Oft genug werden Gerichte mit den Problemen konfrontiert, die sich ergeben, wenn ein Tier verkauft wird, bei dem sich nach Übergabe an den Käufer Erkrankungen zeigen. Stellt sich nach dem Kauf eines Tieres heraus, dass es zum Zeitpunkt des „Gefahrüberganges“ (§ 446 BGB, also in der Regel bei der Übergabe an den Käufer) erkrankt war, wird sich der Käufer fragen, ob er auf dem Schaden sitzen bleiben muss. Ebenso wird der Verkäufer sich fragen, welche Ansprüche des Käufers er erfüllen muss und welche er ablehnen kann.

1.

Nacherfüllung: Nachbesserung oder Ersatzlieferung – und: Besonderheiten beim Kauf von Tieren

Zunächst einmal muss der (private) Käufer den Nachweis führen können, dass er das Tier in bereits krankem bzw. in einem nicht vereinbarungsgemäßen Zustand gekauft hat s. § 434 BGB (beim Kauf vom Händler gilt das allerdings in den ersten sechs Monaten nicht, s. u.: „Verbrauchsgüterkauf“). Allerdings kann man nicht das „ideale Tier“ fordern, sondern muss als Käufer eines Tieres grundsätzlich mit gewissen physiologischen Abweichungen rechnen, die noch nicht als Mangel einzustufen sind (OLG Frankfurt a.M., Az. 15 U 7/12). Auch der BGH (Az.: VIII ZR 315/18) stellte vor kurzem klar, dass ein Tier dann, wenn es von der „physiologischen Norm“ abweicht, noch nicht mangelhaft ist. Es ist auch dann (noch) nicht mangelhaft, wenn die Abweichung zu einer geringen Wahrscheinlichkeit führt, dass das Tier in der Zukunft aufgrund klinischer Symptome für seinen eigentlichen Verwendungszweck nicht genutzt werden kann.

Beim Verkauf zwischen Privatleuten ist es rechtlich möglich, zu vereinbaren, dass der Verkäufer dem Käufer keine Gewährleistung leisten muss. Auch bei einem Kaufvertrag, bei dem Verkäufer und Käufer gewerblich handeln, ist ein Gewährleistungsausschluss grundsätzlich zulässig. In vielen Fällen wird darüber aber gar nicht gesprochen. Da ein Gewährleistungsausschluss niemals die gesetzliche Regel ist, sondern nur dann gilt, wenn er in wirksamer Weise vereinbart wurde, hat der Käufer dann folgende Möglichkeiten:

Zunächst kann der Käufer im Rahmen der „Nacherfüllung“ wählen, ob er eine Nachbesserung des Kaufgegenstandes wünscht (beim Tier also die Herstellung der Gesundheit auf Kosten des Verkäufers) oder eine Ersatzlieferung (§ 439 BGB). Die Kosten hierfür gehen immer zu Lasten des Verkäufers. Der Verkäufer kann die gewählte Art der Nacherfüllung ablehnen, wenn diese für ihn unzumutbar ist; dann darf der Käufer die andere Alternative der Nacherfüllung wählen.

Grundsätzlich muss der Käufer dem Verkäufer zweimal Gelegenheit zur Nacherfüllung geben, bevor er andere rechtliche Wege beschreiten und weitergehende Ansprüche geltend machen darf. Aber: Wie sieht es aus, wenn das Tier unter der Erkrankung leidet? Darf der Käufer dann entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut direkt zum Tierarzt gehen und die Kosten dem Verkäufer in Rechnung stellen?

Ungeachtet des Gesetzeswortlautes hat der Bundesgerichtshof inzwischen die letztgenannte Frage im Sinne des Tierschutzes entschieden: Er darf. Zumindest wenn die Erkrankung sich so auf das Tier auswirkt, dass tierschutzrelevante Leiden vorliegen, dann ist es im Interesse des Tieres unzumutbar, dem Verkäufer erst eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen und so lange abzuwarten. In einem solchen Fall darf der Käufer das Tier sofort zum Tierarzt bringen, und der Verkäufer hat die Kosten zu tragen (BGH, Az. VIII ZR 1/05; LG Essen, Az. 13 S 84/03; AG Karlsruhe,  Az. 5 C 32/07).

