Jubiläum Heinrich Schütz war die musikalische Symbolfigur des 30-jährigen Krieges, dem Verglühen einer Epoche.

Glanzvoll hatte die Laufbahn von Heinrich Schütz begonnen. 1585 in Köstritz geboren und in Weißenfels aufgewachsen, fiel er schon früh als begabter Jüngling auf. Mit 14 Jahren kam er an die Hofschule des Hessischen Landgrafen Moritz nach Kassel und war eigentlich für eine juristische Laufbahn vorgesehen. Doch kam gleichzeitig auch sein außerordentliches musikalisches Talent zum Vorschein, was den Landgrafen veranlasste, den knapp 24jährigen mit einem Stipendium 1609 nach Venedig zu schicken, um beim Organisten der Basilika von San Marco, Giovanni Gabrieli, in die Lehre zu gehen.

Venedig, eine der großen Handels- und Finanzmetropolen der damaligen Welt, war auch kulturell einer der Brennpunkte Europas. Gerade die Musik war in Italien mit der Entstehung der Oper um 1600 und dem neuen „stile moderno“ in einem Aufbruch. Kurz nachdem Schütz 1612 Venedig wieder verlassen hatte, wurde Claudio Monteverdi, die zentrale musikalische Figur dieser Epoche, 1613 als Kapellmeister von San Marco berufen, ein Amt, das er bis zu seinem Tod 1643 bekleidete.

Nach einer Zwischenstation als Organist in Kassel wurde Schütz 1615 trotz seiner noch jungen Jahre als Musikdirektor an der Hofkapelle in Dresden, einem der bedeutendsten Höfe des deutschen Reichs, angestellt. Eigentlich war er nur aus Kassel ausgeliehen gewesen, doch war man vom Talent des jungen Mannes so angetan, dass der sächsische Kurfürst Johann Georg I. ihn einfach nicht wieder ziehen ließ, sehr zum Missfallen seines Kasseler Vetters. Heinrich Schütz war damit in seiner Musikerlaufbahn atemberaubend schnell ganz oben angekommen.

Doch dann verdüsterte sich der Horizont und die große Katastrophe der Epoche warf seine Schatten über ihn. Als der 30-jährige Krieg im Mai 1618 begann, war Heinrich Schütz 32 Jahre alt, als er im Oktober 1648 mit dem Westfälischen Frieden endete, 63. Zwar überlebte er den Krieg noch um 24 Jahre bis er 1672 im gesegneten Alter von 87 Jahren starb, doch sein biographisches Schicksal und seine Laufbahn als Künstler waren untrennbar mit diesem Krieg verwoben.

Dresden blieb im Krieg zwar von größeren Verheerungen verschont, doch Pest, Hungersnot und die gewaltigen Kosten des Krieges zehrten stark am einstigen Wohlstand. Gerade die Hofkapelle operierte mit zunehmender Kriegsdauer immer mehr in einem Notbetrieb. Nur zu einigen wenigen großen Ereignissen wie Jubiläen und Fürstenhochzeiten wurde gelegentlich nochmal größerer musikalischer Aufwand betrieben. Nach dem Krieg war wiederum die Neigung groß, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, und ein neuer, erneut vor allem aus Italien kommender Stil, ließ Schütz altmodisch und überkommen erscheinen.

Über Schütz‘ Biographie und Werk liegt denn auch ein tragischer Schleier von Halberfüllung, da man sich immer fragt, welche Potentiale sein Wirken in einer prosperierenden Umgebung und einem durch Frieden begünstigten lebendigen kulturellen Leben hätte entfalten können. Doch liegt umgekehrt Schütz Größe nicht zuletzt eben darin, sein Schicksal akzeptiert, und ästhetisch die entsprechenden Konsequenzen gezogen zu haben. Statt nach außen zu wirken, richtete sich Schütz‘ ästhetische Entwicklung immer mehr nach innen. Seine Kunst wird stetig reifer, substantieller, abgeklärter. Wie in einer Gegenreaktion zu den katastrophalen Weltläufen schuf er im Auge des Sturms ein Werk von tiefgründig stiller moralischer Kraft.

