form eines Lotteriegewinns. Die Auszahlung für vier Richtige plus Zusatzzahl, ermöglichte ihnen den Ankauf eines Doktortitels. Damit sah die Welt gleich ganz anders aus. Mit Kusshand wurde ihm eine Lehrstelle angeboten, die er auf sanftem Druck seiner Pflegeeltern antrat. Damit wurde er zu dem ersten und einzigen Warenauffüller mit akademischen Titel, den die Bottroper Einzelhändler aufzuweisen hatten. Aber Dr. Wu wollte mehr.
Der Ehrgeiz in ihm war geweckt und er machte nebenbei in einem Fernstudium den Einkaufswagenführerschein. Er bestand die Prüfung mit Auszeichnung und erhielt eine vergoldete fünfzig Cent Münze, womit er weltweit jeden Einkaufswagen entriegeln konnte. Selbst die örtliche Presse berichtete darüber. Danach wollte er in die weite Welt hinaus und an der Autobahnzufahrt Richtung Cottbus, verlor sich seine Spur.
Jahrelang hörte niemand mehr etwas von ihm. Als seinen Eltern auch noch das Pflegegeld gestrichen wurde, war die Sache für sie ebenfalls erledigt. Der Name Dr. Wu tauchte erst Jahrzehnte später wieder auf. Ein großer Versicherungskonzern machte einen Dr. Wu zu seinem Vorstandsvorsitzenden. Ob es sich dabei aber um den kleinen reisverweigernden Wu aus Bottrop handelt, konnte nie geklärt werden, da er von seinem Recht der Aussageverweigerung Gebrauch machte.

Und an dieser Stelle beginnt sie nun, die eigentliche Geschichte von Dr. Wu und Horst.

	Kapitel 1

Die Welt ist voller wunderbarer Menschen! Stets war ich bemüht, die grenzenlose Liebe, die ich in meinem Herzen gespeichert habe, über die Menschheit auszuschütten. Denn wer die Menschen nicht liebt, der kann auch nicht erwarten, gegengeliebt zu werden. Und ich möchte, um alles in der Welt, geliebt werden.
Ich möchte dereinst als Gutmensch von dieser Welt abtreten und ein weinendes Menschenmeer zurücklassen.
Meinen letzten Auftritt habe ich ganz genau geplant. Alles ist von mir bestimmt, notiert und bei einem Notar meines Vertrauens hinterlegt. Natürlich durchlief der Notar eine Sicherheitsüberprüfung, die ihres gleichen sucht. Schließlich handelte es sich bei dem Dokument, welches ich ihm übereignen wollte, um die detaillierten und sorgsam ausformulierten letzten Wünsche meiner, von mir geplanten, dreitägigen Trauerfestivitäten. Polizeiliches Führungszeugnis und die fünf Leumundszeugen, die ich durch den Verfassungsschutz überprüfen ließ, waren nur die erste kleine Hürde, die der Notar überspringen musste.
Bei einer, in solchen Angelegenheiten, üblichen Ortsbegehung, stellte ich zu meinem Entsetzen fest, der von mir präferierte Notar, besaß weder ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept für seine Kanzlei, noch einen Kampfhund, der nächtens den Tresor bewacht und im Falle eines Einbruchs, sofort dem Dieb die Gurgel, mit einem gezielten Biss, aufreißt. Für einen hundsgemeinen Dieb, der es auf meine Trauerfestschrift abgesehen hat, ist Verbluten eine fast zu humane Strafe. Der Kampfhund müsste nach getaner Arbeit, die meinen ganzen Respekt verdient, natürlich aus hygienischen Gründen eingeschläfert werden.