Wenn das Tier nicht leidet, dann muss der Käufer dem Verkäufer eine angemessene Frist setzen. Der Verkäufer hat „unverzüglich“, also ohne schuldhaftes Zögern, zu reagieren (hier nimmt die Rechtsprechung an, dass er allerhöchstens zwei Wochen warten darf). Der BGH hat entschieden, dass es ausreicht, den Verkäufer zur „unverzüglichen“ Reaktion aufzufordern, ohne eine ausdrückliche Frist zu setzen; jedenfalls ein gewerblicher Verkäufer wisse dann, was er zu tun verpflichtet sei (BGH, Az.: VIII ZR 49/15) und VIII ZR 254/08). Aus Sicht des Verfassers ist es aber sinnvoll, als Käufer eine bestimmte Frist zu setzen, und zwar mit der ausdrücklichen Nennung eines Datums, bis zu dem der Verkäufer seiner Nacherfüllungspflicht nachgekommen sein muss. Dann ist der Käufer, was die Fristen angeht, auf der sicheren Seite.

Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, dann kann dies dazu führen, dass eine Vertrauensbasis für die Nacherfüllung nicht mehr besteht und das der Käufer, auch ohne dass das Tier leidet, sofort seinen eigenen Tierarzt einschalten und die Kosten vom Verkäufer verlangen kann (BGH, Az. VIII ZR 201/06).

Übrigens: Der Käufer muss die Kauf-„Sache“ zum Verkäufer bringen oder bringen lassen, aber auf Kosten des Verkäufers. Der Käufer kann die Transportkosten vorab vom Verkäufer verlangen; die Vorschusszahlung ist später abzurechnen. Zahlt der Verkäufer innerhalb einer angemessenen Frist nicht, gilt dies als Verweigerung der Nacherfüllung (BGH, VIII ZR 278/ 16, VIII ZR 220/10 und VIII ZR 96/12). Dann hat der Käufer seine Verpflichtung erfüllt und darf selbst das Notwendige veranlassen, also auch bei einer nicht eilenden Behandlung das Tier zum Tierarzt bringen und anschließend die Kosten einfordern.

2.

Weitergehende Ansprüche

Der Käufer hat gegebenenfalls auch noch weitergehende Rechte gegenüber dem Verkäufer. Das ist dann der Fall, wenn der Verkäufer entweder zweimal vergeblich die Nacherfüllung  versucht oder sie endgültig verweigert hat, ferner, wenn der Verkäufer die gesundheitlichen Probleme des Tieres kannte und sie arglistig verschwiegen hat oder wenn er sie fahrlässig nicht erkannt hat.

In diesem Fall kommen in Frage: Rücktritt vom Kaufvertrag, Minderung des Kaufpreises (z.B. in Höhe des Tierarztkosten) und ggf. auch weitergehender Schadensersatz (dies vor allem bei arglistigem Handeln des Verkäufers). Im Falle eines rechtlich wirksamen  Gewährleistungsausschlusses muss der Käufer den Nachweis führen, dass der Verkäufer arglistig gehandelt, also die Erkrankung bewusst verschwiegen hat. Gelingt dem Käufer das, kann der Verkäufer sich nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen.

Liegt ein Mangel vor, der zur Rückgabe gegen Kaufpreiserstattung berechtigt, muss der Käufer, um weitergehenden Schadensersatz (also z.B. Tierarztkosten, die den Kaufpreis übersteigen) zu erhalten, nachweisen, dass der Verkäufer den Mangel arglistig oder jedenfalls fahrlässig verschwiegen hat (LG Coburg, Az.: 23 O 386/11).

Wenn der Käufer aber zu viel möchte, besteht ein erhebliches Risiko, das er gar nichts erhält. Wenn er also beispielsweise ein Tier kauft, das sich anschließend als wirtschaftlich völlig wertlos herausstellt, und dann eine Minderung des Kaufpreises um (nahezu) 100 Prozent durchsetzen möchte, muss er damit rechnen, dass das Gericht den Verkäufer nur zur Zahlung gegen Rückgabe des Tieres verurteilt. Will der Käufer sich dann aus Tierschutzgründen nicht von seinem inzwischen liebgewonnenen Tier trennen, erhält er gar nichts (AG Bremervörde, Az.: 5 C 154/16).

