Haben Sie gewusst, dass die Corona-Pandemie eigentlich gar nicht schlimm ist? Dass sie, wenn überhaupt von "denen da oben" geplant wurde? Also eine Plandemie ist? Und überhaupt: Impfungen und Masken haben bisher zehntausende dahingerafft, auch wenn niemand darüber spricht... Glauben Sie nicht? Dann schauen Sie sich doch dieses Youtube Video an und diesen Artikel dieses Blogs. Aufwachen, Sie Schaf!

Diskussionen mit Menschen, die sich als Impfskeptiker, Corona-Skeptiker oder direkt als Querdenker bezeichnen laufen in der Regel immer gleich ab. Man möchte dabei gerne an Eric Cantona denken, der sinngemäß den Vergleich mit der Taube beim Schach geprägt hat. Egal was Sie tun werden, egal ob Sie gewinnen: Die Taube wird am Ende des Spiels stolz über das Schachbrett marschieren und noch einen Haufen absetzen, bevor sie wieder verschwindet. Und natürlich, Querdenker sind keine Tauben. Doch haben sie ein sehr gefestigtes Weltbild mit klaren Ideologien und vor allem: klaren Feindbildern.

Als "Impfluencer" zum Feind geworden: Mein Youtube-Kanal und ich.

Im Dienste des Guten?

Dadurch wird es schwer mit Fakten und allgemeingültigen Wissen noch erfolgreiche Diskussionen zu bestreiten. Auch dieser Artikel dürfte allein durch diese Aussage sicherlich Wut und Zorn bei denen hervorrufen, die sich selbst als eine unterdrückte, aber allwissende Mehrheit sehen wollen. Informiert über alternativen Medien und ausgestattet mit dem Gedanken, dass alle anderen Meinungen, vor allem jedoch Berichte und Fakten, gesteuert sind. Mit der Absicht eine größere Wahrheit zu verschleiern. Es geht um eine, womöglich die größte, Verschwörung.

In meinem bisherigen Leben habe ich unzählige fruchtlose Diskussionen geführt. Egal ob mit Anhängern der AfD, mit Landwirten, mit Sozialdemokraten, mit Bundes- und Landtagsabgeordneten und auch einmal mit einem Minister. Doch erst mit der Querdenken-Bewegung kam ein Gefühl, welches man nur als Müdigkeit beschreiben kann. Warum? Weil es hier eine nahezu einmaligen Fanatismus gibt, welcher Aspekte aus allen Teilen des Lebens kombiniert. Antisemitismus, Fremdenhass, Homöopathie sowie Ideen aus dem linken wie rechten Extremismus. Zusammengehalten wird diese wilde Mixtur von einigen Eckpfeilern: Masken töten. Impfen tötet. Die Elite tötet. Corona ist nur eine Grippe (und tötet daher nicht).

Der Boden wurde von der AfD bestellt

Lange suchten Rechtsextremisten nach einem Einfalltor in die Gesellschaft und fanden sie schließlich mit der AfD während der "Flüchtlingskrise" in Deutschland. Damals zeigte sich zum ersten Mal deutlich, wie sehr gerade das Internet auch zur Waffe werden kann. In einer Welt der Lügen, der halben Wahrheiten und des Hasses und der Wut kultivierte die Partei ein neues politisches Klima, welches unsere Gesellschaft verändert hat. Womöglich: schlechter gemacht hat.
Auf jeden Fall bestellte aber die AfD - und ihre Förderer im Hintergrund - das Feld für eine neue Kultur, welche sich abkoppelt von den sogenannten Mainstream-Medien und zu neuen Quellen greift. Hobbyautoren, Blogs, Portale von ausländischen Mächten wie Russland, der amerikanischen alt-right Bewegung oder der Türkei.

Wer in diese Welt der alternativen Medien eintaucht, taucht als anderer Mensch wieder auf. Denn: die Botschaften sind oft sehr gut gemacht und treffen nahezu alle Töne, die man gerne hören möchten. Sie sind emotional und verknüpfen lose Informationsfetzen oft sehr kreativ und sogar logisch klingend miteinander. Zudem gehen mit ihnen auch immer klare Handlungsanweisungen einher, während sie zeitgleich das Gefühl vermitteln, dass es hier ein Banner gibt, hinter dem sich die unterdrückten Massen vereinen können. Quasi gemeinsam im Kampf gegen den Kabal, das Böse im Hintergrund. Diese Schattenmacht, bei der alle Fäden zusammenlaufen. Und es gibt eine Hoffnung, die stets hindurchscheint: Man kann gewinnen. Sofern man nur diese Schattenmacht und alle Handlanger besiege.

Man könnte also schnell das Gefühl bekommen hier für eine gute Sache zu kämpfen. Und das ist gefährlich, da hinter Querdenken auch Menschen stehen wie Xavier Naidoo, Michael Wendler oder Attila Hildmann. Zwei von drei sind nachweisliche Antisemiten der schlimmsten Sorte, während einer wohl einfach durch die Pandemie und deren Folgen den Boden unter den Füßen verloren hat.