Zwischen den Epochen

Mit diesem biographischen Schicksal hat es auch zu tun, dass das Werk von Heinrich Schütz in dieser kulturfeindlichen Kriegszeit keine Wurzeln fassen, nicht blühen und „Epoche machen“ konnte. Die Verlegenheit der Musikhistoriker Schütz mal in der „Spätrenaissance“ mal im „Frühbarock“ zu verorten ist das offensichtliche Symptom von Schütz als Komponisten ohne eigenem kulturgeschichtlichen Ort.

Beide Epochenzuordnungen sind durchaus nachvollziehbar. Mit der Musik der Renaissance verbindet ihn das bis zuletzt ungebrochene Verhältnis zu Wort und Rhetorik, mit dem Barock die bereits vollkommen entwickelte Generalbass-Struktur seiner Musik. Doch schadete diese Lokalisierung zwischen „immer noch“ und „noch nicht“ Schütz mehr als sie nützte.

Ebenso zwiespältig sind die Bezeichnungen als „Vater der deutschen Musik“ oder als „Schöpfer der ersten deutschen Oper“. Vor allem um den runden Geburtstag 1985 herum, den sich Schütz mit den genau hundert Jahre später geborenen Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel teilen musste, war die Neigung groß, Schütz nachträglich in jene bedeutende deutsche Kulturtradition zwischen Bach, Beethoven, Wagner und Schönberg einzugemeinden. Insbesondere in der Schütz Biographie von Martin Gregor-Dellin von 1984 ist das deutlich zu spüren.

Jene verschollene „Dafne“ Oper von Schütz bleibt jedoch ein Phantom. Basierend auf Jacopo Peris „La Dafne“ nach einem Text des berühmten Dichters Ottavio Rinuccini (die als die erste Oper der Geschichte gilt) soll sie 1627 in einer deutschen Textübertragung von Martin Opitz aufgeführt worden sein. Nicht nur bleibt völlig unklar, ob es sich dabei um eine Bearbeitung von Peris Musik handelte oder um eine Neukomposition, und falls letzteres, in wie weit sich diese an Peri orientierte oder nicht. Die Aufführung blieb auch völlig wirkungslos. Weder sind Berichte davon überliefert noch lässt sich irgendein nachträglicher Bezug darauf nachvollziehen. Die „Dafne“ Oper von Schütz existiert nicht, weder als physische Partitur noch als ästhetischer Fluchtpunkt.

Die Bezeichnung als „Vater der deutschen Musik“ schließlich, die bereits von Schütz Zeitgenossen geprägt wurde, ist erneut vor allem vor dem historischen Hintergrund nachvollziehbar. Mit dem Westfälischen Frieden war der Protestantismus endgültig als gleichberechtigte Religion im deutschen Reich etabliert und Schütz war als Dresdner Hofkapellmeister dazu prädestiniert als Gründungsfigur einer protestantischen Kirchenmusik zu dienen.

Doch gab es mit Hans Leo Hassler und Michael Praetorius bereits bedeutende deutsche Komponisten vor Schütz, die auch Anspruch auf einen solchen Titel erheben könnten. Noch viel mehr bleibt diese Bezeichnung zwiespältig in Bezug auf die Nachkommenschaft. Denn bei den beiden bedeutendsten Nachfolgern Bach und Händel ist der Einfluss von Schütz eigentlich unerheblich. Die Emanzipation der Instrumentalmusik sowie die Arienstruktur der Oper (bzw. von dessen kirchlichem Derivat, der Kantate), die für Bach und Händel die zentrale Rolle spielen, sind Entwicklungen, die erst nach Schütz an Bedeutung gewannen.

Bei all diesen Anmerkungen geht es nicht darum Schütz' Bedeutung zu schmälern, ganz im Gegenteil. Doch tut man ihm mit diesen Halbherzigkeiten keinen Gefallen. Um Schütz angemessen zu würdigen, muss man sich zunächst darüber klar werden, dass seine Bedeutung weniger in seinem historischem und ästhetischem Einfluss nach Außen liegt als vielmehr ganz in den Resonanzräumen seiner eigenen Ästhetik.

