Sigmund Freud unterschied drei Arten von Ängsten:
  • Realistische Angst
  • Neurotische (sekundäre) Angst
  • Moralische Angst

Die REALISTISCHE Angst entsteht laut Freud aufgrund einer konkreten Gefahr, eines konkreten Risikos (beim Waldspaziergang steht plötzlich ein Wildschwein vor mir, mein Hund schnappt ständig nach einer Wespe, jemand offensichtlich Gewaltbereites kommt mir bedrohlich nah).

Die NEUROTISCHE (oder sekundäre) Angst dagegen ist für gewöhnlich in Verletzungen unserer Psyche begründet und basiert allein auf unseren Gedanken, Bewertungen, Assoziationen. Sie ist in der Regel völlig unbegründet, für uns in diesem Moment aber dennoch sehr präsent und besorgniserregend. Phobien zählen hier genauso dazu, wie die Angst vor einem bestimmten Personenkreis, dem öffentlichen Sprechen o. Ä.

Die MORALISCHE Angst betrifft all diese Situationen, in denen wir der Meinung sind, jemanden enttäuscht oder Erwartungen nicht erfüllt zu haben oder wir schon im Vorfeld befürchten, in Zukunft nicht die gewünschte Leistung oder das erwartete Resultat präsentieren zu können.  

Ob man nun ein Anhänger Freuds ist oder nicht, die Psychologie unterscheidet unsere Ängste in zwei Gruppen: Angeborene und erworbene Ängste und es ist nicht schwer, sich auf den Gedanken einzulassen, dass wir den Großteil aller nur menschenmöglichen Ängste im Laufe unseres Lebens erworben haben.

Als angeborene Ur-Ängste werden meist die Angst vor lauten Geräuschen, plötzlichen Bewegungen und der Tiefe genannt. Unser Überleben hing davon ab, wie zackig wir auf entsprechende Reize reagieren konnten und unser Reptiliengehirn erinnert sich daran, als sei`s erst gestern gewesen.

Wenn man sieht, welche Vielfalt an Ängsten manche Menschen über die Jahre so angehäuft haben, kann einen das wirklich traurig machen - das Gute daran ist aber: Was wir mal gelernt haben, das können wir auch wieder verlernen. Das Vertrauen in diese Annahme erhöht die Wahrscheinlichkeit sehr, dass Betroffene sich z. B. auf ihre Angsttherapie überhaupt erst einlassen können.

Da Ängste für gewöhnlich in unserem Kopf entstehen und eng mit unserem Denken und Verhalten in Bezug auf bestimmte Dinge verknüpft sind, bedeutet das, dass wir die Kontrolle über unsere Ängste und die damit verbundenen Symptome zurückerlangen können, wenn wir lernen, unsere kognitiven (das Denken betreffende) Muster, unsere Emotionen und Verhaltensweisen zu bändigen.

Blöd nur, dass wir ab einem gewissen Angst-(Stress)-Level nicht mehr klar denken können und unser Körper auf Autopilot schaltet.

In grauer Vorzeit, als wir noch vor allerhand wildem Getier flüchten und uns regelmäßig dem Kampf ums Überleben stellen mussten, war das sehr nützlich, heute rennen wir aber eher selten vor einem tatsächlich lebensbedrohlichen Ereignis davon, meist flüchten wir nur vor uns selbst.

Der Körper unter Stress

Vielleicht ist dir längst bewusst, dass „Angst ja auch nur ein Gefühl“ ist, wie man immer so schön liest und vielleicht denkst du dir bei solchen Zitaten auch immer: "Haha. Ganz toll, nützt mir aber nen Scheiß, wenn mir dieses nur-Gefühl die Luft abschnürt."

Angst ist für unseren Körper Stress. Und wie damals, als wir noch mit Pfeil und Bogen in den Büschen saßen und wenige Sekunden später vor unserem vermeintlichen Abendessen davon spurten mussten, spult unser Hirn sein altbekanntes Schema ab: Nicht groß nachdenken, nimm die Beine in die Hand und renn!

Kann man ja auch positiv sehen: Unser Körper ist in solchen Situationen so verdammt klug, dass er unser Handeln selbst in die Hand nimmt, wenn er bemerkt, dass es jetzt wirklich ums Ganze geht. So was ist Chefsache! Problem: Unserem Hirn ist egal, ob wir einer realen Gefahr ausgesetzt sind oder ob wir uns mental in etwas hineingesteigert haben. Es reagiert streng nach Schema F.

Zwar ist Stress nicht immer schlecht (Distress), sondern kann auch beflügelnd wirken (Eustress), das aber nur bis zu einem gewissen Punkt.

Will man das Stresslevel skalieren, dann sieht das in etwa so aus:

0 – 2: Tiefenentspannung, absolute Sorglosigkeit

3 – 4: Wir haben evtl. viel zu tun, fühlen uns aber gut und unseren Herausforderungen gewachsen.

5 – 7: Wir spüren zunehmend Druck. Unser Stresslevel beginnt, sich unangenehm anzufühlen, doch unser Verstand funktioniert. Wir wissen, dass wir nicht sterben werden, wenn xyz geschieht.

8: Alarmstufe ROT. Wir sehen uns einer akuten (real oder imaginär) Gefahr gegenüber. Unser Denkprozess holpert.

9: Gefühlt geht es um Leben oder Tod. Unser Verstand steigt aus (hier halten wir es sehr wohl für möglich, dass wir sterben werden, wenn wir jetzt nicht sofort aus dieser Situation entkommen) und wir handeln reflexartig (wichtig, um schnell rennen zu können o. Ä.)

10: Nichts geht mehr. Schockstarre (freeze). Wir sind handlungsunfähig. Steigt unser Stresslevel noch höher, droht der Totalausfall.

Auf die Frage, warum sie sich nicht stärker gewehrt haben, antworten Gewaltopfer häufig, dass sie einfach nicht konnten, sie seien wie erstarrt gewesen. Genau das geschieht, wenn unser Stresslevel den Maximalpegel überschritten hat. Wo genau sich dieser befindet, ist bei jedem Menschen individuell. Während der eine vielleicht grade erst mal beginnt, so`n bisschen zu hyperventilieren, kann der andere schon kurz vorm Umkippen sein - Leid mit Leid zu vergleichen und anderen zu vermitteln, sie würden ja mal wohl ganz schön übertreiben, weil xyz was Ähnliches erlebt und viel gechillter reagiert hat, ist deshalb auch absolut unangebracht!

Wir müssen lernen, zu erkennen, wann wir Level 7 nahekommen. Drüber ist doof - weil wir ab diesem Punkt keine Kontrolle mehr über unser Denken haben. Zwar kann man sich auch von Level 9 oder 10 wieder in den erträglichen Bereich bringen, weniger anstrengend und deutlich besser wär`s aber, es würde erst gar nicht so weit kommen.

Und wie macht man das?

Indem man erlernte Skills (Fertigkeiten) einsetzt.

Mehr über Skills findest du in diesem Beitrag.

Liebe für alle ♡
vom Frl. Freud

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