2017 schrieb ich, nachdem der erste Schock - der durch die Hochrechnungen zur damaligen Bundestagswahl entstanden war - verdaut war, dass nicht die Wähler*innen der Kleinstparteien an dem starken Ergebnis der AfD die Schuld tragen. Vielmehr gehört es zu einer Demokratie, dass es eine große Auswahl an politischen Ideen gibt und diese auch gewählt werden können. Die Schuld für die starke AfD ist eher in der Politik von CDU, CSU und SPD zu verorten, was allerdings keine dieser Parteien so wirklich anerkennt.

Jetzt haben wir das Jahr 2021, bis zur Wahl sind noch ein paar Tage und schon wieder werden Wähler*innen von Kleinstparteien unter Druck gesetzt. Dieses Mal ist das Thema nicht die AfD, diesmal geht es um den Klimaschutz. Natürlich ist Klimaschutz ein wichtiges Thema, aber sollten nach der Wahl wieder die Unionsparteien die stärkste Fraktion im Bundestag stellen, sind auch hieran nicht die Wähler*innen der Kleinstparteien schuld!


Klima ist wichtig, Demokratie aber auch!

Ich kann verstehen, dass Klimaaktivist*innen verhindern möchten, dass die Unionsparteien auch die nächste Regierung anführen oder nur in dieser vertreten sind. Deswegen verstehe ich natürlich auch, dass sie alles versuchen, um die anderen Wählenden davon zu überzeugen, die Grünen oder die SPD zu wählen, aber es gilt halt weiterhin, dass wir in einer Demokratie leben.

Eine Demokratie lebt vom Wettstreit der vielen politischen Ideen. Sie lebt davon, dass auch kleinere Parteien zur Wahl stehen und diese auch gewählt werden können. Wenn diese Ideen dann nicht in den Bundestag einziehen, ist das für die Wählenden der Kleinstparteien nicht erfreulich, aber es ist halt kein Grund, sich von seinen politischen Ideen zu verabschieden. Natürlich stärkt das die anderen Parteien, die in den Bundestag einziehen, aber hier liegt das Problem in den Wahlgesetzen und nicht bei den Wähler*innen der Kleinstparteien. Außerdem werden diese Stimmen auf alle Fraktionen verteilt, die im Bundestag einziehen und nicht nur auf die ungeliebten Unionsparteien.

Wenn es also zu einer erneuten Regierungsbeteiligung der Unionsparteien kommt, dann tragen ganz allein die Wähler*innen die Verantwortung dafür, die diese Parteien weiterhin wählen.  Die Menschen, die den Klimawandel noch nicht ernst genug nehmen, die vielleicht in einem Alter sind, wo sie denken, dass es andere Themen gibt, die dringender sind, weil die Folgen des Klimawandels noch so weit weg scheinen oder die denken, dass die Klimaschutzmaßnahmen der Unionsparteien ausreichend sind.

Hier müssen die Klimaaktivist*innen ran. Sie müssen Wähler*innen der Unionsparteien überzeugen, genauso wie sie die Wählenden, die die FDP wählen, von der Dringlichkeit des Klimaschutzes überzeugen müssen. Hier liegt die Stellschraube zu einer Regierung ohne Unionsparteien, hier liegt der Schlüssel zu insgesamt mehr Klimaschutz!

Vertrauensproblem von SPD und Grünen


Es kommt aber noch ein weiteres Problem dazu, wofür die Kleinstparteien und ihre Wählenden überhaupt nichts können und das ist das Vertrauensproblem. Klar, einige Klimaaktivist*innen kennen nur eine Unionsgeführte Regierung, viele andere Wähler*innen kennen aber auch noch die letzte Rot-Grüne Regierung, die mit Hartz4, Sanktionen gegen die Ärmsten in unserer Gesellschaft und neoliberaler Politik sehr viel Vertrauen verspielt hat.

Die SPD hat damit in den Jahren nach der Rot-Grünen-Koalition munter weitergemacht. Erinnerungen an einen Wahlkampf gegen eine Umsatzsteuererhöhung werden wach, auf dem nach der Wahl eine Erhöhung um 3 Prozent folgte. Das Tarifeinheitsgesetz und die erneute große Koalition im Jahr 2017 sind dann Dinge, die noch gar nicht so lange her sind. Warum sollte hier bei den Wählenden Vertrauen in eine Veränderung der Politik nach der Wahl bestehen? Vertrauen, welches notwendig wäre, um überhaupt über eine taktische Wahl nachzudenken?

Sollte es nicht für einen Politikwechsel nach der Wahl reichen, so sind nicht die Wähler*innen der Kleinstparteien daran Schuld. Die Schuld liegt bei den Wählenden der Unionsparteien und sie liegt bei SPD und den Grünen selbst, die in den letzten Jahren eine ganze Menge Vertrauen verspielt haben.

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