Selbst wenn ideologisch verblendete Tierschützer verbissen gegen die Tötung aufbegehren, muss das süße Hündchen, den Weg in den Hundehimmel antreten. Mit etwas Glück hat er ja zeit seines Lebens genügend Karma-Paybackpunkte gesammelt und wird als Haselmaus oder Minischwein wiedergeboren. Aber darauf habe ich keinen Einfluss. Soweit reichen meine Beziehungen nicht. Noch nicht! Kann ja noch werden. Bin ja noch nicht tot. Ich will mich nur rechtzeitig vorbereiten. Hinterher ist es ja zu spät. Deshalb habe ich rechtzeitig vorgesorgt. Man weiß ja nie, wann es einen erwischt. Nachher gerate ich zufällig unter einen LKW, dessen Fahrer gerade eine WhatsApp Nachricht erhalten hat. Eine kleine Unaufmerksamkeit seinerseits und meine Gedärme haben sich um seinen profillosen Hinterreifen gewickelt. Und das alles nur, weil der mir zugewiesene Schutzengel Überstunden abbummelt. Ein solches Szenario würde mich nicht gerade fröhlich stimmen. Wohl dem, der dann seine Abschiedsfeier bereits vorausgeplant hat.
Auf meinen ausdrücklichen Wunsch, im offenen Sarg präsentiert und zur allgemeinen Freude, ausgestellt zu werden, würde ich aus ästhetischen Gründen, in obigem Fall verzichten.
In meinem Bekanntenkreis befinden sich einige magenempfindliche, denen ich durchaus zutraue, bei meinem Anblick sich zu übergeben. Dann wäre die feierliche Stimmung dahin. Zudem entwickelt Erbrochenes einen beißenden Geruch, der in so manche empfindliche Nase steigt. Nicht auszudenken, wenn dann ausgerechnet die Frau des Bundespräsidenten, ohnmächtig in meine Eingeweide fällt. Das würde zwar Schlagzeilen bringen, aber es würde von meiner Lebensleistung ablenken.
Von einer First Lady erwarte ich Zurückhaltung und Contenance und nicht, dass sie sich auf meine Kosten in den Vordergrund spielt. Wenn sie sich schon interessant machen will, dann soll sie, zur Rettung des Weltfriedens, mit irgendwelchen Diktatoren schlafen und sie zum Abrüsten zu bewegen. Damit würde sie uns allen einen Dienst erweisen. Stöhnen für den Frieden! Was kann es Schöneres geben. Ihrem Mann wäre dann die zweite Amtszeit sicher und er würde ein Auge zudrücken. Würde sie ein Verhältnis mit seinem Büroleiter anfangen, müsste er zwar auch ein Auge zudrücken. Aber nur, um besser Zielen zu können. Aus Staatsräson müsste er dann seine langjährige Geliebte, die in seinem Vorzimmer sitzt, um immer griffbereit zu sein, heiraten. Der gemeine Bürger erwartet für sein Steuergeld einen Präsidenten, der eine präsentable Frau an seiner Seite zu stehen hat. Und wer bezahlt, der bestimmt! Politik ist auch kein leichtes Geschäft. Aber Mitleid ist an dieser Stelle unangebracht. Er hätte ja etwas Anständiges lernen können.

Doch es gibt weit Drängenderes als ein sich gegenseitig betrügendes Präsidentenpaar. Der Notar zeigte mir seinen sogenannten Tresor. Ein in die Wand eingelassener Kasten, der den Anschein erweckte, als sei er eine umfunktionierte Weihnachtsplätzchendose, die mit Alufolie verkleidet wurde.
Ein Blick genügte und mir war klar, dieses Ding kriegt jede halbwegs fleißige Hausfrau mit einem handelsüblichen Dosenöffner auf.
Für jeden Einbrecher, der auch nur etwas Ehre im Leib hat, käme das Öffnen dieser Sardinenbüchse, einer Kapitulation vor seinem goldenen Handwerk gleich.
Kein anständiger Tresorknacker, der seine Prüfung vor der IHK erfolgreich abgelegt hat, würde sich daran vergehen.