Ist das Tier mangelhaft (also krank), kann der Verkäufer die Tierarztkosten für die Behandlung nur denn verlangen, wenn er nachweisen kann, dass der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat (LG Ingolstadt, 33 O 109/15). Da der Käufer das in dem genannten Fall nicht konnte, hatte er nur einen Anspruch auf Minderung des Kaufpreises; der Anspruch auf weitergehenden Schadensersatz in Gestalt der weit höheren Tierarztkosten stand ihm jedoch nicht zu.

3.

Der „Verbrauchsgüterkauf“: Verkauf vom Händler an Privat

Besonderheiten gelten beim Verkauf von einem gewerblichen Verkäufer an den privaten Käufer (§§ 474 ff. BGB, juristisch mit dem nicht sehr schönen Wort „Verbrauchsgüterkauf“ bezeichnet): Der gewerbliche Verkäufer kann seine Gewährleistung nicht ausschließen, und in den ersten sechs Monaten nach „Gefahrübergang“ (also in der Regel Übergabe an den Käufer) gilt eine Beweislastumkehr: Der Verkäufer muss den Nachweis führen, dass er einen mangelfreien Kaufgegenstand geliefert hat. Gelingt ihm das nicht, ist davon auszugehen, dass die Kaufsache bei der Übergabe bereits mangelhaft war. Diese Beweislastumkehr (§ 477 BGB, früher: § 476 BGB) gilt grundsätzlich auch beim Kauf von Tieren (BGH, Az.: VIII ZR 173/05). Allerdings muss der Käufer den Beweis führen, dass der Verkäufer gewerblich handelt (BGH, Az.: VIII ZR 110/06). Die Beweislastumkehr gilt dann nicht, wenn sie mit der Art der Sache nicht vereinbar ist. Das dürfte z.B. bei kurzlebigen Tierarten der Fall sein. Bei langlebigen Papageienvögeln ist die Regelung des § 477 BGB aber wohl anwendbar.

Wenn ein Tier also einen Mangel aufweist, kann der Verkäufer durchaus den Beweis zu führen versuchen, dass der Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe noch nicht vorhanden war. Wird ihm das Tier z.B. nach fünf Monaten mit einer Erkrankung vorgestellt, die nur eine sehr kurze Inkubationszeit hat, wird ihm das wahrscheinlich gelingen. Zeigt das Tier Verhaltensstörungen und der Verkäufer weist nach, dass diese bei der Übergabe an den Käufer noch nicht vorgelegen haben, kann der Verkäufer sich durchaus aus seiner Haftung befreien (LG Coburg, Az.: 23 O 500/14).

Der Verkäufer haftet für einen Mangel grundsätzlich zwei Jahre lang (ab Beginn des siebten Monats gilt, dass der Käufer zu beweisen hat, dass das Tier bei Übergabe schon krank oder anderweitig mangelhaft war). Nur beim Verkauf einer gebrauchten Sache kann er die Gewährleistung durch entsprechende Vereinbarung mit dem Käufer auf ein Jahr verkürzen.

Wann aber ist ein Heimtier gebraucht? Die Rechtsprechung ist hier nicht wirklich hilfreich ... Der BGH (Az.: VIII ZR 3/06) nimmt hier an, dass ein Tier jedenfalls dann „noch nicht gebraucht“, also noch „neu“ ist, wenn es erst einen verhältnismäßig geringen Teil seiner zu erwartenden Lebenszeit gelebt hat und wenn es noch nicht „benutzt“ ist (wann ist ein Tier aber noch nicht benutzt??? – wenn das potentielle Zuchttier sich noch nicht gepaart hat? ... oder sich noch nicht erfolgreich vermehrt hat? ... oder ...?). In einer weiteren Entscheidung (Az.: VIII 340/18) gab der BGH weitere Hinweise: So lange ein Tier noch nicht mit den Risiken behaftet sei, die typischerweise durch Gebrauch entstehen, sei es noch als „neu“ einzustufen. Auch ein Tier, das noch nicht seinem „Bestimmungszweck“ zugeführt sei, soll nach Ansicht der meisten Gerichte noch als „neu“ eingestuft werden. Ob das Tier also „gebraucht“ ist und der gewerbliche Verkäufer die Gewährleistung wirksam auf ein Jahr verkürzen kann, bleibt eine Einzelfallfrage. In der genannten Entscheidung hielt der BGH nämlich auch fest, dass sich eine allgemein gültige zeitliche Grenze, bei deren Erreichen ein Tier zum „gebrauchten“ Tier werde, nicht aufstellen lasse. Allerdings sei ein Tier, das schon seit längerer Zeit eine eigenständige Entwicklung vollzogen habe und geschlechtsreif sei, aufgrund der eingetretenen biologischen Veränderungen als „gebraucht“ anzusehen.

