Dass Rechte und Rechtsextreme wenig bis keinen Anstand haben, ist nun keine ganz neue Erkenntnis. Wie hemmungslos sie ihre Unanständigkeit allerdings gerade ausleben, ist schon bemerkenswert – und zeigt, dass man solchen Leuten mit Anstand überhaupt nicht beikommen kann.
Mit Rechten sachlich zu diskutieren ist ein nahezu unmögliches Unterfangen. Darüber wurden schon einige Artikel geschrieben (zum Beispiel hier und hier), und auch ich selbst habe mich schon vor Jahren mit diesem Thema befasst (s. hier und hier). Dennoch gibt es immer noch genug Menschen, die meinen, man könnte mit Rechtsaußen diskutieren und diese Leute vielleicht sogar mit besseren Argumenten überzeugen. Und dass man die Ansichten dieser Menschen auch ernst nehmen und versuchen müsste, sie zu verstehen.
Was dann allerdings passieren kann, wenn man Rechten nämlich zu sehr auf die Pelle rückt, kann man gerade erleben: Zum einen läuft eine massive Diskreditierungskampagne gegen Correctiv, nachdem diese ja vor einigen Wochen über das Treffen von Rechtsextremen in einem Hotel in Potsdam berichtet hatten, auf dem Remigrationspläne im großem Stil geschmiedet wurden.
Da wird dann behauptet, dass Correctiv vom Staat finanziert würde – ohne natürlich dazuzusagen, dass es schon öffentliche Gelder gibt, allerdings nicht für die journalistische Arbeit, sondern im Zuge der gemeinnützigen Tätigkeit der Medienbildung bei Jugendlichen (s. dazu hier). Das wird natürlich ständig verschwiegen – klar, denn das würde dann ja nicht so gut zur Erzählung passen, dass das alles nur von „denen da oben aus der Regierung“ inszeniert worden ist, um die AfD zu diffamieren.
Stattdessen wird dann behauptet, die Berichterstattung von Correctiv sei nicht objektiv, sondern Folge einer Gesinnung. Das ist insofern schon lächerlich, als dass dabei davon ausgegangen wird, es gäbe tatsächlich objektive Berichterstattung.
Kleiner Exkurs dazu:
Eine reine, komplett wertungsfreie Nachricht gibt es m. E. nicht. Das fängt ja schon damit an, dass ausgewählt wird, welche Nachricht verbreitenswert ist. Und dann kommt es noch darauf an, wen man zu dieser Nachricht befragt als Zeugen, Fachleute o. Ä.
Oder wie es mal in einem Konstruktivismus-Seminar an der Uni hieß, das ich in den 90er-Jahren besuchte: Es gibt keine Objektivität, denn alles, was gesagt wird, wird von jemandem gesagt.
Zudem gehört es auch zum Journalismus, Sachen so darzustellen, dass auch Menschen den Zusammenhang verstehen, die nicht komplett drin sind in dem Thema, um das es geht. Auch dabei findet dann wieder eine Selektion statt, was man weglässt, um die Komplexität auf ein hinreichendes Maß zu reduzieren.
Das kann man als Populismus bezeichnen. Wenn dieser aber dazu dient, den Wissensvorsprung des Berichtenden gegenüber dem Zuhörer/Leser zu reduzieren, dann ist das auch durchaus o. k.
Ätzend wird es, wenn die Mittel der Simplifizierung und des Weglassens benutzt werden, um den Wissensvorsprung des Berichtenden gegenüber seinen Zuhörern/Lesern aufrechtzuerhalten oder sogar zu vergrößern. Das ist beispielsweise das übliche Vorgehen der AfD. Das habe ich vor einigen Jahren schon mal in einem Artikel etwas ausgeführt.
Und genau das wird ja mit dem Weglassen der Information, wofür Correctiv öffentliche Gelder bekommt, gerade von den Objektivitätsjüngern vom rechten Rand praktiziert. Na ja, mit widersprüchlichem Handeln und Denken haben die ja sowieso keine Probleme …
Insofern sehe ich im Vorgehen von Correctiv in Bezug auf dieses Nazi-Treffen in Potsdam keine journalistischen Mängel: Es wurde berichtet, wer dort war und was diese Leute da gemacht und gesagt haben. Und darüber kann sich nun jeder seine eigene Meinung bilden. Was dann ja vielen Menschen auch gemacht haben, sodass sie dann zu Demonstrationen gegen derlei Ansinnen in den letzten Wochen auf die Straße gegangen sind.