Nachdem ich in aller Ausführlichkeit und mit voller Berechtigung den Notar ausgelacht hatte, war er sichtlich betroffen.
Dennoch unternahm er den kläglichen Versuch, mich von der Sicherheit seines Alukistchens zu überzeugen, indem er auf das, seiner Meinung nach, raffiniert getarnte Versteck hinwies, was verhindern sollte, den Tresor überhaupt aufzuspüren.
Es handelte sich dabei um das obligatorische Bild, was jeden Safe verdeckt. Kein noch so gewiefter Einbrecher würde jemals auf den wahnsinnig absurden Gedanken kommen, hinter einem Ölgemälde nach einem Geldschrank zu suchen. Dazu bedarf es schon einem Hochschulabschluss, den nur die wenigsten Geldschrankknacker vorweisen können. Für einen Dieb mit akademischen Doktortitel ist ein simpler Einbruch unter seiner Würde. Investmentschwindel oder wenigstens Aktienbetrug sind da eher angesagt. Darunter macht es ein studierter Betrüger nicht. Mit mittlerer Reife sähe die Sache natürlich anders aus. Laut einer Umfrage von Infratest dimap, haben 38% aller gefassten Einbrecher eine abgebrochene Schullaufbahn.
In einem konspirativen Interview mit dem Spiegel kritisierte Klaus Stehlen, Pressesprecher der Gewerkschaft „Einbruch & Diebstahl“, die unzureichenden Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Gerade junge hoffnungsvolle Talente werden nicht gefördert. Er forderte einen Studiengang, der fundiertes Wissen vermittelt. Leider findet dieser großartige Handwerksberuf in der Öffentlichkeit wenig Anerkennung. Klaus Stehlen fordert gesellschaftliche Akzeptanz, damit dieser wunderbare, jahrhundertalte Beruf endlich aus der Dunkelheit ans Licht treten kann. Seine Gewerkschaft fordert bereits seit langem einen anerkannten Studiengang. Schließlich hätte die Gewerkschaft der „Betrüger und Bilanzfälscher“ seit langem die Möglichkeit eines Wirtschaftsstudiums. „Dies ist ein Skandal und nicht länger hinnehmbar!“, wie Stehlen betont. Zudem beklagte er, dass von staatlicher Seite zu wenig Anreize geschafft werden, Abiturienten für diesen vielfältigen und spannungsreichen Beruf zu finden. Das hauptsächlich Schulabbrecher sich für eine Ausbildung interessieren, schaden dem guten Ruf der ganzen Innung. Hinzu kommen ganze Banden osteuropäischer ungelernter Quereinsteiger, die ihre Beute nicht ordnungsgemäß versteuern. Dem muss Einhalt geboten werden, sonst droht die Gewerkschaft mit einem landesweiten Streik. Nun ist die Politik gefordert, endlich etwas für die heimischen Diebe zu machen. Es droht sonst eine alte Tradition vor die Hunde zu gehen. Wobei Hunde, hier besonders der gemeine Mops, seit Jahren den Dieben ihr Leben immer schwerer machen.
Von der dringenden Anschaffung eines Hundes versuchte ich meinen Notar auch zu überzeugen. Leider mit mäßigem Erfolg. Er beichtete mir, in tiefer Zerknirschung, eine diagnostizierte Hundeallergie, die ihm seit Jahren zu schaffen macht. Was nun das Bild angeht, das nicht nur den Tresor, also das Alu-Kästchen verbergen sollte, war das Motiv etwas ungünstig gewählt. Hier zeigte sich keine „Landschaft im Schnee“ oder ein „Hirsch in der Brunft“. Dieses Bild, offenbar selbstgemalt, nach einer „Malen nach Zahlen“ Vorlage, zeigte einen, mit einer Strumpfmaske über dem Kopf verkleideten Einbrecher, der vor einem Tresor kniete und dabei war, diesen aufzubrechen. Die Intension der Ablenkung verstand ich wohl, wenngleich ich dieser raffinierten Tarnung, die Verwirrung schaffen sollte, nicht wirklich vertrauen wollte. Irgendwie erschloss sich mir die Logik nicht so ganz. Doch letztlich konnte der Notar mir schlüssig sein Konzept erklären. Schließlich musste ich mir eingestehen, mein Misstrauen gegen sein Sicherheitskonzept war voreilig gewesen. Mit einem einzigen Satz überzeugte er mich davon, mein Dokument bei ihm zu hinterlegen. Und ich zollte ihm meinen ganzen Respekt. Nie wieder, weder davor, noch danach, fühlte ich mich dermaßen zerknirscht.