Interessant wird es (auch beim Verkauf unter Privatleuten), wenn vor dem Verkauf eines Tieres eine tierärztliche Untersuchung über dessen Gesundheitszustand in Auftrag gegeben wird. Übersieht der Tierarzt nämlich schuldhaft einen Mangel, ist er in der Haftung, und zwar ohne dass der Käufer zunächst die Verpflichtung hätte, sich an den Verkäufer zu halten (BGH, Az. VII ZR 136/11 und VII ZR 7/11). Der Käufer hat dann also ggf. einen zusätzlichen, in der Regel haftpflichtversicherten potentiellen Schuldner. Dem Tierarzt, der eine solche Untersuchung vorzunehmen hat, ist zu empfehlen, den Käufer – je nach Tierart – auch auf die Möglichkeit solcher Erkrankungen hinzuweisen, die sich am lebenden Tier nicht zeigen, sondern nur am verendeten Tier nachweisbar, aber ggf. infektiös sind.

4.

Zubehör und Futter

Tierschutzwidriges Zubehör spielt glücklicherweise eine immer geringere Rolle. Nach Auffassung des Verfassers ist solches Zubehör immer als mangelhaft einzustufen und berechtigt mangels anderweitiger Alternative zur sofortigen Rückabwicklung des Kaufvertrages. So weit das Zubehör gegen ein gesetzliches Verbot (z.B. die entsprechenden Regelungen des Tierschutzgesetzes) verstößt, dürfte der Kaufvertrag sogar von Beginn an nichtig sein (§ 134 BGB).

Wer allerdings im Baumarkt Rohmaterial kauft und sich daraus Zubehör für die Tierhaltung selbst zusammenbaut, das dann den Tieren schadet, der hat keinen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der an den Tieren eingetreten ist (so z.B. LG München I, Az. 35 O 3554/07: Das Material war nicht für Tierhaltung geeignet und auch nicht dafür freigegeben).

Wer als Verkäufer ohne Verschulden mangelhaftes, z.B. verdorbenes, Futter, verkauft, wird in der Regel nicht für weitergehenden Schaden (Tierarztkosten oder im schlimmsten Fall Ersatz für verendete Tiere) haften. Hier hat der geschädigte Tierhalter unter Umständen die Möglichkeit, aufgrund des Produkthaftungsgesetzes Schadensersatz direkt vom Hersteller zu fordern (OLG Hamm, Az.: 21 U 14/16). Das Gericht hielt fest, dass die Produkthaftung auch dann zu bejahen ist, wenn dem Hersteller kein Verschulden vorzuwerfen ist. Sogar wenn es sich bei dem Futter, das den Schaden verursacht hat, um einen einmaligen „Ausreißer“ bei ansonsten guter Qualität handele, sei die Haftung des Herstellers für die Tierarztkosten zu bejahen. Das Produkthaftungsgesetz sieht allerdings eine Selbstbeteiligung von € 500,- vor.

5.

Zu guter Letzt ...

Fast immer können rechtliche Fragen nur bei genauer Betrachtung des Einzelfalles beantwortet werden – jedes Tier ist nun einmal ein individuelles Lebewesen und damit auch immer als Einzelfall zu betrachten (und die „Sache mit dem Einzelfall“ gilt nicht nur bei Tieren, sie gilt bei jedem Sachverhalt).

Diese Übersicht kann also keinesfalls die individuelle rechtliche Einzelfallberatung ersetzen. Sie soll nur einige Probleme aufzeigen und Sie auf Ihre rechtlichen Möglichkeiten, aber auch auf die Möglichkeiten, durch gute Vorbereitung beim Kauf einen Rechtsstreit zu vermeiden, hinweisen.

Der Verfasser befasst sich seit vielen Jahren u.a. mit den rechtlichen Fragen, die beim Kauf von Tieren entstehen können. Mehr zum Thema finden Sie in regelmäßigen Abständen in den Fachzeitschriften des Natur-und-Tier-Verlages (www.ms-verlag.de; www.datz.de; www.reptilia.de) und des Arndt-Verlages (www.arndt-verlag.de; www.gefiederte-welt.de) sowie auch auf zza-online.de.

Rechtsanwalt Dietrich Rössel

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