Nach dem rechtsterroristischen Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt mit fünf Toten und über 200 Verletzten sind die Rechtsaußen in unserem Land etwas planlos, da der Täter sowohl ein Rechtsextremist als auch ein Araber ist. Was nur dazu führt, dass nun vollkommen absurde Sachen postuliert werden, so wie vom CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann.
Der ist ja nun schon länger vor allem dafür bekannt, unsachliche Hetze in jedes Mikrofon zu blubbern, was ihm hingehalten wird, Hauptsache, es wiegelt die Menschen gegeneinander auf. Nun hat er aber den Vogel wirklich abgeschossen, wie ich finde, und gezeigt, das er mehr als ein Rechtspopulist ist, nämlich jemand, der direkt in der Tradition der Nationalsozialisten steht.
Da ja Linnemann nun schlecht fordern kann, etwas gegen rechte Hetze zu unternehmen, die Menschen dazu bringen kann, derartig scheußliche Anschläge wie in Magdeburg zu verüben (damit würde er sich ja als rechter Hetzer schließlich ins eigene Fleisch schneiden), kommt er jetzt auf die großartige Idee, doch psychisch Kranke in einem Register als potenzielle Gefährder zu erfassen. Diese stellt er in einem Interview mit dem Deutschlandfunk dann auch gleich mal auf eine Stufe mit Rechtsextremisten und Islamisten (s. hier). Und das, obwohl bei dem Attentäter von Magdeburg, der zwar als Facharzt für Psychiatrie arbeitete, bisher keine psychische Erkrankung diagnostiziert wurde – wenngleich nach so einem Anschlag die Vermutung, dass bei dem was nicht richtig tickt im Oberstübchen schon nicht ganz von der Hand zu weisen ist. In jedem Fall wäre dieser Mann aber gar nicht in so einem von Linnemann geforderten Register aufgetaucht.
Zudem wäre es dann ja auch mal interessant, zu erfahren, ob denn psychisch Kranke überhaupt öfter gewalttätig oder anderweitig straffällig werden als Menschen ohne eine solche Erkrankung. So ganz spontan konnte ich dazu jetzt keine belastbare Statistik o. Ä. im Internet finden. Was aber bekannt ist: Psychisch Kranke Menschen werden leider immer wieder von der Polizei erschossen, weil die Einsatzkräfte mit der Situation überfordert und nicht entsprechend geschult sind (s. hier). Und: Viele psychische Erkrankungen basieren auf traumatischen Gewalterfahrungen.
Linnemann betreibt hier also eine reichlich widerwärtige Täter-Opfer-Umkehr, indem er beispielsweise Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung, die als Kind sexuell missbraucht wurden, als potenzielle Gefährder in einem Register führen möchte. Oder Menschen, die aufgrund von erlebter Gewalt eine Angststörung oder Depression entwickelt haben.
Zudem scheint Linnemann von so etwas wie der ärztlichen Schweigepflicht noch nie was gehört zu haben. Die ist nämlich ein hohes zivilisatorisches Gut und zu Recht nur bei hochinfektiösen meldepflichtigen Erkrankungen ein Stück weit außer Kraft gesetzt. Und was noch hinzukommt: „Psychische Erkrankungen“ ist ja nun ein sehr weit gefasster Begriff, unter den komplett verschiedene Beeinträchtigungen in sehr unterschiedlich starken Ausprägungen fallen. Wer soll da nun also entscheiden, was da wann bei wem genau gemeldet werden sollte? Einfach schon mal pro forma jeden Schüler mit Burn-out oder jede Mutter mit Wochenbettdepression ins linnemannsche Register schreiben? Je mehr man drüber nachdenkt, desto schwachsinniger wird diese Idee.
Psychische Erkrankungen sind außerdem immer noch mit einem Stigma behaftet: Darüber spricht man nicht so gern. Viele Menschen trauen sich deswegen auch nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen – ob das wohl besser wäre, wenn sie wüssten, dass sie dann gleich mal als potenziell gefährlich gelistet werden könnten? Ich glaube kaum.
Der Schritt von „Wir haben so ein Register nicht“ zu „Wir haben ein Register für psychisch Kranke“ ist in jedem Fall größer als der von so einem Register hin zu „Das ist alles unwertes Leben“, wie ich finde. Und das hatten wir bei Linnemanns Brüdern im Geiste ja in den Jahren von 1933 bis 1945 schon mal. War nicht so richtig toll, oder?
Woran man sieht: Es wird wohl gar nicht mehr darauf ankommen, ob die AfD eventuell Teil der nächsten Bundesregierung wird. Wenn eine Partei mit einem Generalsekretär wie Linnemann den Bundeskanzler stellt, dann werden sich Nazi-Ideen auf höchster Regierungsebene finden.
CDU zu wählen, heißt, Faschismus zu wählen. Das sollte spätestens jetzt allen klar sein – auch potenziellen Koalitionspartnern, die sich dann an den geistigen Ergüssen eines Linnemanns mitschuldig machen würden, sollten diese tatsächlich mal umgesetzt werden.
Und gerade kürzlich habe ich dann auf Facebook einen Beitrag von Marc Raschke gesehen, der zeigt, dass rechtsextreme Denke in der CDU nicht nur an Linnemann festgemacht werden kann, sondern sich auch bei Parteichef Friedrich Merz findet:
Das ist verfassungsfeindlich, rechtsstaatlich in hohem Maße bedenklich und schlichtweg rassistisch – also alles das, was die AfD auch ausmacht.
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