„Wissen sie ...“, begann er und ich lauschte fasziniert seinen Worten, die zu vergessen, mir unmöglich waren. „... das Geheimnis dieses Tresors ist ein ganz anderes.“ Bedeutungsschwanger deutete er vielsagend auf einen kleinen unscheinbaren Knopf, der neben dem Bild war und keine offensichtliche Funktion innehatte.
Er war mir bereits aufgefallen, aber ich hatte ihm keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt, denn ich hielt ihn für ein Dekorations-assesoire, dass von einer übereifrigen Innenarchitektin, sozusagen als ein Highlight, dort verortet wurde. Wahrscheinlich sollte es dem Raum mehr Gemütlichkeit und Wärme vermitteln. Was es tatsächlich mit dem Knopf auf sich hatte und welch raffinierter Mechanismus damit auszulösen war, erfuhr ich nun.
„Immer dann, wenn ein Klient mir ein wichtiges oder geheimes Dokument übereignet, bin ich für die Sicherheit verantwortlich. Ich erhalte auch Dinge, die keinesfalls in die Hände der Polizei oder der Staatsanwaltschaft gelangen dürfen, da viele Papiere Beweise für eine Straftat darstellen. Da braucht es eben einen vertrauenswürdigen Notar und ich darf mit einigem Stolz sagen, meine Mandantschaft reicht bis in die höheren Kreise der italienischen Mafia. Oh, habe ich gerade Mafia gesagt? Das bestreite ich vehement! Man kann mir keine Verbindungen dazu nachweisen. Sollten sie also gerade ein solches Wort gehört haben, so handelte es sich um eine Sinnestäuschung und ich würde jederzeit an Eides statt schwören, dass sie einer Fata Morgana aufgesessen sind. Oder können sie glaubwürdige Zeugen benennen?“
Eingeschüchtert von den Worten verneinte ich seine Frage, durch intensives Kopfschütteln, was allerdings zur Folge hatte, meine Haare gerieten durcheinander.
„Das will ich schriftlich von ihnen!“, fuhr er fort und reichte mir eine Bürste, um mich wieder in den Originalzustand zu verwandeln. Er war also nicht nur Notar, sondern auch ein Ästhet! Nachdem meine Haare, an Akkuratesse nichts mehr zu wünschen übrig ließen, entfernte ich totes Haar, welches sich in der Bürste zum sterben hingelegt hatte und reichte die gesäuberte Bürste wieder zurück. Er lobte meinen Sinn für Reinlichkeit und setzte seine Erklärung fort, nachdem ich ihm ein vorgefertigtes Formular unterschrieb, was er sofort notariell beglaubigte. Damit war er abgesichert!
„Ich gebe ihnen mal ein Beispiel! Das ist natürlich nur fiktiv und frei erfunden. Nicht das sie denken, ein solcher Fall wäre schon einmal bei mir vorgekommen! Eines schönen Sommertages schneit ein Mandant gehetzt herein und übergibt mir ein Päckchen unbekannten Inhalts, mit der Bitte, es für ihn zu verwahren. In einem solchen Fall ist natürlich Eile geboten, besonders wenn unten auf der Straße Autos scharf abbremsen und eine Einheit der GSG9 auf dem Weg in die Kanzlei ist. Da ist dann Gefahr in Verzug. In einem solchen Fall, der wie gesagt nur erfunden ist, öffne ich schnell den Tresor, werfe das Päckchen hinein und schließe die Tür. Dann drücke ich den Knopf und alles ist gut.“
Er sah mich an und strahlte. Ich war noch nicht ganz überzeugt, was ich ihm eindrucksvoll mit einem „Na ja“ klarzumachen versuchte.