Schütz und Monteverdi

Für diese Ästhetik spielt Claudio Monteverdi eine entscheidende Rolle. Als unmittelbares Vorbild war ohne Zweifel sein Lehrer Giovanni Gabrieli von größerer Bedeutung, dessen Generalbass-bestimmte und stark dialogisch ausgerichtete Kompositionsweise Schütz als Orientierung diente. Trotzdem ist unterm Strich Monteverdis Einfluss bedeutender, wenn auch eher auf eine komplex antagonistische Weise.

Dabei bleibt schon das persönliche Verhältnis von Schütz zu seinem knapp 20 Jahre älteren Kollegen ein Mysterium. Es gibt keinerlei Zeugnis von einem persönlichen Treffen, auch wenn die meisten Biographen davon ausgehen, dass sie sich, wenn nicht schon bei Schütz‘ erstem Venedig Aufenthalt 1609-12 (Mantua war von Venedig nicht weit) so doch bei seinem zweiten Aufenthalt in Venedig 1628-29 begegnet sein müssten. Wie dem auch sei, als ästhetischer Einfluss war Monteverdi in der damaligen Musikkultur allgegenwärtig, und Schütz richtete sich, ob bewusst oder eher intuitiv, daran aus.

Im Typus waren sie sich merkwürdig ähnlich. Nicht nur in ihrer hageren Physiognomie sondern auch in ihrer ausgeprägten Neigung zu Präzision und Sorgfalt. Auch biographisch gibt es Parallelen. Beide verloren früh ihre Frau und blieben den Rest ihres langen Lebens alleine.

Ästhetisch waren sie jedoch Antipoden. Dabei ist die Konstellation durchaus kurios. Während sich Monteverdi in Venedig ungeachtet seiner kirchlichen Anstellung künstlerisch vor allem in seinen Madrigalen und Opern verwirklichte (die großartige Marienvesper war bereits in Mantua entstanden), verwirklichte sich Schütz in seiner höfischen Anstellung vor allem in der Kirchenmusik. Zwar muss Schütz auch eine beträchtliche Menge an weltlicher Musik geschrieben haben, doch das allermeiste ist verloren und scheint auch für Schütz selbst keine größere Bedeutung gehabt zu haben, da er sich, anders als bei seinen geistlichen Werken, nicht um eine Drucklegung bemühte.

Entsprechend sind auch Schütz frühe italienischen Madrigale Opus 1 (1611), die er bei seinem ersten Venedig-Aufenthalt als Gesellenstück geschrieben hat, nicht nur ästhetisch altmodisch (stilistisch sind sie eher bei den frühen Madrigalen Monteverdis aus den 1590er Jahren als beim berühmten und aktuellen 5. Buch von 1605) sondern entsprachen auch nicht Schütz Naturell. Was er auch selbst erkannte, da er zu dieser Gattung nicht mehr in größeren Rahmen zurückkehrte.

Einerseits konnte sich Schütz der verstärkten sinnlichen Aufladung, die Monteverdi in seinen drei venezianischen Madrigalbüchern in zunehmendem Maße kultivierte und als ästhetisches Phänomen Italien bestimmte, nicht gänzlich entziehen. Doch forderte das Schütz eher zu einer Gegenreaktion heraus, in einer starken Neigung diese sinnlichen Elemente einzuhegen und zu sublimieren.

Von Ferne erinnert diese Konstellation an das Verhältnis von Johannes Brahms zu Richard Wagner. Auch Brahms, der zeitweilig Pläne hatte, eine Oper zu schreiben, scheint sich intuitiv antagonistisch gegen Wagner ausgerichtet zu haben, nicht nur indem er sich vor allem in der Instrumentalmusik verwirklichte sondern indem er den harmonischen Avanciertheiten Wagners eine Ästhetik der formalen Disziplin entgegensetzte.

