Die Corona-Pandemie hat ja zu einer erschreckenden Renaissance der Obrigkeitshörigkeit geführt, was ich damals auch schon in einigen Artikeln dokumentiert habe (s. hier, hier, hier, hier, hier und hier). Nun schlägt sich dieses Phänomen auch im Zuspruch für die Bellizisten nieder, indem die kleinen Heßlings vom Sofa aus als Westentaschengeneräle nach immer nur noch mehr Blutzoll keifen – es ist ja bequemerweise nicht das eigene Blut, das vergossen wird.
Es war ja leider zu befürchten, dass diese Untertanen sich nun nicht, nachdem sich ihr Gezeter gegen jede Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung als substanzlos und sich zudem im Nachgang diese Kritik als sehr berechtigt erwiesen hat, in ihr Kämmerchen zurückziehen würden, um dort vielleicht mal ein bisschen in sich zu gehen. Reflexion war ja schließlich schon während der Pandemie nicht die Stärke dieser Klientel – und da sie oft Schnittmengen mit alten weißen Männern (s. dazu hier, hier, hier, hier und hier) aufweist, ist eben selbstkritische Einsicht auch nicht gerade zu deren Stärken zu zählen.
Und so geschieht gerade das, was man auch schon beobachten konnte, wenn Covid-19 bzw. die damit zusammenhängenden Maßnahmen diskutiert wurden: Jede Abweichung vom „offiziellen Narrativ“ wird sogleich mit Diffamierungen beantwortet, die zudem eine erschreckend schlichte Schwarzweißedenke offenbaren. Da reicht es schon aus, wenn jemand einen Beitrag in den sozialen Medien teilt, der pro Frieden ist, oder wenn man diesen Beitrag positiv kommentiert, um denjenigen dann gleich als Putin-Anhänger zu beschimpfen. Die Parallele zu Corona: Dort wurden Kritiker gern und oft als AfDler bezeichnet.
Es nützt dann übrigens nichts, wenn man darauf hinweist, dass man für die russische Regierung nichts übrig hat: Wer nicht der primitiven Logik der Bellizisten folgt, der muss eben ein Feind sein – in diesem Fall ein Putin-Fan.
Dass diese Untertanen mit ihrer mangelnden Fähigkeit (oder ihrem mangelnden Willen), komplexe Zusammenhänge auch mal entsprechend mehrdimensional zu betrachten und sich konstruktiv mit anderen Ansichten auseinanderzusetzen, allen Putins dieser Welt sehr gelegen kommen, da diese ihre Macht genau auf solchen minderreflektierten Einfaltspinseln (oder Ignoranten) gründen, kommt ihnen natürlich nicht ansatzweise in den Sinn.
Vielmehr wähnen sich diese Leute, die meist aus einem eher linksbürgerlich-grünen Milieu kommen, als wackere Streiter gegen Rechts – ohne dabei mal zu berücksichtigen, dass Militarismus, dem sie so vehement das Wort reden, eine urrechte Untugend ist. Genauso wie die Tatsache ausgeblendet wird, dass dem Umstand, nur allzu gern Menschen in anderen Ländern für die von einem selbst als gerecht definierte Sache sterben zu lassen, schon ein recht nationalchauvinistischer, wenn nicht gar rassistischer Mief anhaftet.
Aber solche Zusammenhänge kann man schön mit der den Untertanen eigenen Selbstgerechtigkeit beiseitewischen – und als alter weißer Mann (mal wieder beiderlei Geschlechts) ja sowieso …
Dabei wäre es doch so einfach für diese Untertanen: Sie könnten sich als Söldner in der Ukraine verdingen. Damit wären sie dann auch nicht schlechter ausgebildet als die meisten der dort Zwangsrekrutierten, müssten allerdings nicht einfach irgendwelche anderen Menschen für ihren eigenen Kriegstaumel sterben lassen, sondern könnten sich höchstselbst an dem Wahnsinn beteiligen. Und dann könnten sie auch auf die Pazifisten schimpfen, was natürlich in ihren kriegsgeilen Tiraden nicht fehlen darf, da sie ja selbst bereit wären, Konsequenzen zu tragen, die andere nicht auf sich nehmen wollen. Wäre irgendwie ein bisschen glaubhafter, oder?
Wer allerdings „Der Untertan“ von Heinrich Mann gelesen hat, weiß, wie es der dortige Protagonist Diederich Heßling mit dem eigenen Militärdienst hielt: Da war er dann doch recht froh, als er sich vor dieser Plackerei nach kurzer Zeit drücken konnte. Passt insofern ganz gut zu den heutigen Sesselfurzer-Bellizisten.
Und während mittlerweile selbst der Pabst dazu aufruft, doch die Bemühungen zu verstärken, das entsetzliche Sterben in diesem furchtbaren Krieg in der Ukraine zu beenden, wird er dafür dann doch gleich von den hiesigen Kriegslüsternen, allen voran deren oberster Ikone, dem Rheinmetall-Maskottchen Agnes Strack-Zimmermann (FDP), abgewatscht. Was fällt dem auch ein – als Christ von Frieden zu schwafeln? Kreuzzüge und Inquisition scheinen solchen Christen dann doch eher zu liegen als der Kram, den jemand wie Jesus Christus von sich gegeben hat …
Was ich dabei vor allem problematisch finde neben der Tatsache, dass es genau dieser Untertanengeist ist, der nicht nur Deutschland, sondern die halbe Welt schon zweimal im letzten Jahrhundert in den Abgrund geführt hat (und jetzt immerhin sogar eine nukleare Eskalation fast schon herbeizusehnen scheint): Das, was hierzulande links der Mitte zu finden ist, erodiert immer weiter. Zum einen tendieren da ja etliche, wie ich vor einigen Monaten in einem Artikel beschrieb, immer mehr nach rechts, weil sie rechter Agitation, die sie mit Opposition verwechseln, aufsitzen. Und zum anderen rutschen die ehedem linksbürgerlichen Bellzisten im Zuge ihres Untertanentums auch immer weiter nach rechts – und das nicht nur inhaltlich, sondern auch was das Diskursniveau angeht. Sachlicher Austausch ist mit solchen Menschen nämlich, wie oben bereits beschrieben, kaum noch möglich, und selbst der eklige höhnische Grinse-Smiley wird von ihnen mittlerweile genauso selbstverständlich zur Diskreditierung anderer Diskutanten verwendet, wie man das vor einiger Zeit noch vor allem von Rechtsaußen kannte. Aber auch das ist leider seit der Pandemie eine kontinuierliche Entwicklung, die ich bereits vor etwa eineinhalb Jahren in einem Artikel skizzierte.
Und so ist das zunehmende Untertanentum m. E. nicht nur ein weiterer Ausdruck des ohnehin nicht mehr zu übersehenden Rechtsrutsches unserer Gesellschaft, sondern die Untertanen befeuern ebendiesen Rechtsrutsch auch noch weiter, indem sie beispielsweise dafür sorgen, dass rechter Militarismus auch in nicht rechten Kreisen nicht nur sagbar, sondern eben auch etwas ganz Normales wird. Aber das passt ja zu dem Milieu der SPD- und Grünen-Wähler, deren Parteien gerade Asylpolitik im Stile der AfD betreiben und zudem noch vollkommen ungehemmt Sozialdarwinismus schüren.
Ziemlich fiese Abwärtsspirale, wie ich finde …
Umso wichtiger ist es für mich, nach wie vor zu meiner pazifistischen Grundhaltung zu stehen, nicht in der kriegslüsterne Gekeife mit einzustimmen und diesem entgegenzutreten, wo es mir begegnet!
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