„Oh du ungläubiger Thomas!“, rief er nur.
„Nein Horst!“, machte ich ihn auf seinen kleinen Fehler aufmerksam.
„Nun gut! Sie wollen Beweise? Kann ich ihnen liefern.“
Etwas verärgert ging er zu dem Tresor, öffnete ihn und sah mich mit finsterer Mine an.
„Geben sie mir etwas wertvolles und ich lege es hinein. Dann werden sie sehen, wie sicher mein System ist.“, forderte er mich auf und hielt mir seine Hand entgegen. Eilig durchsuchte ich meine Taschen, fand aber nur ein im Gebrauch befindliches Taschentuch, welches ich ihm in die Hand legte.
Er sah mich an, mit dem rüffelnden Blick einer zutiefst frustrierten Religionslehrerin. Dann warf er es in den Tresor, schloss die Tür und sah mich an, ob ich auch geflissentlich jeden Schritt nachvollziehe. Anschließend drückte er den Knopf und sah mich strahlend an.
„Jetzt ist ihr eingeschnäuztes Taschentuch so sicher wie in Abrahams Schoß!“
Bei mir blieb eine gewisse Skepsis, die sich in meinem Gesicht deutlich zeigte. Er schüttelte nur verständnislos seinen notariellen Kopf.
„Falls jetzt die GSG9 mich mit Waffengewalt zwingen würde den Tresor zu öffnen, müsste ich dem Ansinnen ja Folge leisten. Also öffnen wir ihn wieder!“
Er drehte am Rad des Tresors, bis die richtige Kombination eingestellt war, dann machte er die Tür auf.
„Voilà!“, rief er, wie ein drittklassiger Magier, der im Altenheim auftreten musste, ging zur Seite und wies mit seiner ausgestreckten Hand auf das Innere der Zauberkiste. Die Überraschung war gelungen. Gähnende Leere blickte mich an.
Tatsächlich war das Taschentuch verschwunden. Ich konnte nicht umhin, ihm zu applaudieren, was der Notar mit einer tiefen Verbeugung dankbar entgegennahm.
„Jetzt bin ich aber verblüfft!“, musste ich meiner Verblüffung Ausdruck verleihen.
„Nicht wahr!“, meinte er nicht ohne Stolz.
„Das ist ja Magie in Reinkultur!“, lobte ich ihn in überschwänglichem Maße.
„Nun werde ich ihnen das Geheimnis offenbaren, wenn sie versprechen, es danach sofort wieder zu vergessen!“
Ich gelobte es bei allem, was mir heilig ist!
Das fiel mir nicht sonderlich schwer, da mir nichts heilig ist. Aber das sagte ich ihm selbstverständlich nicht. Ich ließ ihm in dem Glauben, das Geheimnis sei bei mir sicher. Und so plauderte er eines der größten Tricks der Magierzunft aus.
„Der Tresor läßt sich nämlich von hinten ebenfalls öffnen. Immer wenn ich den Knopf drücke, weiß meine Sekretärin bescheid und öffnet die Rückwand, entnimmt den Inhalt und steckt es in ihre Handtasche. Dann bringt sie alles zu sich nach Hause und verwahrt es dort in ihrem Küchenschrank, hinter einer Ansammlung von abgelaufenen Konserven.“
Nie im Leben wäre ich hinter dieses Geheimnis gekommen. Dankbar, mich ins Vertrauen gezogen zu haben, übergab ich ihm meinen Umschlag und verließ die Kanzlei, in der Gewissheit, meine Unterlagen in Sicherheit zu wissen.