Aber das Vorgehen der AfDler und denen wohlgesinnten Medien und Menschen ist auch nichts Neues: Wenn man nicht über einen Inhalt sprechen möchte, dann sieht man eben zu, das Thema zu wechseln – beispielsweise indem man denjenigen, der das thematisiert hat, zu diskreditieren versucht. So entsteht ein Rechtfertigungsdruck, und schon bald redet man nicht mehr über die Nachricht an sich, sondern über deren Überbringer. Dabei werden dann natürlich Behauptungen nicht begründet, es werden keine Belege für den Vorwurf, dass Fake News verbreitet würden, gebracht, und zudem stilisiert man sich selbst natürlich mal wieder als Opfer. In einem Artikel im österreichischen Standard wird geschildert, wie der rechtsextreme Intendant von Servus TV genau auf diese Weise billig und schäbig polemisiert hat, um Stimmung gegen Correctiv zu machen.
Das man mit so einem Vorgehen nicht nur einzelne Menschen schädigt, sondern auch generell die Glaubwürdigkeit von Medien ungerechtfertigterweise weiter beschädigt, Misstrauen sät und den öffentlichen Diskurs vergiftet, ist den rechten Agitatoren dabei nicht nur komplett egal, sondern sogar gewünschter Nebeneffekt. So verbreitet man eben Unsicherheit und Angst – genau das, wovon Rechte immer wieder profitieren, deren Nährboden quasi.
Vor allem interessant, dass da der Vorwurf des Kampagnenjournalismus gerade von denen geschürt wird, die offenbar selbst Teil einer medialen Kampagne sind. Diesen Rückschluss lässt zumindest ein Posting von David Schraven von Correctiv auf LinkedIn zu:
Auf noch unappetitlichere Weise konnte man ein ähnliches Vorgehen von Rechtsaußen gerade beobachten, als eine üble Kampagne gegen die stellvertretende Chefredakteurin der Süddeutschen Zeitung (SZ) Alexandra Föderl-Schmid inszeniert und durchgeführt wurde.
Das Ganze fing schon Ende letzten Jahres an, als Stellen in Artikeln von Föderl-Schmid gefunden wurden, die sich so auch in Artikeln anderer Medien fanden, ohne als Zitate gekennzeichnet worden zu sein. Eine unschöne Sache, aber vor allem ein Problem der Süddeutschen Zeitung, finde ich. Da im Zuge dieses Vorfalls Informationen aus internen Konferenzen an das Portal Medieninsider gelangten, begann die Suche nach einem „Maulwurf“, bei der dann auch die kommunikativen Verbindungsdaten von SZ-Mitarbeitern geprüft wurden – ein Vorgehen, das für einige Empörung in der Branche sorgte.
In einem Artikel im Standard findet sich eine ausführlichere Chronologie des Geschehens. Dort heißt es dann:
Föderl-Schmid selbst gestand Fehler ein, für sie persönlich schien die Sache fast ausgestanden zu sein. Bis plötzlich Anfang Februar ein privater „Plagiatsjäger“ und das deutsche Online-Krawallmedium Nius mit einem neuen Vorwurf auf den Plan traten – und hinter ihnen formierte sich der Internetmob.
Der „Plagiatsjäger“ hatte Föderl-Schmids Dissertation untersucht und kam in seiner elfseitigen Analyse zu dem Ergebnis: zwölf „Plagiatsfragmente“ und damit „schwerwiegender Plagiatsverdacht“. Föderl-Schmid hat Publizistik, Geschichte und Politikwissenschaften an der Universität Salzburg studiert. Ihre Doktorarbeit in Publizistik gab sie 1996 ab – vor fast 30 Jahren. In Medien ließ sich der „Plagiatsjäger“ mit Sätzen wie „moralisch total verwerflich, einfach nur peinlich“ zitieren.
Was hierbei von besonderer Relevanz ist: Reichelts Schmierportal Nius hat nun nicht nur eine Meldung aufgegriffen und ausgeschlachtet, sondern selbst für deren Zustandekommen gesorgt. Die Plagiatsprüfung wurde nämlich von Nius selbst in Auftrag gegeben und auch bezahlt, wie sich im Nachhinein herausstellte (s. hier). Es ging hierbei also nicht darum, ein Geschehen aufzugreifen, darüber zu recherchieren und dann auch zu berichten, sondern zur Schaffung von Umständen beizutragen, die man dann skandalisieren kann. Das ist schäbige Agitation, aber kein Journalismus.