Doch spiegeln sich in der antagonistischen Ästhetik von Schütz und Monteverdi nicht zuletzt auch die zeitgeistigen Paradigmen, die hinter dem 30-jährigen Krieg standen. Das katholische Italien, und insbesondere die Weltmetropole Venedig mit seinen berüchtigten Vergnügungsvierteln, galt als dekadent, und diese Dekadenz ist auch in Monteverdis Madrigalen und Opern zu spüren. Der Protestantismus, der in Sachsen eine seiner größten Bastionen hatte (auch wenn der Kurfürst Johann Georg paradoxer Weise auf katholischer Seite kämpfte, am Ende war auch in diesem Krieg Machtpolitik wichtiger als Religion), stand umgekehrt für einen moralisch reformierter Glauben, der sich nicht zuletzt aus der Opposition zum katholischen Süden legitimierte.

Stylus recitativus

Mit seinem Opus 2, den „Psalmen Davids“ (1619), ist Schütz bereits vollkommen bei sich selbst. Darin hatte er seine eigene Synthese von hergebrachter mottetischer Technik und dem vom Generalbass her organisierten „stile moderno“ gefunden. An diesem Stil, den er selbst als „stylus recitativus“ bezeichnete, wird sich bis zu seinem opus ultimum, dem „Schwanengesang“, nichts mehr Grundsätzliches ändern. Ob in verschiedenen Skalierungen von der Einstimmigkeit bis zur Mehrchörigkeit, ob mit Instrumenten ergänzt, mit oder ohne Generalbass (der dann jedoch trotzdem funktional vorhanden ist), ob mal mehr homophon zugespitzt oder eher polyphon ausgearbeitet, es sind alles nur noch Variierungen dieses spezifischen Stils.

An dieser Sammlung, die letzte, die noch vor dem Krieg entstand, lassen sich auch Schütz Ambitionen ablesen. Der gewaltige Apparat von vier Chören (zwei davon optional mit Instrumenten zu besetzen), der expansive Gestus und die Varietät der formalen Lösungen - hier tritt unverkennbar jemand auf, der Eindruck machen und zeigen will, was er kann.

Nicht zuletzt spricht durch diesen Zyklus der Geist der Zeit. Nicht nur ist die lutherisch deutsche Sprache ein protestantisches Statement, auch die David Figur war als „Underdog“ und Feldherr eine Identifikationsfigur der protestantischen Bewegung. Der erste Psalm der Sammlung „Der Herr sprach zu meinem Herren“ hat denn auch unverhohlen kriegerischen Inhalt. Widmungsträger war eben jener Kurfürst Johann Georg I., der, Ironie der Geschichte, dann mit den Katholiken koalierte während der schwedische König Gustav II. Adolf zur David-Figur des Krieges wurde.

Damit nicht genug schrieb Schütz dann die Huldigungsmusik für den Sieg des katholischen Kaisers Ferdinand II. im Böhmischen Krieg und war auch bei der Fürstenzusammenkunft in Schleusingen 1624 als Entourage seines Fürsten anwesend, wo er vermutlich auch mit dem Berater des Kaisers Hanns Ulrich von Eggenberg verkehrte. Dieser muss großen Eindruck auf ihn gemacht haben, denn ihm ist seine nächste große Chorsammlung, die „Cantiones sacrae“ (1625) gewidmet.

In vielerlei Hinsicht ist diese Sammlung das Gegenprogramm zu den „Psalmen Davids“. In der Reduktion auf 4 Stimmen, der stark polyphonen Tendenz, der lateinischen Sprache und den Augustinischen Texten sind sie fast gegenreformatorisch zu nennen. Auch im ersten Teil der „Symphoniae sacrae“ (1629), der Frucht seines zweiten Venedig-Aufenthalts, sind die ästhetischen Ambitionen prädominant.

In der Stilisierung von Schütz als protestantischer Kirchenmusiker wird gerne ausgeblendet, dass er in Wahrheit universalistisch zwischen diesen beiden ästhetisch-konfessionellen Polen pendelte. Zwischen den deutschen Sammlungen, allem voran die „Geistliche Chormusik“ (1648), die immer betont zugänglich gehalten sind, und den lateinischen, in denen er eher anspruchsvollere Wege beschritt und sich in Kommunikation mit Verständigen der musikalischen Traditionen versicherte. Sein letztes Werk, der „Schwanengesang“, scheint so etwas wie der Versuch einer Synthese dieser beiden Aspekte zu sein.