Stop! Time out! Cut!

Leider sehe ich mich gezwungen, ihrem Lesefluss Einhalt zu gebieten. Dies bin ich mir und ihnen schuldig. Ich möchte sie inständig bitten, sich an dieser Stelle, dem Ende des ersten Kapitels, selbst einmal zu überprüfen. Vielleicht geht es ihnen ja wie mir, nach Beendigung und nochmaliger Durchsicht der von mir angedachten Geschichte. Haben auch sie, hie und da ihre Stirn in Falten geworfen? Rollten sie bei mancher Wendung mit den Augen? Waren sie bereits innerlich soweit, dieses Buch aus dem Fenster zu werfen? Wollten sie ihren Buchhändler für seine Empfehlung bereits verklagen?
Sollten sie auch nur eine dieser Fragen mit einem überzeugten „Ja“ beantworten können, dann gehen sie jetzt, wo auch immer sie nun sind, an das nächstgelegene Fenster.
Öffnen sie es! Und nun nehmen sie tief Luft und schreien sie ihren Unmut mit einem aufgestauten und lautem „Scheiße!!!!!!!“, in die Welt hinaus.
Trauen sie sich ruhig! Vergessen sie einmal für einen Augenblick sämtliche gesellschaftlichen Konventionen. Sie dürfen mir auch gerne ein Selfie von ihrem epochalen Gefühlsausbruch schicken. Ich werde es ihnen auch nicht übel nehmen. Wenn jemand für ihre Reaktion größtes Verständnis aufbringt, dann bin ich es.
Sollten ihnen irgendwelche Schwierigkeiten, Probleme oder Drohungen ihrer Umwelt entstanden sein, die auf meine Aufforderung zurückgehen, so dürfen sie mich gerne als den wahren Schuldigen benennen. Ich bin mir der Problematik ja durchaus bewusst und habe mir selbst, die an sie gerichteten Fragen völlig wertneutral gestellt, mit verheerenden Folgen.
Auch ich schlug meine Stirn dermaßen in Runzeln, dass sie sich nicht wieder zurückentwickelte und ich nun eher einer Bulldogge gleiche.
Meine Augen rollten sich nicht einfach so, nein sie rotierten wie ein Deckenventilator im Hochsommer, in einer Bambushütte, inmitten der Wüste Gobi.
Und ich verhehle auch nicht, dass es mir äußerst schwerfällt, auch nur ein Fünkchen Verständnis, für das von mir Höchstselbst verfasste erste Kapitel aufzubringen. In dieser Causa sehe ich mich gezwungen, mir in den Rücken zu fallen. Obgleich ich mir eigentlich sehr wohlgesonnen bin, fühle ich mich, für meine Leserschaft verpflichtet, diesen drastischen Schritt zu gehen, selbst wenn ich, damit die Freundschaft zu mir aufs Spiel setze. Bevor ich mich jedoch nun durch eine Selbstgeißelung bestrafe und mich selbst abstrieme, gestehe ich es öffentlich und freimütig: Ich bin schmerzempfindlich!
Selbst die simple Strafe, dass Buch einfach aus dem Fenster zu werfen, bleibt ein unerfüllter Wunsch. Leider besitze ich es, im Gegensatz zu ihnen, nicht in ausgedruckter Form. Aus persönlichem Geiz, den ich exzessiv betreibe, liegt mir der Text unglücklicherweise nur als PDF-Ausgabe vor, der sich auf meiner Festplatte befindet. Diese wiederum in meinem Laptop. Wenn ich also etwas aus dem Fenster werfen könnte, so wäre dies der komplette Computer, was aber in Opposition zu meinem ausgeprägten Geiz stehen würde.
