Gewalt ist nicht die Lösung, heisst es immer wieder. Protestbewegungen geben sich stolz als friedlich aus. Gandhi als Prototyp des gewaltfreien Aktivismus. Manchmal wird sogar die Bibel als Argument ausgepackt, meistens von Leuten die sowieso keine Christen sind und eigentlich wenig Ahnung davon haben, ausser der unausweichlichen Klischees. Dann heisst es ja, in der Bibel stünde, man solle die andere Wange hinhalten, Jesus sei ja duldsam gewesen. Jetzt bräuchten wir einen Klaus Kinski der darauf antwortet: „Nein, er hat nicht gesagt: ‚Halt die Schnauze‘. Er hat eine Peitsche genommen und hat ihm in die Fresse gehauen! Das hat er gemacht, du dumme Sau!“

Die Mächtigen hingegen finden solche Ideen von friedlichem Protest grossartig, nichts ist besser als wenn das gemeine Volk friedlich protestiert und von den Mächtigen problemlos ignoriert werden kann, während diese sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Aber wenn Gewalt nicht die Lösung ist, so frage man sich, warum braucht der Staat das Monopol über die Gewalt, als Mechanismus zur Selbsterhaltung und zum Durchsetzen der gesetzlichen Ordnung? Für den Staat ist Gewalt sehr wohl die Lösung. Und eigentlich heisst es nur, Gewalt sei für Protest keine Lösung, weil sie ja mit staatlicher Gewalt gekontert würde. So löst der Staat dann das Problem der Gewalt mit Gewalt.

Dass Gewalt keine Lösung sei, ist halt auch wieder nur so eine hirnverbrannte Floskel, die von denen gesagt wird, die eine gute Optik haben wollen; wohlgemerkt gegenüber denen, die sie sowieso nicht überzeugen werden, die sie links und rechts diffamieren, und die nur gegen sie arbeiten. Man muss sich manchmal fragen, warum diese Gruppen so heiss darauf sind, diese Optik zu bewahren gegenüber denen, die sie sowieso hassen. Hat es eigentlich jemals zu etwas geführt, diese ganzen friedlichen Proteste? Seit Jahren wird ja eigentlich von den Eliten rücksichtslos durchregiert, egal ob es Widerstand gab oder nicht. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Mächtigen daran gewöhnt haben, dass das Volk allenfalls mit friedlichen Protesten reagiert, die sowieso nichts bringen. Ohne die Androhung von Gewalt gibt es ja keinen Anreiz, auf die Forderungen zu reagieren.

Im Ukraine-Krieg ist ja Gewalt sowieso zur Lösung geworden. Die Ukraine braucht keine Diplomatie, keine Einigung, keinen Pragmatismus, die Ukraine braucht Waffen, Waffen und mehr Waffen. Es gab mal diesen Satz während des Irak-Krieges (bestimmt auch schon zuvor), der sagte: Bombardieren für den Frieden ist wie ficken für die Jungfräulichkeit. Heute wird gefickt bis wir alle Mönche und Nonnen sind. Dem bösen Diktator muss man mal so richtig zeigen, wo’s lang geht, damit ihm die Kriegslust vergeht. Gewalt ist die Lösung. Das Schwert ist mächtiger als die Feder.

Wie immer heutzutage, gelten also solche Prinzipien nur selektiv. Wir müssen gewaltfrei protestieren, aber andere müssen mit Gewalt gegen ihren Feind vorgehen. Es gibt hier eigentlich keine objektive Konsistenz dieser Wertvorstellung. Es geht mehr so nach Laune: Wenn es für mich und meine Macht ein Problem ist, wird friedlicher Protest gepredigt. Wenn es für mich und meine Macht vorteilhaft ist, wird Gewalt gepredigt. Das unglaubliche daran ist ja nicht, wie unverfroren hier unterschiedliche Massstäbe gelten, sondern dass die Menschen es mitmachen und selber darin kein Problem sehen; die „es ist nicht das Selbe“ Argumentation zieht wirklich!

Wenn man darüber nachdenkt, ist Gewalt eigentlich immer die Lösung. Fast jedes gesellschaftliche oder zwischenmenschliche Problem kann mit Gewalt gelöst werden. Darum ist es auch das letzte Mittel um etwas durchzusetzen, von Verbrechern die ihre Verbrechen begehen wollen, wie auch vom Staat um seine Gesetze durchzusetzen. Was ja eigentlich mehr oder weniger das gleiche ist.

Dies soll aber hier keinesfalls als Aufruf zur Gewalt verstanden werden. Ich würde niemals zur Gewalt aufrufen. Gewalt ist nämlich falsch, und wer zur Gewalt aufruft, wird durch die Staatsgewalt sehr bald eines Besseren belehrt.