Das interessierte diejenigen, die nun mit einem Shitstorm über Föderl-Schmid herfielen, nicht die Bohne. Man hatte da jemanden gefunden von einem sowieso verhassten Medium, das in rechten Kreisen vor Kurzem noch deswegen als „Gesinnungsjournalismus“ gebrandmarkt wurde, weil man über mögliche Plagiate in der Doktorarbeit von Alice Weidel (AfD) berichtet hat. Diese Berichterstattung war zwar durchaus ausgewogen und sachlich, wie Stefan Niggemeier in einem Artikel auf Über Medienfeststellt. Aber jeder Hauch von Kritik wird ja von rechten Jammerlappen immer gleich als „Schmutzkampagne“ aufgefasst.
Dabei ging nun eine tatsächliche Schmutzkampagne los – und zwar gegen Föderl-Schmid. Die wurde nun nämlich mit Beleidigungen, Hass und Häme übergossen von AfD-nahen Schreiberlingen sowie Politikern und Anhängern der Blaubraunen. Weidel selbst soll hämisch mit den Worten „Karma is a bitch“ auf die Verwürfe gegen Föderl-Schmid reagiert haben.
Schon alles reichlich widerlich, oder? Aber es kommt noch härter: Als dann Föderl-Schmid plötzlich als vermisst gemeldet wurde und im Raum stand, dass sie sich aufgrund des rechten Shitstorms suizidiert haben könnte, reagierte das rechte Pack (und ich bezeichne diese Leute hier mit voller Absicht so, denn nichts anderes sind solche Gestalten) nach wie vor auf ekelhafte Weise, wie in dem oben bereits verlinkten Standard-Artikel beschrieben wird:
Nicht einmal am Donnerstag, als die Nachricht ihres Verschwindens bekannt wurde, gaben die Leute Ruhe. Manche verpackten ihre Menschenfeindlichkeit in vermeintliche Empathie („Hoffentlich tut sich @foederlschmid nichts an – auch wenn ihre Lebenslüge offenkundig wurde“), andere waren gleich ehrlicher. „Can’t stand the fire, get out of the kitchen“ oder auch: „Um diese Plagiatstussi ist es nicht schade!“
Der FPÖ-nahe Blog Der Status postete den – immerhin schnell gelöschten – Satz: „Das Ausmaß ihrer journalistischen Verfehlungen schien jenes von Claas Relotius zuletzt bei weitem zu übersteigen.“ Zur Erinnerung: Zu keiner Sekunde wurde Föderl-Schmid vorgeworfen, sich irgendetwas ausgedacht zu haben. Die Story hatte sich von der Realität längst gelöst.
Das Gute an der Sache: Alexandra Föderl-Schmid hatte sich nichts angetan und wurde lebend wieder aufgefunden. Doch war nun Ruhe im Karton? Nein, natürlich nicht, denn die Rechten bölkten immer weiter. Hierzu nochmal ein Zitat aus dem Standard:
Aber selbst bei guten Nachrichten zeigen Kanäle wie X ihre hässliche Fratze. Ein Mitglied des Vorstands der AfD Baden-Württemberg teilte den Artikel der Kronen Zeitung über ihr Überleben mit den Worten, sie solle sich „schämen“. Sie habe eine „Kampagne“ gegen Nius ausgelöst und sich „versteckt“ gehalten, während die „typische linke Hetzpresse einen Selbstmord erfindet“.
Mir fehlen echt die Worte, um meine Abscheu solchen Typen wie diesem AfDler gegenüber auszudrücken. Und ich habe auch keine Lust mehr, diesem rechten blaubraunen Pack in irgendeiner Weise mit Anstand oder gar Verständnis zu begegnen. Irgendwann ist eben einfach mal gut – und für mich ist diese Grenze nun endgültig überschritten.
Reden kann man, wie oben schon gesagt, mit solchen Leuten ohnehin nicht. Es ist ja nicht nur so, dass die ausgesprochen stumpf und ignorant sind, sondern eben auch noch außergewöhnlich blöd. Beispiel gefällig? Das hier habe ich gerade auf Facebook gefunden:
So blöd kann man nicht sein? Doch, man kann, und zwar nicht nur einer allein, sondern eine ganze Menge. Und weil das so viele sind und sich diese dann auch noch so laut gebärden, meinen diese Freaks in ihrer Hybris auch noch, sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen.