Ein Dilemma, mit dem ich nicht umzugehen weiß. Erschwerend kommt noch hinzu, die Lage meiner Wohnung, ist für so einen existenziellen Schritt äußerst undankbar. Zwar bin ich im Besitz eines Fensters, welches sogar nach draußen führt, aber dies befindet sich im dritten Stock.
Ein unkontrollierter Wurf aus besagtem Fenster, würde unweigerlich zum Zerbersten meines Laptops führen. Eine Tatsache, die nicht unerwähnt bleiben darf. Die Wahrscheinlichkeit, der Fall könnte abgebremst werden, durch einen zufällig vorbeifahrenden Kinderwagen, sehe ich als sehr gering an. Mich auf mein Glück zu verlassen, ist mir zu riskant, wie mein bisheriges Leben mir auf das eindrücklichste eine Warnung ist. Das Wort „Glück“ findet in meinem Wortschatz nicht statt. „Unglück“ ist dagegen in ständigem Gebrauch. Zudem habe ich ein besonders inniges Verhältnis zu Philip, wie ich mein elektronisches Gehirn liebevoll nenne, weil er so lahm ist. Dafür macht mir aber wiederum Windows 95 sehr viel Freude. Es ist meine einzige Freude, seit ich weiß, wie unzufrieden sie mit dem ersten Kapitel sind. Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich dies wieder gutmachen und ihr Wohlwollen zurückerobern kann. Nach reiflicher Überlegung habe ich nun einen Kompromiss ausgearbeitet, der sich hoffentlich als tolerabel erweist. Deshalb appelliere ich an ihre Menschlichkeit und hoffe, sie dadurch wieder ins Boot holen zu können, damit wir weiterhin auf dem literarischen Ozean der Fantasie gemeinsam gegen Wind und Wetter ansegeln können. Verzeihen sie bitte diesen Anflug lyrischer Sprache, der mich soeben ergriffen hat! Ich werde mich bemühen, dies zukünftig zu unterdrücken, sonst wird mir noch aus Versehen der Literaturnobelpreis zuerkannt. Den müsste ich dann brüsk zurückweisen, denn ich möchte meine Leserschaft unterhalten. Und für Unterhaltungsliteratur bekommt man keine Preise zuerkannt. Schwerfällige und sperrige Texte erfreuen eher die Jurys dieser Welt, aber selten die Leser und Leserinnen!
Soeben bemerke ich mit persönlichem Entsetzen, wie ich mich und sie versuche abzulenken. Denn sie warten ja nun bereits geraume Zeit voller Ungeduld auf meinen Vorschlag, der uns aus dieser literarischen Hängepartie herauskatapultiert. Und nichts liegt mir ferner, als sie hinzuhalten.
Ich weiß um meine Verantwortung, die ich als Schreiberling für meine Leserschaft zu übernehmen habe. Mich davor zu drücken, entspricht weder meiner Erziehung, noch meinem Sinn für Gerechtigkeit. Und wenn einer eine klare Entscheidung verdient dann Sie! Kein überflüssiges Wort der Ablenkung soll mehr durch mein Gehirn in die Tastatur meines, über alles geliebten Laptops eindringen, der sie nur noch länger vom wunderbaren Wesen meiner Geschichte ablenken soll.
Hier nun mein Kompromiss, der hoffentlich ihre volle Zustimmung finden wird! Ich gebe unumwunden zu, meine Hand zittert, jetzt wo ich unumkehrbar ihnen die Lösung all unserer Probleme skizziere.
In den nachfolgenden fünf Schritten werde ich uns aus dem von mir verursachten Schreibschlamassel wieder herausführen und sie so wieder auf die Straße eines großen Lesevergnügens zurückbringen.
Möge nun die Weisheit, die aus den nachfolgenden Worten spricht, in ihre Gehörgänge wohlwollend eindringen und einen inneren Jubelsturm auslösen.