Nicht alle Sorgen sind aus der Luft gegriffen

Und das ist wohl auch der Kern des Problems: Die Corona-Pandemie hat viele Existenzen beeinträchtigt. Unternehmer*innen fürchten um ihre Zukunft, Arbeiternehmer*innen haben Anstellungen und Perspektiven verloren und Familien wurden in einen Limbo aus Homeschooling, überforderten Lehrern und wirren Öffnungsstrategien geworfen. Gemeinsam sind wir alle einer Zahl unterworfen, die täglich veröffentlicht wird: Der Inzidenz. Doch genau wie bei den Verlustzahlen früher im Krieg sind auch wir heute diesen Werten überdrüssig. In vielen von uns herrscht inzwischen das Gefühl "Jetzt ist auch mal wieder gut" vor. Kriegsmüdigkeit nennt man diesen Effekt. Auch, wenn er hier nicht wirklich angebracht scheint. Leider ist es einem Virus egal, ob wir Müde sind.

Dadurch entsteht die Situation, dass nahezu alle Regierungen der Welt nicht nur gegen eine globale und schwer berechenbare Pandemie kämpfen müssen, sondern auch gegen Menschen die alles daran setzen Maßnahmen und Verordnungen zu boykottieren oder sogar zu stören. Dabei haben die Querdenker in ihrer Gesamtheit längst alle Samthandschuhe ausgezogen und schrecken auch nicht vor Gewalt auf der Straße und Terror im Netz zurück. Sie verletzten Polizisten, attackieren Gegendemonstrant*innen und überziehen Kritiker mit digitalem Hass bestehend aus Beleidigungen und Drohungen. Auch ich kann ein Lied davon singen, was das bedeutet.

Ein Anlaufpunkt für viele Querdenker: Der Telegram Kanal von Attila Hildmann

Auch ich kenne mich mit dem Querdenken-Hass aus

Bilder von mir werden in einschlägigen Gruppen geteilt und auf meinen Kanälen schwappt der Hass regelmäßig über. Warum? Weil ich der Meinung bin, dass es richtig ist, sich impfen zu lassen. Und, dass es wichtig ist nicht wegzusehen und zu schweigen, wenn Menschen heute wieder Adolf Hitler und das dritte Reich verharmlosen oder sogar glorifizieren. Lokale wie überregionale Köpfe von Querdenken versuchen mich zudem zu diskreditieren. Bisher ist jedoch jeder Dialog mit ihnen gescheitert. Auch, weil in einer klaren Welt der Feindbilder meine Rolle festgelegt scheint.

Und mit diesem Gefühl stehe ich sicher nicht allein da. Wie oft haben wohl schon Beamte, Politiker*innen aber auch ganz normale Bürger*innen auf allen Wegen den Satz "Du bist eh verloren" gehört. Ich zumindest mehr als einmal. In einer Welt, in der es nur schwarz und weiß gibt, gibt es keinen Platz für Feinheiten. Dass auch ich viel Kritik übe an unserer Regierung? Es ändert nichts an meinem Status als "Systemling". Als "Impfluencer". Oder wie es Attila Hildmann sagte: Jutube Jude. (Ich bin Atheist).

Hass im Netz ist für viele Querdenker Alltag. Auch Morddrohungen sind nicht unüblich.

Aber kommen wir noch einmal zur grundlegenden Frage zurück: Kann man heute mit überzeugten Querdenkern nur diskutieren? Nun, jein. Es kommt sicher darauf an, wie sehr Sie selbst bereit sind tief in die alternative Welt der Fakenews abzutauchen. Denn: Im Kern ist Querdenken missionierend. Sie wollen Menschen "umdrehen", sie "aufwecken" und zu Mitstreiter*innen machen. Daher ist Kommunikation auf jeden Fall möglich. Jedoch werden Sie es sich deutlich schwerer tun, wenn sie nicht bereit sind von einigen Grundüberzeugungen abzuweichen. Dann könnte es passieren, dass auch Sie schnell zum Feind werden.

Man darf den Faden nicht durchtrennen

Dennoch ist es in meinen Augen wichtig den Faden nicht zu durchtrennen. Die Corona-Pandemie wird, auch wenn wir es nicht glauben können, irgendwann enden. Die Krankheit wird wohl nicht verschwinden, aber sie wird sicher irgendwann eine Randerscheinung werden. Bleiben wird die Spaltung, die sich durch dieses Land zieht und die Bilder von Tausenden Menschen, die mit wutverzerrten Gesichtern auf Polizisten zustürmen und vor Kameras erzählen, dass der Mossad (israelische Geheimdienst) Menschen umbringen lässt, die sich für Querdenken engagieren. Das ist heute verstörend und wird verstörend bleiben. Doch wir werden auch mit diesen Menschen wieder zusammenleben müssen. Immerhin sind sie unsere Nachbarn, gehen in die gleichen Vereine und trinken das gleiche Bier.

Wie genau das jedoch klappen kann, ist eine individuelle Frage. Und eine Frage der Feindbilder. Ich für meinen Teil werde wohl erstmal müde bleiben und auf ein bisschen Ruhe hoffen, bis es besser wird.