Mit dem Werkkomplex der Historien und Passionen tut man sich heute besonders schwer. Denn natürlich können wir nicht anders als sie durch die Linse von Johann Sebastian Bachs große Passionen und Oratorien zu betrachten. Doch sind sie ästhetisch das exakte Gegenteil. Anders als Bach, der darin alle Mittel auffährt, die ihm zu Gebote stehen, verfolgt Schütz eine Ästhetik der Askese und Reduzierung, tritt bewusst bescheiden hinter die heiligen Texte zurück.

Die Bibel als Epos

Eine säkulare Entfremdung gegenüber religiösen Texten hat uns taub gemacht dafür, dass die Erzählungen der Bibel mit ihren Psalmen, Psaltern und Evangelien im Grunde epische Erzählungen der Menschheitsgeschichte sind, und etwa den Epen Homers in Wahrheit viel ähnlicher als die historische Teilung von geistlich und weltlich suggeriert. Wie in allen Epen geht es auch in der Bibel um die großen Kriege, um den Aufstieg und Fall von Individuen und Völkern. Um Gewalt und Macht, um Liebe und Tod, um Selbstbefeuerung und Verzweiflung, Zweifel und Zuversicht.

Schütz hatte ein volles Bewusstsein von dieser universalistischen Qualität der biblischen Texte und je mehr man sich mit seiner Musik auch in der Breite beschäftigt, desto klarer wird einem auch die immense Fülle und Bandbreite, die er erkundet hat. Die Ästhetik seiner Chorzyklen hat jedoch eine dezidiert epische Qualität auch dahingehend, dass es eher um ein freskenhaften Nebeneinander von emotionalen Erfahrungsräumen geht, als, was gewissermaßen das Signum der neuen Form der Oper ist, eines kontinuierlichen erzählerischen und dramaturgischen Bogens.

Letztendlich ist auch die Haltung von Schütz eben die eines epischen Erzählers, der bei aller Farbigkeit der Schilderung immer eine nüchterne Distanz bewahrt. Schütz hatte nicht nur selbst viel bittere eigene Erfahrungen im Leben gemacht, zahlreiche Menschen seiner Familie und seiner Umgebung starben vor der Zeit. Er hatte auch viel Gelegenheit, am Dresdner Hof, bei Konventen und Hochzeiten mächtige und einflussreiche Menschen aus allernächster Nähe zu erleben. Er dürfte sich kaum noch irgendwelche Illusionen über das Leben und die Menschen gemacht haben.

Aus diesem breiten Horizont und dieser umfassenden Lebens- und Leidenserfahrung schöpft sich auch Schütz einzigartige Ausstrahlung. Er ist die Vater-Figur, an die man sich um Trost und Geborgenheit wendet. Der, der alles kennt und alles gesehen hat, allen Prunk und alle Abgründe seiner Zeit. Diese Fülle und dieser Reichtum ist in seinem reichhaltigen Werk destilliert.

Ende der Renaissance

In der skizzierten Breite von Schütz‘ ästhetischem Horizont liegt auch noch etwas vom Universalismus der Renaissance. Und wollte man wirklich entscheiden, ob Heinrich Schütz eher der Renaissance oder dem Barock angehört, müsste man eigentlich ganz klar ersteres sagen. Schütz markiert einen Endpunkt der Renaissance-Ästhetik, ähnlich wie Josquin Desprez einen Endpunkt der Ästhetik des Mittelalters markierte.

Die schicksalhafte Verbindung mit dem 30-jährigen Krieg hat auch in dieser Beziehung seine Konsequenz. Denn alle großen Kriege der Geschichte waren mit einem Epochenwechsel verbunden, ja sind, wenn man so will, die Geburtsschmerzen eines kulturellen Paradigmenwechsels. Der 30-jährige Krieg markierte unter diesen Vorzeichen das Ende der Renaissance Kultur. Damals war es Frankreich, der Sieger dieses Krieges, das mit der Versailler Kultur unter Ludwig XIV. eine neue Epoche einleitete.

Weitere Komponistenportraits:

Josquin Despez

Carlo Gesualdo

Claudio Monteverdi

Francois Couperin

Jean-Philippe Rameau