Hiermit gebe ich ihnen fünf Versprechen ab, deren Einhaltung ich mit meinem Leben verteidigen werde. Wie dereinst Moses seine zehn Gebote in Stein gemeißelt, seinem Volk präsentierte, so werde ich meine fünf Thesen mir auf die Stirn tätowieren lassen, als ewige Mahnung!
Wenigstens einmal pro Woche wird es mich, wenn ich Zähne putze, in meinen weißgesprenkelten Spiegel schaue, mir vor Augen treten. Es wird mich immer an die größte Schmach meines bisherigen Lebens schmerzhaft erinnern.
So weit ist und wird wohl auch nie wieder ein Schriftsteller gehen, um seine treue Leserschaft an sich zu binden. Scheuen sie sich nicht, dies in die Welt hinaus zu tragen, und weisen sie andere Menschen darauf hin, dass es noch weitere Bücher von mir gibt. Es ist nur ein kleiner Schritt für sie, aber ein großer für die Reizüberflutung meines Kontos. Lassen sie uns gemeinsam aus einer Ebbe eine Sturmflut erwachsen.
Damit machen sie viele andere Menschen glücklich.
Namentlich meinen Bankberater, Gerichtsvollzieher, mehre Inkassobüros und last but not least mein Finanzamt, deren Mahnungen, mir stets eine Mahnung sind. Mir selbst ist der schnöde Mammon gänzlich gleichgültig. Mir geht es nur darum, diese aufdringlichen Bittsteller wieder glücklich zu sehen. Diese „Art“ Mensch ist sowieso schon leidgeprüft, was ihre Beliebtheit betrifft. Dem möchte ich Einhalt gebieten, mit den wenigen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen. Denn auch ein verzweifelter geldeintreibender Finanzbeamter, sollte das Recht auf etwas Anerkennung und Liebe erhalten.
Auch die netten Herren der Inkassounternehmen verdienen unser aller Mitleid, denn sie müssen bei Wind und Wetter raus, um uns mit drakonischen Strafen zu drohen. Keiner denkt dabei, wie es seelisch um diese Menschen bestellt ist. Und wenn sie uns die Finger brechen, dann tun sie es nicht aus einem sadistischen Grundgefühl heraus. Nein mit Nichten! Sie wollen uns nur unserer Sorgen befreien, die schwer auf uns lasten. Aber das auch sie unter unseren Schmerzen leiden, daran denkt niemand. Nicht ohne Grund hat einmal ein von mir hochgeachteter Kollege geschrieben: „Geben ist seliger denn Nehmen!“
Hier nun meine fünf Gebote, die einzuhalten mir eine eherne Verpflichtung ist. Möge die Macht von Franz von Sales, Schutzpatron aller Schriftsteller, mit mir sein. Es sind zwar nur fünf einfache und schlichte Gebote, doch sie können zu einem weltumspannenden Fanal werden.
Das sage ich in aller Bescheidenheit und Demut.
Und nun ist es endlich soweit. Es gibt kein Entrinnen mehr. Ich muss mich offenbaren! In einem für mich sehr schmerzlichen Prozess, muss, darf und werde ich, ihnen meine fünf Thesen ans Herz legen. Vermögen sie es, die Welt ein stückweit besser zu machen.

  1. Gebot:  Roten Faden nie aus den Augen verlieren!
  2. Gebot: Einfache Sätze. Sowohl in Inhalt als auch in der Länge.
    Kein Satz sollte sich über mehr als zwei Seiten erstrecken!
  3. Gebot: Keine unnötigen Landschaftsbeschreibungen!
  4. Gebot: Niemals erhobener Zeigefinger. Höchstens erhobener Mittelfinger!
  5. Gebot: Du sollst nicht langweilen!

Verkündet und beschlossen!

Demütig und in dem stillen Wunsch, mich selbst an diese Gebote zu halten, schließe ich nun dieses erste Kapitel und gelobe Besserung, um ihnen einen unbeschwerten Lesegenuss zu ermöglichen.

Mögen den Worten Taten folgen!

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