Berlin - Haushalte mit geringen Einkommen sind von den aktuell hohen Energiepreisen deutlich stärker betroffen als Haushalte mit hohen Einkommen - selbst dann, wenn man die Entlastungspakete der Bundesregierung einbezieht. Das ist das Ergebnis einer Simulationsberechnung am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), die am Dienstag veröffentlicht wurde.
Demnach müssen alle privaten Haushalte in Deutschland mittelfristig im Durchschnitt 2,1 Prozent ihres Nettoeinkommens mehr für Energie ausgeben. Ohne die staatlichen Entlastungen wären es 3,4 Prozent. Bei den einkommensschwächsten zehn Prozent der Haushalte machen die Energiepreissteigerungen sogar 6,7 Prozent des Nettoeinkommens aus und selbst bei Berücksichtigung der Entlastungen verbleiben noch rund drei Prozent Nettobelastung. Demgegenüber müssen die reichsten zehn Prozent der Haushalte gemessen an ihrem Einkommen durchschnittlich nur zwei Prozent mehr für Energie ausgeben - da auch sie von den staatlichen Hilfen profitieren, sind es unter dem Strich nur 1,3 Prozent.
Die Berechnungen beziehen sich auf die kommenden zwölf bis 18 Monate, da die Preissteigerungen nicht für alle Haushalte zum selben Zeitpunkt wirksam werden, so das DIW. So tanken sie beispielsweise zu unterschiedlichen Zeitpunkten Heizöl nach oder müssen als Gas-Bestandskunden später als Neukunden höhere Tarife zahlen. Für ihre Simulationsberechnungen hatten die Studienautoren die Energiepreise mit Stand Mitte April berücksichtigt. Zu diesem Zeitpunkt war beispielsweise der Liter Super E10 an den Tankstellen um 51 Cent oder 36 Prozent teurer als im Durchschnitt des Jahres 2019. Beim Diesel waren es 71 Cent beziehungsweise 55 Prozent.
Der Preis für Heizöl hatte sich sogar verdoppelt und beim Gas werden die günstigeren Tarife bei den Bestandskunden sukzessive angepasst werden, so dass ebenfalls eine Verdopplung der Heizkosten zu erwarten ist. Im Falle eines Energieembargos oder Lieferstopps durch Russland würden die Gaspreise noch ungleich stärker steigen. Um die Menschen in Deutschland zu entlasten, hat die Bundesregierung zwei Entlastungspakete geschnürt. Mit rund 24 Milliarden Euro kommt der größte Teil davon den privaten Haushalten zugute.
Die Maßnahmen umfassen unter anderem die Abschaffung der EEG-Umlage beim Strom, höhere Sozialleistungen, geringere Einkommensteuern, eine Energiepreispauschale, eine Spritsteuersenkung und ein stark vergünstigtes ÖPNV-Monatsticket. Zwar profitieren einkommensschwache Haushalte davon in Relation zu ihrem Nettoeinkommen am stärksten, wie die Berechnungen zeigen, unter dem Strich verbleibt aber eine höhere Belastung infolge der stark gestiegenen Energiepreise als bei reicheren Haushalten. Geringverdiener müssten einen größeren Anteil ihres Einkommens für Energie aufwenden und seien somit von den Preissteigerungen stärker betroffen. Gleichzeitig sei es ihnen mangels Ersparnisse und Vermögen kaum möglich, die höheren Preise aufzufangen, so das DIW.
Foto: Stromzähler (über dts Nachrichtenagentur)Dir gefällt, was dts Nachrichtenagentur schreibt?
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