Unterwegs wie auch immer

Sommerzeit ist Reisezeit und bis der gemeinsame Familienurlaub ansteht, mache ich kleine Reisen mal hierhin und dorthin. Nach einigen Zugfahrten - ich liebe Zugfahren!- nur teilweise mit dem 9-Euro-Ticket und nach einer kurzen Reise nach Berlin und Quedlingburg mit meinem jüngsten Sohn (11) war meine Geduld doch etwas erschöpft.  Unfreiwillige Zwischenstopps in Brandenburg und Hildesheim. IC- Ausfall, Ersatzzug, Verspätung und Warten auf dem heißen Bahnsteig, Kind an der Seite. Doch hey, immerhin gönnten wir uns kalte Getränke, mein Sohn durfte mehr als sonst auf dem Handy zocken und wir kamen mit netten Leuten in überfüllten Zügen ins Gespräch. Trotz Maske. Dennoch verkündete ich ihm auf dem menschenreichen Bahnsteig in Mannheim am Ende unserer Reise an einem Sonntag Abend, die Anschlussbahn war natürlich weg, dass wir zu unserer nächsten kurzen Reise zu Omi doch lieber das Auto nehmen.

Gestern auf der Autobahn bereute ich meinen Beschluss schon wieder: Klar, Reiseverkehr, klar Ballungszentren, klar Baustellen und hohes Verkehrsaufkommen.  Und obwohl ich mich seit Jahren in Gelassenheit übe - unerlässlich als Mutter von fünf Kindern - und selbst in unübersichtlichsten Situationen Ruhe bewahre - meistens-, dennoch riss mir die Hutschnur und ich kam aus dem Ärgern gar nicht mehr raus.

Mein Mann neben mir mit Headset und in einem Meeting, mein Sohn mit noisecancelling Kopfhörer sahen mich immerhin nur unwillig rummotzen und hörten es wenigstens nicht, wenn ich unflätig wurde. Und das wurde ich.

Ich fahre seit vielen Jahren gerne und viel Auto, aber gestern bedauerte ich wirklich den Entschluss doch nicht mit dem Zug gefahren zu sein. Während ich mich also hochkonzentriert dem dichten Verkehr widmete, hätte ich im Zug aus dem Fenster sehen können, lesen oder schreiben können. Obwohl ich selten zu nur bestimmten Zeiten auf der Autobahn unterwegs bin, treffe ich immer wieder auf Drängler. Oder sie auf mich.

Kennste einen, kennste alle. Wenn ich doch schon 130 auf der linken Spur fahre und nur 120 erlaubt ist und wenn doch vor mir eine ganze Reihe anderer jeweils in gebührenden Abstand auch 130 vor mir fahren, warum musst du im schwarzen Audi oder im schwarzen SUW denn mir schier hintenrein fahren? Dass ich mich für dich hinter einen Lastwagen klemme, nur dass du vor mir in der Reihe bist? Geht´s noch? Möglich: rechts überholen. Was er dann auch machte und ja, er entsprach dem Klischee: Mittelalter Typ in Audi.

Was soll ich sagen? Auch nicht mehr zeitgemäß. Wenn das Zugfahren in Deutschland nun auch noch mit automatischer Sitzplatzreservierung einherginge, so wie das in vielen Nachbarländern der Fall ist, damit Überfüllung vorgebeugt wird, dann, ja dann ... würde ich noch häufiger und lieber mit den Öffis fahren.