Der Umbau der Energieversorgung auf erneuerbare Energien bedingt eine Produktionssteigerung bei Mineralien, von Kupfer über Lithium bis zu seltenen Erden. Die Internationale Energieagentur wagt einen Ausblick bis 2040: Die Herausforderungen sind gewaltig. Alleine der Lithiumbedarf könnte um das 40-fache steigen.
Kupfer, Nickel, Lithium, Mangan, Cobalt, Chromium, Molybdän, Zink, seltene Erden, Silizium und einige andere mehr: Die Liste an Mineralien, die unabdingbar sind für Technologien, die auf erneuerbare Energien setzen, ist lang. In einem durchschnittlichen Elektroauto stecken über 200 Kilo dieser Mineralien. Ein konventionell betriebenes Auto braucht nur etwa 30. Es sind zwar nur ein paar Kilo Lithium, die für die Batterie eines Elektroautos verwendet werden. Aber das ist schon genug, dass der Bedarf der Elektroautos jenen der gesamten Elektronik bereits überstiegen hat. Und das ist erst der Anfang. Die Internationale Energieagentur schätzt, dass bis in 20 Jahren 90 Prozent des Lithiums für Elektroautos und die Produktion erneuerbarer Energie benötigt werden. Und es wird viel mehr davon sein. Der Bedarf könnte, wenn die Ziele des Pariser Abkommens erreicht werden sollen, in diesem Zeitraum um das Vierzigfache steigen. Auch Graphit (25 mal mehr), Cobalt (21 mal), Nickel (19 mal), Mangan (8mal), seltene Erden (7 mal) und Kupfer (3 mal) werden einen Nachfrageboom erfahren. Windkraft- und Sonnenenergieanlagen benötigen ein Mehrfaches an Kupfer und Zink pro Energieeinheit als Gas- oder Ölförderanalgen, pro Megawatt eines Offshore-Windrades sind das acht Tonnen Kupfer und fünfeinhalb Tonnen Zink, bei einer Solaranlage mit 1 Megawatt Leistung 2,8 Tonnen Kupfer und 3,9 Tonnen Silikon. Die Treiber dieser Entwicklung sind zu rund drei Vierteln die elektrischen Leitungen, Elektroautos und Batterien.
Die erneuerbare Energien – Welt wird in 20 Jahren deshalb ähnlich abhängig sein von vielen Mineralien wie heute von Erdöl, Kohle und Gas. Dabei ist in einigen Fällen noch nicht einmal klar, ob es gelingen kann, die Förderung so rasch wie noch nie in der Geschichte auszubauen. So wird unter Berücksichtigung der bestehenden Förderung und der laufenden Ausbauprojekte bei Lithium und Cobalt bis 2030 nur etwa die Hälfte des Bedarfs gedeckt sein, bei Kupfer sind es 80 Prozent. Dazu kommt, dass die Erzqualität in vielen bestehenden Minen abnimmt. Und im Durchschnitt vergehen 16,5 Jahre von der Projektierung bis zur Inbetriebnahme einer Mine. Bei einigen Mineralien ist die Abhängigkeit von wenigen Produktionsländern gross. Die Republik Kongo und China kontrollierten 2019 70 Prozent der Cobalt- und 60 Prozent der Förderung seltener Erden. Auch die Weiterverarbeitung vieler Erze wird von China beherrscht, bei den seltenen Erden zu knapp 90 Prozent, bei Lithium zu 58 %. Und wer jetzt hofft, Recycling werde das Problem lösen, übersieht den enorm steigenden Bedarf. Die Internationale Energieagentur geht davon aus, dass nicht mehr als 0,3 Prozent des Bedarfs von 2030 durch Recycling gedeckt werden können. 2040 könnten es dann 12 Prozent sein.
Das zeigt: die Herausforderung ist riesig und übersteigt bei einigen Mineralien alles, was bisher war. Bei explodierender Nachfrage, das weiss man aus der Vergangenheit, ist mit stark schwankenden Preisen zu rechnen, weil einerseits viele neue Minenförderprojekte angestossen werden, was zu Produktionsüberhang führen kann, anderseits mit einiger Verzögerung nach Wegen gesucht wird, das mangelnde Mineral zu ersetzen. Das könne dazu führen, dass die ganze Energiewende verzögert wird, befürchtet die Energieagentur. Das ist allerdings auch aus ganz anderen Gründen möglich: Noch ist kein einziges Land der Welt auf Kurs einer erneuerbaren Energieversorgung, die das grosse Klimaziel von Netto-Null-CO2-Emissionen bis 2050 ernsthaft im Auge hat.