Forscher auf der ganzen Welt suchen nach dem Ursprung der Pandemie: Australische Wissenschaftler haben nun festgestellt, dass das Virus besser darauf ausgerichtet ist, menschliche Zellen zu infizieren als beispielsweise die Zellen von Fledermäusen. Hinweise gibt auch eine Studie, die in die Vergangenheit blickt.
Covid-19 ist bei Weitem nicht die einzige Viruserkrankung, die die Menschheit befallen hat. Coronaviren haben in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten bereits für mehrere Epidemien und Pandemien gesorgt. Im Jahr 2002 löste ein Coronavirus in China die als SARS bekannte Erkrankung aus, die über 8000 Menschen infizierte und mehr als 800 tötete, vier Jahre später infizierte das Middle East Respiratory Syndroms (MERS) über 2400 Menschen und tötete 850.
Jetzt berichtet eine neue Studie von australischen und US-amerikanischen Forschern über eine Coronavirus-Epidemie, die vor rund 25.000 Jahren in Ostasien ausgebrochen ist und 20.000 Jahre gedauert haben soll. Die Studie, die im Fachmagazin Current Biology veröffentlicht wurde, beruft sich dabei auf Hinweise, die die Forscher in den Genomen moderner Menschen aus der Region gefunden haben.
Welche Rolle spielen Gene?
Die Krankheit habe die Bevölkerung stark mitgenommen, berichtete Kirill Alexandrov, ein Biologe der Technischen Universität Queensland, dem australischen Sender ABC. Sie habe „erhebliche genetische Narben hinterlassen“. Ähnlich wie die Ringe eines Baumes verrät der genetische Code beim Menschen Ereignisse aus der Vergangenheit. Zufällige Mutationen in den Genen würden bedeuten, dass manche Menschen von Natur aus anfälliger für eine Virusinfektion seien als andere oder eben schwerwiegendere Krankheitssymptome entwickeln würden, sagte der Forscher und Mitautor der Studie.
Beispielsweise ergab eine weitere aktuelle Studie, dass Menschen, die eine Gruppe von Genen in sich tragen, die vor etwa 50.000 Jahren von den Neandertalern weitervererbt wurden, ein höheres Risiko haben, schwere Covid-19-Symptome zu entwickeln.
Der Mensch übertrumpft die Fledermaus
Die australisch-amerikanische Studie gewährt Einblicke in die Anfänge der Coronaviren und die Auswirkungen bis heute. Eine weitere aktuelle Studie dagegen versucht, das Rätsel um den Ursprung der aktuellen Pandemie zu lösen. Dafür haben die australischen Wissenschaftler mithilfe von Computermodellen SARS-CoV-2 untersucht, das Virus, das die Covid-19-Pandemie verursacht hat. Dabei stellten sie fest, dass das Virus bestens darauf ausgerichtet ist, menschliche Zellen zu infizieren – deutlich besser als die Zellen von Fledermäusen beispielsweise. Dies wirft erneut Fragen nach der Herkunft der Viruserkrankung auf.
Wissenschaftler auf der ganzen Welt rätseln, ob SARS-CoV-2 vom Tier auf den Menschen übertragen wurde oder bewusst oder unbewusst aus einem Labor entwichen ist. Letzteren Verdacht befeuerte das renommierte „Wall Street Journal“ im Mai, als es berichtete, dass im November 2019 drei Mitarbeiter des Instituts für Virologie in der chinesischen Stadt Wuhan mit Covid-19-ähnlichen Symptomen im Krankenhaus behandelt werden mussten. Das Magazin berief sich dabei auf einen US-Geheimdienstbericht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte in einem Bericht im März argumentiert, dass das Virus wahrscheinlich in Fledermäusen entstanden sei, bevor es über ein anderes Tier auf den Menschen übertragen wurde. Die Labortheorie schloss sie aber nicht vollständig aus.
Überraschende Ergebnisse
Auch die aktuelle Studie nährt den Verdacht weiter. Denn sie kommt mithilfe von Computermodellen zu dem Schluss, dass das Virus sich bestens an den Menschen angepasst hat, besser als beispielsweise an Fledermäuse. Die Wissenschaftler der Flinders Universität und der La Trobe Universität in Australien arbeiteten bei ihrer Studie, die im wissenschaftlichen Fachmagazin Scientific Reports veröffentlicht wurde, mit den genomischen Daten von zwölf Tierarten. Letztendlich untersuchten sie, wie stark sich das SARS-CoV-2-Spike-Protein an den jeweiligen ACE2-Rezeptor einer Spezies bindet. Der Rezeptor ist quasi die Andockstelle, um menschliche Zellen zu infizieren.
Dabei kam heraus, dass SARS-CoV-2 sich besser auf menschlichen Zellen festsetzen kann, als auf jeder der getesteten Tierarten, einschließlich der Fledermäuse und Schuppentiere, die bisher in Verdacht standen, das Virus beherbergt zu haben. Dies sei „sehr überraschend“, falls wirklich ein Tier die ursprüngliche Infektionsquelle für den Menschen war, sagte David Winkler, einer der Autoren der Studie, und ein Professor für Biochemie an der La Trobe Universität in Melbourne. Laut seines Kollegen Nikolai Petrovsky von der Flinders Universität in Adelaide schließt dies aus, „dass das Virus direkt von Fledermäusen auf den Menschen übertragen wurde“. „Wenn das Virus also eine natürliche Quelle hat, könnte es nur über eine noch nicht gefundene Zwischenart zum Menschen gelangt sein“, so Petrovsky.
Barbara Barkhausen
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