Nicht mit solchem Pack zu reden bedeutet allerdings nicht, dessen Aussagen nicht zu widersprechen. Das ist wichtig und notwendig, nur sollte man das auch mit der nötigen Abscheu machen und diesen Arschgeigen zu verstehen geben, dass sie gesellschaftlich inakzeptabel sind. Nur sollte man schon zusehen, dabei nicht offensichtlich einzelne Personen zu beleidigen, denn die deutsche Justiz ist leider schnell dabei, wenn es darum geht, Rechtsextreme zu schützen (s. hier).
Aber zum Glück kann man solchen Typen ja auch ohne offensichtliche Beleidigungen zu verstehen geben, was man von ihnen denkt (die meisten von diesen Heulbojen fangen ja schon an zu jammern, wenn man sie als Nazi oder Rechtsextremen bezeichnet), dass man ihnen alles Schlechte auf dieser Welt wünscht – und dass eine Welt ohne sie bestimmt kein schlechterer Ort wäre. Das heißt nun natürlich nicht, dass man gewalttätig werden sollte, aber sollte solchen Leuten mal was Unschönes geschehen, dann kann man sie zumindest verhöhnen und verspotten.
Das ist alles natürlich nicht die feine Art, und normalerweise gehe ich so auch nicht mit anderen Menschen um. Da sich nun aber gezeigt hat, dass man mit Anstand dem Unanstand von Rechtsaußen überhaupt nicht begegnen kann, sollte man vielleicht mal die Strategie wechseln.
Von Argumenten lässt sich das rechte Pack sowieso nicht überzeugen, und die Realität biegt man sich da ja auch gern so zurecht, dass sie mit dem eigenen kranken Weltbild zusammenpasst. Also sollten wir diesen Widerlingen mit Gehässigkeit, schlechten Wünschen und dem Aufzeigen ihrer eigenen Lächerlichkeit begegnen. Zu so etwas wie Scham sind die meisten dieser stumpfen Dumbatze zwar eh nicht in der Lage, aber immerhin kann man so anderen, die das Denken noch nicht komplett eingestellt haben, aufzeigen, dass man mit diesem Pack besser nicht in einen Topf geschmissen werden möchte.
Das Gute ist nämlich: Rechte sind grundsätzlich feige Waschlappen. Wenn sie meinen, in der Mehrheit zu sein, dann reißen sie das dumme Maul auf, sobald sie aber mal richtig Gegenwind bekommen, und das am besten noch von mehreren, ziehen sie in der Regel das Schwänzchen ein. Dadurch ändert man deren Denke natürlich nicht, aber immerhin kriegt man die so vielleicht dazu, weniger Verbalmüll abzusondern.
Schwieriger wird das natürlich, sobald rechter Müll im Bekanntenkreis, bei der Arbeit, im Sportverein o. Ä. geäußert wird. Aber auch hier gilt es, Haltung zu zeigen und dem rechten Pack so was nicht durchgehen zu lassen. Klar, wenn man einen Nazi als Chef hat, ist es schwer, sich dagegen zu wehren, da ja der eigene Arbeitsplatz und damit die Existenz davon abhängen. Aber im Fußballteam kann man beispielsweise deutlich machen, dass man keine Lust hat, gemeinsam mit einem Rechtsextremen zu kicken, sodass entweder der gehen soll – oder man geht halt selbst.
Man kann eben Leuten nicht mit Samthandschuhen begegnen, die schon längst wie wild mit Knüppeln um sich schlagen. Also sollten wir als anständige Demokraten im Sinne der wehrhaften Demokratie endlich auch adäquat zurückschlagen und das Pack so zumindest ein Stück weit davon abhalten, in einer Tour menschenverachtende Hetze in die Welt zu posaunen.
… und da war ich mit diesem Artikel eigentlich schon fertig, da stoße ich gerade noch auf eine Meldung auf Spiegel Online, dass der „Politische Aschermittwoch“ der Grünen in Biberach nicht stattfinden konnte, da ein rechter Mob vor dem Veranstaltungsort marodiert hat. Schlimm, dass es so weit schon gekommen ist – allerdings bekräftigt mich das in meinen hier getätigten Aussagen, dass man diesem Pack nicht mit Verständnis und Freundlichkeit begegnen sollte, sondern mit größtmöglicher Verachtung.
Dir gefällt, was Karl Haas schreibt?
Dann unterstütze Karl Haas jetzt direkt: